gerhilla, girgila
Volume IV, Column 172
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gerhilla, girgila f., nur in Gl. vom 12.
15. Jh.: Pastinak (Pastinaca sativa L.), z. T.
viell. auch die Möhre (Daucus carota L.),
pastinaca, ocimum, -mus (pastinaca ist
sowohl für den Pastinak als auch für die
Möhre, ocimum nur für die Möhre belegt,
aber der Pastinak erhält vielfach Namen an-
derer ähnlicher Doldenblütler, besonders von
Daucus carota...
[Marzell (194358) 2000:
3, 591; zu diesen lat. Bezeichnungen vgl.
Marzell, a. a. O. 2, 55; 3, 588 ff.]; ocimum,
-mus kann hier kaum eine Bezeichnung für
eine ganz andere Pflanze, das Basilienkraut
[Ocimum basilicum L.] sein; vgl. Marzell,
a. a. O. 3, 367 Var.: gerhila, gergil, girgel,
gerbilla (wohl in Anlehnung an kervila;
s. d.). Hierher gehört wohl auch girol f. (?)
Gl. 3,199,25 (12. Jh.). 403,7 (13. Jh.; Hilde-
gard) pastinaca (?) (3,199,25: Hs. pana-
stica); geriol (11. Jh.) dauce (= daucus?); s.
H. Thoma, PBB 73 (1951), 207. Nhd. (ver-
altet und mdartl. [schweiz.]) girgel Zucker-
wurzel
(s. u.).

Das Wort ist in keiner anderen germ. Spra-
che belegt, ist aber wohl mit nfrz. (veraltet)
girouille Möhre (vgl. Littré 1982 ff.: 3,
1874: Un des noms vulgaires de la carot-
te
), mdartl. girouyo, djirouyë pastinaca
(vgl. Wartburg, Frz. et. Wb. 2, 377; Rolland
[18961914] 1967: 6, 135 ff.) zu verglei-
chen. Zu mfrz. girole (16. Jh.) und ähnlichen
mdartl. Formen, die die Zuckerwurzel (Sium
sisarum L.) bezeichnen, s. u.

Die Herkunft dieses Pflanzennamens ist
dunkel. Zu erwägen wäre vielleicht eine Ent-
lehnung aus mlat. girgillus Spindel (Nier-
meyer, Med. Lat. lex.² 1, 614) wegen der
spindelförmigen Gestalt der Pastinakwurzel
(Schweiz. Id. 2, 417; schweiz. girgel bedeu-
tet auch ein langgewachsener, hagerer
Mensch
[vgl. nhd. spindeldürr, ne. spind-
ly]).

Als dann die Zuckerwurzel (Sium sisarum)
gegen Ende des Mittelalters aus dem östli-
chen Mittelmeergebiet in Deutschland und
von dort aus in Frankreich eingeführt wurde,
sind der lat. Name siser (der urspr. wohl den
Pastinak bezeichnete; vgl. Marzell, a. a. O. 4,
348; Fischer-Benzon [1894] 1998: 117 ff.)
wie auch die volkssprachlichen Bezeichnun-
gen für den Pastinak (z. B. nhd. girgel, mfrz.
girole usw.) auf die neue Pflanze übertragen
worden, wo sie mit einer anderen Bezeich-
nung für die Zuckerwurzel, frz. cherwis u. ä.
(die wohl aus arab. kariwija Zuckerwurzel
entlehnt wurde) konkurrieren; vgl. Meyer-
Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 4678a; Wartburg,
a. a. O.

Nach Wartburg, a. a. O. sind mfrz. girole usw. auch
aus arab. karawija (mit einem bei Pflanzen häufigen
Suffix -ulla, -ea und im Anlaut vielleicht durch Ein-
fluß von lat. gyrare verändert) und auf die Möhre und
den Pastinak übertragen, was wegen des späten Auf-
tretens der Zuckerwurzel unwahrscheinlich ist.

Ahd. Wb. 4, 222. 290 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 301; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 366. 432; Schützeichel⁶ 133. 135;
Starck-Wells 197. 217 (verfehlt); Schützeichel, Glos-
senwortschatz 3, 440; Graff 4, 248; Götz, Lat.-ahd.-
nhd. Wb. 170 (dauco). 445 (ocimus, -um), 468 (pastina-
ca); Dt. Wb. 7, 7545 f.

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