fridu
Band III, Spalte 559
Symbol XML-Datei TEI Symbol PDF-Datei PDF Zitat-Symbol Zitieren

friduAWB m. u-St., seit dem 8. Jh.: Frieden,
Friedfertigkeit, Ruhe, Friedens(ab)schluß,
Schutz, Obhut, Sicherheit, Beistand, Gunst,
Huld, Heil, Glück, Wohlergehen, dext(e)ra,
faida, foedus, pax, tranquillum
Var.: v-, -e-,
-dh-, -th-. Die kurzsilbigen m. u-St. behielten
im Nom./Akk.Sg. das auslautende -u. Im Pl.
ist in Gl. 1, 694, 51 (bair., 11. Jh.) der Akk. Pl.
frida, in Gl. 1, 700, 54 (bair., 10./11. Jh.) der
Dat.Pl. fridun belegt, die der a-Deklination
angeschlossen sind (der reguläre Dat.Pl. der
u-St., -im, -in, ist aus den i-St. übernommen;
vgl. Braune, Ahd. Gr.¹⁵ § 220c). Die Begriffs-
entwicklung des Wortes fridu (das in seiner
Grundbedeutung einen sozialen Terminus wie-
dergibt, und zwar eine Form des menschlichen
Zusammenlebens) ist nicht eigenständig, son-
dern durch die theologische Interpretation des
lat. Worts pax als moralischer Begriff beein-
flußt (vgl. Geschichtl. Grundbegr. II, 543 ff.).
Mhd. vride st.sw. m. Friede, Waffenstillstand,
Ruhe, Sicherheit, Schutz
, nhd. Friede. Zu den
Redewendungen dem Frieden nicht trauen und
Friede, Freude, Eierkuchen vgl. Röhrich,
Sprichw. Redensarten I, 476.

Ahd. Wb. III, 1257 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 264; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 329; Schützeichel⁵ 141; Starck-
Wells 178; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 295 f.;
Seebold, ChWdW8 135 f.; Graff III, 788 ff.; Schade
224; Lexer III, 508 f.; Benecke III, 404 f.; Diefenbach
Gl. lat.-germ. 228 f. (federare). 229 (fedus). 418 (pax).
592 (tranquillare); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 271 (foe-
dus²). 471 (pax). 672 (tranquillum); Dt. Wb. IV, 1, 1,
181 ff.; Kluge²¹ 219; Kluge²⁴ 314; Pfeifer, Et. Wb.²
375 f. Franck, Afrk. Gr.² § 145.

Das ahd. Wort hat in allen anderen germ. Spra-
chen bis auf das Got. direkte Entsprechungen:
as. friðu, freðo Friede, Schutz, Sicherheit,
mndd. vrēde Befriedung, Sicherheit, Waffen-
stillstand, Friedensschluß, Friede, Ruhe
;
andfrk. fritho Friede, mndl. vre(i)de Friede,
Waffenstillstand, Ruhe, Sicherheit, Schutz
,
nndl. vrede Friede; afries. fretho, frede, ferd
Friede, Schutz, Besitzrecht, Buße für Friedens-
bruch, Gerichtssprengel
(wohl mit Senkung von
i > e vor o; vgl. W. L. van Helten, PBB 34
[1909], 109; ders., Aostfries. Gr. § 10; denkbar
wäre wegen der Bedeutung aber auch Einfluß
aus dem Mlat. [s. u.]), nostfries. fräde, frä(e),
nwestfries. frede, freed Friede, Ruhe, Sicher-
heit
; ae. frið, frioðu m.n. Friede, Schutz, Ruhe,
Sicherheit, Ordnung
(auch f., da die f. Abstrak-
ta auf *-iþō- und analogisch auch die auf *-īn-
im Nom. Sg. auf -u ausgehen; vgl. Sievers-Brun-
ner, Ae. Gr.³ § 255. 271. 280.), me. frith, frethe,
fright Friede, Schutz, ne. veralt. frith Friede;
aisl. friðr, nisl., fär. friður, ndän., nnorw. fred,
aschwed. friþer, fredher, nschwed. frid, fred
Friede, Schutz: < urgerm. *friþu- m. Friede,
Schutz
, eigtl. Zustand des Wohlwollens, der
Liebe, der Schonung
. Im Ostgerm. und im Lan-
gob. ist das Wort dagegen nicht eigens belegt,
sondern erscheint als Bestandteil von PN (wie
auch im West- und Nordgerm.; zu allen früh-
germ. PN mit diesem Element s. Reichert, Lexi-
kon d. altgerm. Namen II, 509 f.): ostgot. *Fri-
þa-reikeis (nur gen.sg. *Friþareikeis [geschrie-
ben Friþareikeikeis]), Sunjai-friþas, Fridi-ba-
dus, westgot., rug. Fridi-ricus, Frede-ricus, van-
dal. Fred-balus, burgund. Fredemund, langob.
Fridi-chis, Frid-uald. Die Qualität des Fugenvo-
kals ist unsicher: entweder handelt es sich um ei-
nen sekundären i-St. (so Schönfeld, Wb. d.
agerm. PN 93), dessen -i weiter zu -e abge-
schwächt wird (bzw. durch romanische Senkung
von i zu e), oder es erscheint im Got. wie in an-
deren Fällen auch (etwa frabauhta-boka Ver-
kaufsurkunde
zum Stamm *-buχti-) nicht re-
gelgerecht der Kompositionsfugenvokal -a- (so
Krause, Handb. d. Got.³ § 67). Möglich ist auch
die Annahme eines spätgot. Übergangs von -u
in -a, während der Fugenvokal -i an das -i- der
Stammsilbe assimiliert ist (G. Schütte, ZfdA. 70
[1933], 123). Demgegenüber ist der Wechsel e :
i in der Stammsilbe den roman. Schreibern zu-
zuweisen.

Unwahrscheinlich ist der Erklärungsversuch von
Grienberger, Unters. z. got. Wortkunde 202, nach dem
in den got. PN kein vorurgerm. -tu-Abstraktum, son-
dern ein -to-Partizip *pritós geliebt vorliegt, da es
dafür weder sonst im Germ. noch in anderen idg.
Sprachen eine Stütze gibt. Eine to-Ableitung ist zwar
in aind. prītá- befriedigt, geliebt, lieb belegt, das aisl.
fríðr hübsch, schön entspricht, es handelt sich hierbei
jedoch um eine langvokalische Bildung; s. Brugmann,
Grdr.² 2, 1, 397; Osthoff-Brugmann, Morph. Unters.
IV, 74 f.; Scheller, Ved. priyá- 114.

Urgerm. *fri-þu- ist eine Ableitung mit dem
Suffix -þu- von *fri- (vgl. Kluge, Nom. Stamm-
bildung³ 70; Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss. III
§ 124), eine Ablautneubildung zu urgerm. *frī-
< vorurgerm. [**priH₂-] (mit Verallgemeine-
rung der primären Schwundstufe aus einem vor-
urgerm. proterodynamischen tu-St. nom. sg.m.
[**préH₂-tu-] : gen.sg. [**priH₂--]) und ist
wohl die Ableitungsbasis für urgerm. *friþōe/a-
versöhnen ( gifridôn; vgl. Lühr, Egill 92).
Was *fri- anstelle von *frī- betrifft, so kann mit
Specht (Voretzsch-Festschrift 34 f.) angenommen
werden, daß urgerm. *frija- frei ( frî) als
*fri-ja- segmentiert ist und daraus eine Wurzel-
form *fri- abstrahiert wurde. Dagegen hat got.
freidjan schonen wegen seiner abweichenden
Bedeutung die lange Tiefstufe bewahrt.

Aus dem Ahd. stammt das mlat. Wort fredum
Friedensgeld (einmal fredus; bis in die Urkun-
den Karls des Großen kommen auch noch
Schreibungen mit -i- vor; auch Schreibungen
mit -t- sind belegt) mit roman. Senkung von i
zu e ( fridemri). Hiervon ist das Verbum
mlat. exfred(i)are aus dem Frieden bringen ab-
geleitet, das in afrz. esfreer, nfrz. effrayer, prov.
esfredar fortgesetzt ist.

Du Cange² III, 603 f.; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr.
3943. 3968; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 3008;
Grimm, Dt. Rechtsalt.⁴ II, 223 f.; W. L. van Helten,
PBB 25 (1900), 507 f.; D. v. Kralik, Neues Archiv 38
(1913), 31 f.; Tiefenbach, Wörter volksspr. Herkunft
56 ff.; Sousa Costa, Stud. z. volksspr. Wörtern 193 ff.

Fick III (Germ.)⁴ 247; Holthausen, As. Wb. 23; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 151; Berr, Et. Gl. to Hel. 137; Wadstein,
Kl. as. Spr.denkm. 242; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 986 ff.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V,
519 ff.; Helten, Aostndfrk. Psalmenfrg. § 66; Quak,
Wortkonkordanz z. d. amittel- u. andfrk. Ps. 59; Ver-
dam, Mndl. handwb. 748 f.; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 761; Vries, Ndls. et. wb. 803; Holthausen, Afries.
Wb.² 31; Richthofen, Afries. Wb. 760 ff.; Doornkaat
Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 549; Dijkstra, Friesch
Wb. I, 428; Holthausen, Ae. et. Wb. 117; Bosworth-
Toller, AS Dict. 336 ff.; Suppl. 267 ff.; ME Dict. E-F,
908; OED² VI, 203; Vries, Anord. et. Wb.² 142 f.; Jó-
hannesson, Isl. et. Wb. 568; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog I, 489; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awest-
nord. 73; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 271 f.; Ordb.
o. d. danske sprog V, 1194 ff.; Torp, Nynorsk et. ordb.
134; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 235; Svenska akad.
ordb. F-1417 ff.; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 169. 459;
Lehmann, Gothic Et. Dict. F-97. S-162; Meyer, Got.
Spr. 73; Bruckner, Spr. d. Langob. 114 f. 248 f.; Onesti,
Vest. longob. 192. Schönfeld, a. a. O. 93 f.

S. auch frî, gifridôn.

Information

Band III, Spalte 559

Zur Druckfassung
Zitat-Symbol Zitieren
Symbol XML-Datei Download (TEI)
Symbol PDF-Datei Download (PDF)

Lemma:
Referenziert in: