brouchen
Band II, Spalte 362
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brouchen sw. v. I, Gl., Williram nur part.
prät. ka-, ki-, gi-; -prauhhit, -uchit, -broih-
ta, -te; die Ahd. Wb. I, 1427 angeführte Form
gebreyde aus dem Leidener Williram gehört
nicht hierher, sondern zum mndl. Verb brei-
den, breyden weben, flechten; brettan und
vgl. W. Sanders, Der Leidener Williram (Mün-
chen, 1974), 160.; gibrouchen sw. v. I, Not-
ker, W.Ps., Williram; brouchôn sw. v. II, Be-
ned.regel part. prät. nom. sg.m. keprauhoter;
gibrouchôn sw. v. II, Notker, W.Ps. 3. sg. präs.
gebrouchot und einmal Thoma, Ahd. Gl. z.
A. Test. 20, 30: beugen, niederbeugen, nieder-
legen, herabsetzen, redigere, confringere
([zi
niowihti] gibrouchit, -ôt ad nihilum redactus,
zunichte geworden
); Williram auch biegen,
krümmen
. Mhd. brouchen biegen, formen,
bilden
, gebrouchen biegen, beugen. Nhd.
mdartl. bair. (veraltet) brauchen neigen, beu-
gen
, Abbrauchen das Biegen (der Faßdau-
ben)
, Brauchreif der mittlere Reifen eines
Salzfasses
.

Ahd. Wb. I, 1426 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 109; Schütz-
eichel⁴ 81; Starck-Wells 80; Graff III, 280 f.; Schade
86; Raven, Schw. Verben d. Ahd. I, 19; II, 23; Lexer I,
361. 761; Benecke I, 265; Schmeller, Bayer. Wb.² I,
338.

Das Wort hat nur höchst unsichere Verwandte
in anderen germ. Dialekten. W.L. van Helten,
PBB 22 (1897), 450 Fn. 1 vergleicht mndl. broe-
ken (broken) beugen, das aber auch brechen,
fällen (Bäume)
bedeutet (vgl. Verdam, Mndl.
handwb. 118) und von Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. I, 145 f. zu broke Bruch gestellt wird (
brochôn). Viell. sind in diesem Wort zwei Ver-
ben zusammengefallen.

Auch das as. part. prät. gibruocan (nur Heliand
5592, Cott.) könnte zu einem red. v. *brōkan ge-
hören (vgl. Seebold, Germ. st. Verben 144 f.;
J. Schatz, Sievers-Festschrift [1925] 369; Wiß-
mann, Nomina Postverb. 35 f.; zum gelegentli-
chen Gebrauch von uo für ō (< *au) in der
Cott. Hs. s. Gallée, As. Gr. § 98), aber die Be-
deutung des Verbs ist nicht klar.

Die Stelle lautet: stês thi hier an galgen haft/ gibruocan
an bôme (es spricht einer der mit Jesus gekreuzigten
Räuber zum anderen). Die bei Sehrt, Wb. z. Hel.² 64
u. a. mit Fragezeichen angegebene Bed. gezimmert an
den Baum, wobei gibruocan epische Variation zu haft
darstellen soll, ist unwahrscheinlich. Wenn das Verb
tatsächlich mit ahd. brouchen, -ôn verwandt ist, wäre
die Deutung gekrümmt, niedergebeugt wohl vorzu-
ziehen (vgl. A.F.C. Vilmar, Dt. Altertümer im Hel.²
[Marburg, 1862], 50). Die Möglichkeit ist aber nicht
ganz auszuschließen, daß es sich einfach um einen
Schreibfehler für *gibrokan handelt: (in der Lebens-
kraft) gebrochen
(zu den verschiedenen Deutungsver-
suchen vgl. E. Lagenpusch, Das germ. Recht im Hel.
[Unters. z. dt. Staats- u. Rechtsgesch. 46, 1864], 71).

Außergerm. Vergleiche sind noch zweifelhafter:
nur lit. brũyti scheuern, schrubben, durch Rei-
ben geschmeidig machen
(nach F. A. Wood,
Mod. Phil. 11 [1914], 330 auch niederdrük-
ken
?), brūúoti dss. kämen viell. in Frage,
wenn man eine idg. Wz. *bhre-- mit einer
Grundbed. etwa Druck anwenden (beim Rei-
ben, Biegen, Niederbeugen usw.)
ansetzte. Vgl.
mit -k-Erweiterung lit. braũkti wischen, strei-
chen
(Pokorny 170); beides viell. Erweiterun-
gen von der Wz. *bhr- brechen, zerschlagen,
abschaben usw.
(Druck anwenden?); vgl. Po-
korny 169 und brôdi, bruzzî.

Fraenkel, Lit. et. Wb. 56; Kurschat, Lit.-dt. Wb. I,
345 (s. v. brūinti).

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