fluoh¹ f. i-St., in Gl. seit dem 9. Jh. und bei
Notker: ‚Fels, Felsstück, Felswand, rupes, sco-
pulus‘. — Mhd. vluo, nhd. dial. schweiz. fluch,
fluech, flue, nagelfluech ‚Gesteinsart, Fels-
wand‘ (in hd. Texten seit dem 18. Jh. als Bez.
einer Felswand, aus der die eingesprengten
Kiesel wie Nagelköpfe hervorstehen), schwäb.
fluh („nicht mehr bezeugt“), elsäss. flüe (nur in
ON), bad. fluh (nur in ON), vorarlb. fluh,
bair. fluh.
Ahd. Wb. III, 1004 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 1216; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 304; Schützeichel⁵ 136; Starck-
Wells 166; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 224 f.;
Graff III, 769; Schade 208; Lexer III, 420; Benecke
III, 355; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 504 (rupes). 520
(scopulus); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 581 (rupes). 594
(scopulus); Dt. Wb. III, 1849 f.; Kluge²¹ 210; Kluge²⁴
305. — Schweiz. Id. I, 1184 f. 1186; Martin-Lienhart,
Wb. d. els. Mdaa. I, 163; Ochs, Bad. Wb. II, 186; Fi-
scher, Schwäb. Wb. II, 1594; Jutz, Vorarlberg. Wb. I,
956 f.; Schmeller, Bayer. Wb.² I, 791.
Entsprechungen sind: ae. flōh ‚Felsstück, Fliese‘;
aisl. fló f. ‚Schicht, Absatz an einer Felswand‘ <
urgerm. *flōχ-i/a-. Neben urgerm. *flōχ- findet
sich schwundstufiges *flaχ- bzw. *fla- in: aisl.
flá (< *flaχi-), fl (< *flaχō) f. ‚Felsabsatz, Tal
im Hochgebirge mit schwacher Neigung‘ — der
Pl. flǽr ‚Felsenabsätze‘ entspricht genau gr.
πλάκ-ες, dem Pl. zu πλάξ ‚Fläche‘ (s. u.), wäh-
rend der ō-Stamm *flaχō (gr. *πλάκη) eine
Neubildung sein könnte —, nnorw. flaa ‚Absatz
in einem Bergabhang‘; neben mndd. vlage ‚Erd-
schicht‘, mndl. vlagge ‚Grasscholle‘ neben mndl.
vlacke ‚Morast, Sumpf‘ (daraus frz. flache
‚Wasserloch‘, das nicht die Basis von mndl.
vlaas ‚Pfütze‘ ist; s. Vries, Ndls. et. wb. 788) mit
lautsymbolischem -gg- bzw. -kk- (s. Lühr, Ex-
pressivität 305 zu den Wörtern für ‚weiche
Masse‘ bzw. ‚Weiches, Schwabbeliges, Hin-
und Herschwappendes‘); aisl. flaga f. ‚dünne
Erdschicht‘, nnorw. dial, aschwed., nschwed.
flaga ‚abgespaltete Scheibe‘ (daraus me. flagge
‚Rasenschicht‘, flawe ‚Schneeflocke‘, ne. flag
‚Fliese‘), wohl ‚flache, und zwar durch Abspal-
ten hergestellte Scheibe‘, nnorw. dial. flag n. ‚of-
fene See‘, eigtl. ‚Fläche‘ (zur Bedeutung ‚Meer‘
s. u.).
Fick III (Germ.)⁴ 249; Holthausen, Ae. et. Wb. 109;
Bosworth-Toller, AS Dict. 294; Vries, Anord. et. Wb.²
127 (flá²). 128 (flaga). 132 (fló); Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 571; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog I, 435.
443; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 64. 65. 67;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 228 f.; Torp, Nynorsk
et. ordb. 122; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 217 f.
Voraus geht eine Wurzel uridg. *plāk-
[**plaH₂k-] ‚flach (machen)‘, die außer im
Germ. in dieser Form auch im Balt. fortgesetzt
ist: lit. plókščias ‚flach, platt‘, plokas ‚Estrich‘.
Die von der Schwundstufe abgeleiteten Bildun-
gen sind für das Vorurgerm. als *plǝ́k-i-/ā- ne-
ben *plǝkó- anzusetzen; d. h., wie im Falle von
*plǝg- ist eine ursprüngliche Lautfolge *
[**H₂] durch [**lǝ₂] ersetzt (→ flah).
Mit der Wurzelform vorurgerm. *plǝk- verein-
bar sind auch: gr. πλάξ, -ακός f. ‚Fläche, Flach-
land, Meeres-, Bergfläche, flacher Stein, Platte,
Tafel‘ (dann nicht < *pk-), πλακόεις ‚platt‘
(aus πλακόεις, πλακόεντα mit umstrittener
Lautentwicklung entlehnt lat. placenta ‚eine Art
flacher Kuchen‘); lit. plãkanas ‚flach‘ < *plǝko-
no-, lett. plaks ‚flach‘, plaka f. ‚niedrig gelegene
Stelle, Ebene, Fläche, Kuhfladen‘, plakt (plùo-
ku, prät. plaku) ‚flach werden, platt niederfal-
len‘ (dagegen lit. plàkti [plakù, -kiaũ] ‚[mit der
Rute, einem Strick, einem Riemen] schlagen,
peitschen, geißeln‘, eigtl. ‚flach machen‘?; dazu
plãkė, -is ‚Brachsen, Blei, Plötze‘; zu der se-
mantischen Nähe der Begriffe ‚schlagen‘ und
‚flach‘ s. Persson, Beitr. z. idg. Wortf. 232
Anm. 4).
Im übertragenen Sinn könnte die Vorstellung
des Glättens und Geglättet-Seins auch gegeben
sein in: lat. placidus ‚sanft, ruhig, still‘ (die
ursprl. Bedeutung ‚eben, flach‘ noch in aqua pla-
cida), placēre ‚gefallen‘; toch. A plākäm, B plāki
‚Einverständnis‘ (Ableitung von toch. A B plāk-
‚einverstanden sein‘ < *plǝk- (s. A. Meillet, Idg.
Jb. 1 [1914], 14; Adams, Dict. of Toch. B
423 f.); daneben, mit der Fortsetzung der regu-
lären schwundstufigen Silbenstruktur plācāre
‚ebnen, sänftigen, beruhigen‘ < *pk-
[**pH₂k-]. Doch werden die lat. und toch.
Wörter heute von den Wörtern mit der Grund-
bedeutung ‚flach‘ getrennt.
Nach Schrijver (Reflexes 181 f.) muß die alte Verbin-
dung mit gr. πλάξ usw. aufgegeben werden, weil dieses
Wort nicht nur bedeutungsmäßig abweicht, sondern
auch keine laryngalhaltige Wz. voraussetzt. Die Laut-
folge plak- von lat. placēre, die Schrijver für unverein-
bar mit einer laryngalhaltigen Wz. hält, erkläre sich
durch Analogiewirkung anderer Verben der 2. Konju-
gation, eine wenig überzeugende These. Auch Hack-
stein, Sigm. Präsensstammbildungen 32. 116 f.) nimmt
für das Toch. und Lat. eine eigene Wz., und zwar ein
*plōk- [**ploH₁₂₃k- oder **pleH₃k-], an. Eine
schwundstufige Vorform *pk- [**pHk-] sei für das
Toch. nicht mit Sicherheit erweisbar, „da dessen toch.
Kontinuante eine Tilgung des Laryngalreflexes zeigen
müßte“ (116 Anm. 25). Zu der oben vorgenommenen
Rückführung von toch. A B plāk- auf *plǝk- vgl. je-
doch toch. A wäl, gen.sg. lānt, B walo, gen.sg. lānte
‚König‘ < vorurtoch. part.aor.sg.nom. *u̯H-nt-s,
akk. *u̯lǝ-nt-, gen. *u̯lǝ-nt-os (G. Klingenschmitt
mündlich).
Auffallenderweise finden sich im Balt. Reimwörter mit
anlautendem b-, für deren Anlaut es innerbaltisch
keine überzeugende Erklärung gibt: lit. blãkanas
‚gleichmäßig, nicht wogend, nicht bewegt‘, lett. blaks
‚eben‘, ‚Meer bei Windstille, offenes Meer‘ usw. (Fraen-
kel, Lit. et. Wb. 47). J. Endzelin (Zfvgl. Spr. 52
[1924], 113 f.) denkt an eine Parallelwurzel uridg.
*bhlǝk-, auf die auch Blach- in dem ON dt. Blachfeld
zurückgehen könne.
Sowohl die Wz. *plāk- [**plaH₂k-] als auch die
Wz. *plāg- [**plaH₂g-] repräsentieren eine
Vollstufe 2 gegenüber der Vollstufe 1 *pelǝk-
[**pelH₂k-] bzw. *pelǝg- [**pelH₂g-]. Wenn
auch nur die auf *-g- auslautende Vollstufe 1
vertreten ist, und zwar durch gr. πέλαγος n. ‚of-
fene, hohe See, Meeresfläche, Meer‘ (→ flah),
verhalten sich die beiden Wurzeln parallel, so
daß beidemal in der Schwundstufe die analogi-
sche Syllabifizierung *plǝk- [**plǝ₂k-] bzw.
*plǝg- [**plǝ₂g-], im Falle von *plǝg- [**plǝ₂g-]
analogisch nach *plāk- [**plaH₂k-], durchge-
führt werden konnte. Sowohl bei der auf *-k-
als auch bei der auf *-g- auslautenden Wz. han-
delt es sich dabei um Tektalerweiterungen einer
Wz. *pelǝ- [**pelH₂-] ‚flach machen, ausbrei-
ten‘ (veraltet Hirt, Idg. Ablaut 89: „idg. pelā“).
Mit der Seṭ-Wurzel unvereinbar ist die Vorform von
air. lecc f. ‚Steinplatte‘, gall. Are-licca ‚Peschiera am
Gardasee‘, eigtl. ‚östlich von der Felsplatte von Sir-
mione‘, Licco-leucos, nkymr. llech f. ‚Schieferplatte‘,
mbret. lec’h < *pknā (kaum mit expressiver Gemina-
tion; dazu R. Lühr, Sprachwissenschaft 10 [1985],
293).
Walde-Pokorny II, 90 f.; Pokorny 831 f.; Boisacq,
Dict. ét. gr.⁴ 790 f.; Frisk, Gr. et. Wb. II, 550 f.; Chan-
traine, Dict. ét. gr. 872. 910; Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. II, 313; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 511; Fraen-
kel, Lit. et. Wb. 601 ff.; Hessens Ir. Lex. II, 59; Dict. of
Irish L-67 f.; Windekens, Le tokharien I, 377.