gidiganAWB adj. part.prät., im Abr und wei-
teren Gl., MH, O, WH: ‚vollkommen, vor-
züglich, rein, keusch, streng, ernsthaft, be-
jahrt; annosus, castus, grandaevus, gravis,
longaevus, perfectus, provectus, serius, seve-
rus‘ 〈Var.: dh-, -th-; -kka-; -en, -in〉. — Mhd.
gedigen ‚lauter, rein, ausgewachsen, reif,
fest, hart, ausgetrocknet, trocken, gediegen,
gehaltvoll, tüchtig‘, nhd. gediegen.
Das aus dem Paradigma von dîhan (s. d.)
ausgegliederte Part.Prät. ist adjektivisch
verwendet worden. Die Bedeutungsentwick-
lung zu den heutigen Bedeutungen des Adj.
(‚ohne Beimischungen, rein, massiv, sorgfäl-
tig gearbeitet, ordentlich, gut, gründlich, so-
lide‘) hat sich von ‚gediehen‘ über ‚trocken,
reif‘ (mhd. gedigen flaisch), ‚fest‘ (mhd. ge-
diegen holz), ‚hart‘ (mhd. gedigen schaft,
schilt) vollzogen (vgl. mhd. en gedegen man
‚homo prudens‘), während ‚gediehen‘ im
Sinne von ‚vollkommen, rein‘ zu der Be-
deutung ‚keusch‘ und im Sinne von ‚gereift‘
zu ‚erwachsen, bejahrt‘ geführt hat.
Ahd. Wb. 2, 428 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 135; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 381; Schützeichel⁶ 73; Starck-Wells
204. 815; Schützeichel, Glossenwortschatz 2, 217 f.;
Lexer 1, 770; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 42 (annosus).
93 (castus). 293 (grandaevus). 294 (gravis). 379 (lon-
gaevus). 478 (perfectus). 606 (serius). 608 (severus);
Dt. Wb. 4, 2020 ff.; Kluge²¹ 239; Kluge²⁴ s. v. — E.
Ochs, PBB 44 (1920), 318 f.; Trier 1951: 22; J. Men-
dels, Mu 73 (1963), 170; Sanders 1971: 123; Piirainen
1971: 50.
Dem Adj. ahd. gidigan entsprechen: as. gi-
thigan ‚erwachsen‘, mndd. gedēgen; ae. Gl.
geđogen ‚erwachsen‘. Der abweichende Vo-
kalismus im Ae. erklärt sich dadurch, daß im
Westsächs. die Fortsetzung von urgerm.
(*þenχa- >) *þīχa- ‚gediehen‘ wie andere
Verben auf *-īχ- z. T. in die 2. st. Kl. über-
gegangen ist: ae. đéah, đugon, đogen (See-
bold, Germ. st. Verben 512 f.).
Sehrt, Wb. z. Hel.² 600; Bosworth-Toller, AS Dict.
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