frîjatag
Band III, Spalte 566
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frîjatag m. a-St., seit dem 9. Jh., im Tatian,
bei Otfrid und in Gl.: Freitag, Rüsttag, feria
sexta, parasceus
Var.: Tatian friie-, frige- mit
ig als Schreibung für /ij/; s. u. (zum Problem
der Deutung der Schreibung ii im Ahd. als
Langvokal /ī/ oder als Folge /i/, /j/ s. Sie-
vers, Tatian XLVIII § 63, 2; H. Eichner, in
Althochdeutsch 397); Gl. 3, 397, 3 vrie-; Otfrid
fri-. Mhd. vrîtac st.m., nhd. Freitag. Vgl.
mhd. der stille vrîtac (mndd. de stille, gde vrī-
dach) als Bezeichnung für den Karfreitag. Im
Bair. heißt der Wochentagsname pferi(n)tag
(s. d.), eine durch got. paraskaiwe f. Rüsttag
vermittelte Übernahme aus gr. παρασκέυη
Freitag.

Ahd. Wb. III, 1263 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 264. 988;
Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 329; Schützeichel⁵ 141;
Starck-Wells 178. XLI; Schützeichel, Glossenwort-
schatz III, 297; Graff III, 360; Schade 224 f.; Lexer
III, 523; Benecke III, 8; Diefenbach, Gl. lat.-germ.
180 (dies usw.). 531 (sexta); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb.
259 (feria sexta). 464 (parasceus); Dt. Wb. IV, 1, 1,
122; Kluge²¹ 217; Kluge²⁴ 315; Pfeifer, Et. Wb.² 373.
F. Kluge, Z. d. allg. dt. Spr.vereins (Beih. 8, 1895),
96; E. Kranzmayer, Die Namen d. Wochentage in den
Maa. von Bayern u. Österreich (Wien, München,
1929), 80 f.; Frings, Germania Romana II, 358 f.;
W. Gundel, Hepding-Festschrift 73 Anm. 1; P. Wie-
singer, in Frühmittelalterl. Ethnogenese 160; ders., in
Erträge d. Dialektologie u. Lexikographie. Festgabe für
W. Bauer zum 60. Geburtstag. Hrsg. von H. Tatzreiter
u. a. (Wien, 1999), 508 ff.; Eggers, Dt. Sprachgesch. I,
139.

Der Freitag ist die gemeingerm. Bezeichnung
des nach christl. Zählweise sechsten Wochen-
tags. So entsprechen ahd. frîjatag: mndd. vrī-
dach; mndl. vrīdach, nndl. vrijdag; afries. frīa-,
frī(g)endag, frēdei, nostfries. frēdag; ae. frīge-
dæg, me. frīdai, ne. Friday. Dagegen ist aisl.
frjádagr (nisl. frjádagur, aschwed. frēadagher,
nnorw., nschwed., ndän. fredag) aus dem West-
germ., wegen seiner Lautform wohl aus dem
Afries. oder Ae., entlehnt; vgl. auch die Neben-
formen aisl. freyjudagr, friggjar-dagr mit der ein-
heimischen Lautform als Vorderglied. Aus dem
Nordgerm. stammt wiederum ae. Friggan-dæg
(s. M. Förster, Engl. Stud. 39 [1908], 341) und
finn. perjantai, lapp.-norw. bærjadak (s. Thom-
sen, Saml. afhandlinger II, 206; E. N. Setälä,
Finn.-Ugr. Forsch. 13 [1913], 424). Das Wort ist
im 4. Jh. dem spätlat. Veneris diēs (frz. vendre-
di, italien. venerdi, mkymr. dydd gwener, bre-
ton. diguener) nachgebildet, das seinerseits gr.
Ἀφροδίτης ἡμέρα übersetzt. Der erste Bestand-
teil des germ. Wochentagsnamens ist dabei iden-
tisch mit dem Namen der Göttin ahd. Friia
Freia, deren anord. Gegenstück Frigg die Gat-
tin ðinns (oder Wodans) bezeichnet (vgl. auch
ae. Frīg Freia) die Rolle der Freia in der ger-
manischen Mythologie war mit der der röm.
Liebesgöttin vergleichbar. Im As. und Ae. sind
frī n. (zum Genus s. u.) bzw. frēo f. Frau als
Appellative belegt. Die Grundbedeutung Ge-
liebte
weist auf das Fem. zu der Vorform des
Wortes frei in seiner ursprl. Bedeutung lieb
( frî).

Grimm, Dt. Myth.⁴ I, 117. 276 ff.; R. Much, Heinzel-
Festschrift 250 f.; Bach, Gesch. d. dt. Spr.⁸ 91 f.; Eggers,
a. a. O. I, 136 f. Doch s. G. Neckel, PBB 41 (1916),
405: Frija auch die Schützende.

Der christl. Zählweise folgt unter den roman. Bezeich-
nungen des Freitags port. sexta (lat. feria sexta), wäh-
rend dieser Wochentag im Balto-Slaw. als der fünfte
Tag
(also von Montag an gerechnet) bezeichnet wird:
lit. ptnyia, apreuß. pentinx (zu lesen pentnix), russ.
pjátnica (M. Förster, Anglia 68 [1944], 2). Anders
wiederum sind die Benennungsmotive bei ir. óin didin,
eigtl. letztes Fasten, sardin., logudures. kenábura
(lat. cena pura), isl. föstudgr Fasttag; vgl. auch alb.
prémte Freitag im Sinne von Vorabend, Feierabend
(wie gr. προσάββατα) wie im rabbin. Sprachgebrauch
und bei den christl. Syrern der Freitag als Tag vor dem
Sabbat. Von der Passion rührt die Vorstellung vom
Freitag als Unglückstag und schwarzer Freitag her
(Schrader, Reallex. d. idg. Alt.² II, 667).

Fick III (Germ.)⁴ 247; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 998; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V,
531; Verdam, Mndl. handwb. 751; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 763; Vries, Ndls. et. wb. 805; Holthausen,
Afries. Wb.² 32; Richthofen, Afries. Wb. 765; Doorn-
kaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 556; Dijkstra,
Friesch Wb. I, 428; Holthausen, Ae. et. Wb. 116; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 337; Suppl. 267; Suppl. II, 28;
ME Dict. E-F, 904 f.; OED² VI, 191; Oxf. Dict. of
Engl. Et. 377; Vries, Anord. et. Wb.² 143; Jóhannes-
son, Isl. et. Wb. 1003; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske
sprog I, 490; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 73;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 272; Ordb. o. d. danske
sprog V, 1199 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 134; Hell-
quist, Svensk et. ordb.³ 235 f.; Svenska akad. ordb. F-
1448 f.; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 168; Lehmann, Go-
thic Et. Dict. F-93. L. Hermodsson, Die germ. Wo-
chentagsnamen (Annales societatis litterarum regiae Up-
saliensis 1969/70), 183 f.; ders., Spätlese 14 f.; Carr,
Nominal Compounds 98; U. Strutynski, JIES 3 (1975),
365; Lühr, Egill 142 f.

Mit nordgerm. Frigg sind die westgerm. Laut-
formen unter einem urgerm. Fem. Nom. Sg.
*frijjō zu vereinen. Dessen westgerm. Vertre-
tung *frijju liefert das ae. frēo Frau (Sievers-
Brunner, Ae. Gr.³ § 130 Anm. 1), während ahd.
Friia wie auch sonst bei den fem. ō-Stämmen -a
aus dem Akk.Sg.f. bezogen hat. Dagegen ist im
Falle von as. frī das auslautende *-u lautgesetz-
lich geschwunden, wodurch die nun endungslo-
se Form in die langsilbigen Neutra übergetreten
ist (langsilbige endungslose Feminina sind im
As. kaum belegt; z. B. tharf f. ō-St.; wahrschein-
lich hat auch neutr. wīf zum Genuswechsel bei-
getragen). Dagegen dürfte ae. Frīg aus dem
Gen.Sg. *Frīges hervorgegangen sein; vgl. den
Gen.Sg.m. frīges von ae. frēo frei ( frî; anders
Sievers-Brunner, a. a. O. § 176, 3: ae. Frīg <
*frijjō mit Verschmelzung des ersten *j mit *i
zu ī; zustimmend K.-H. Mottausch, Hist.
Spr.forschung 107 [1994], 137).

Um den Verschärfungskonsonantismus bei ei-
nem vorausgehenden Kurzvokal *i erklären zu
können, ist wohl eine Motionsbildung mit dem
Suffix *-ō- zu der urgerm. Fortsetzung *fria-
von uridg. [**priHó-] lieb (aind. priyá- lieb,
erwünscht, eigen
, av. friia- lieb, befreundet),
*frij-jō-, anzunehmen.

Anders W. v. Helten, PBB 30 (1905), 240 f.: *fre-ō-.
F. Mezgers (Zfvgl. Spr. 79 [1965], 32 ff.): germ.
*frijō
liefert kein *jj.

Nicht alle Verschärfungsfälle sind durch einen Laryn-
gal verursacht. So könnte *jj in urgerm. *ajja- (<
*oo-; vgl. lat. ōvum Ei) auf einer Assimilation *
beruhen (R. Lühr, Mü. Stud. z. Spr.wiss. 35 [1976], 84
Anm. 4; vgl. dagegen J. Schindlers Herleitung von ur-
germ. *ajja- Ei ( ei) aus einer Vorform *ōio-
[**(H)ōHio-], in der *ō aufgrund des Osthoffschen
Gesetzes gekürzt sei (bei J. H. Jasanoff, Mü. Stud. z.
Spr.wiss. 37 [1978], 85). Und *jj in der Vorform von
urgerm. *đajjan säugen (got. daddjan, aschwed. dæg-
gia) beruht auf *dhoée/o-, einer sekundären Kausa-
tivbildung zu dem Präsensstamm *dhH₁-ee/o- saugt
(Lühr, a. a. O.).

Die Annahme von J. J. Mikkola (Streitberg-Festgabe
[1924], 268), daß die Verschärfung unmittelbar vor
betonter Silbe eintritt, läßt sich nicht weiter stützen
(vgl. auch Lehmann, PIE Phonology 45; F. O. Lin-
deman, Stud. ling. 17 [1963], 87 ff.).

Dagegen setzt J. Kuryłowicz (Lang. 43 [1967],
449) zur Erklärung der germ. Formen das Fem.
eines -e/o-Adj. *prī-e/o- [**priH₂-e/o-] mit
Entwicklung zu einem urgerm. Fem. *frījō an.
J. H. Jasanoff (Mü. Stud. z. Spr.wiss. 37 [1978],
86 f.) erwägt daneben ein substantivized ge-
rundive
*prehieh₂- die zu liebende
(zur
Lautqualität *H₂ des Laryngals vgl. jedoch gr.
πρᾱΰς sanft, gelinde, zahm wohl < vorurgr.
[**pH-ú-]; frî) oder a feminine thematic
adjective *preihxeh₂-
. Jasanoffs Annahme einer
Verschärfung von urgerm. *īj zu *ijj, die in der
Entwicklung von urgerm. *ūw zu *uww in dem
Wort Eule (ahd. ûwila [s. d.] neben aisl. ugla)
eine Parallele habe, ist aber nicht überzeugend.
Denn sie setzt voraus, daß Sprecher die einen
Diphthong enthaltende Lautfolge des Typs
*auw als *aww analysiert und dann auf Folgen
mit Langvokalen übertragen haben (vgl. auch
W. Cowgills [Lang. 36 (1960), 483 ff.] Herlei-
tung von got. iddja ging aus einer 3.Pl. *ijjun
< *ījun < *eit).

Walde-Pokorny II, 86 f.; Pokorny 844; Mann, IE
Comp. Dict. 987; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. II,
379; ders., Et. Wb. d. Altindoar. II, 189 f.; Körting,
Lat.-rom. Wb.³ Nr. 10040.

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