got
Band IV, Spalte 534
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gotAWB m. a-St., seit dem 8. Jh.: Gott;
caeles, deus, divinitas, divinus, divus, domi-
nus, excelsus, petra, rector, sidera
Var.:
c-, k-; -d. Im Alem. kommen Belege des
Akk.Sg. mit adj.-pron. Endung -an vor (vgl.
Braune-Reiffenstein 2004: § 195 Anm. 1).
Mhd. got m. Gott, nhd. Gott m. höchstes,
übernatürliches Wesen, von dem sich der re-
ligiöse Mensch seinem Glauben gemäß ab-
hängig fühlt
.

Ahd. Wb. 4, 332 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 314 ff.; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 483; Schützeichel⁶ 137; Starck-
Wells 234; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 3 ff.;
Graff 4, 146 ff.; Lexer 1, 1051 ff.; Götz, Lat.-ahd.-
nhd. Wb. 81 (caeles). 190 (deus). 209 (divinitas, divi-
nus, divus). 211 (dominus). 235 (excelsus). 489 (pe-
tra). 609 (sidus); Dt. Wb. 8, 1017 ff.; Kluge²¹ 265 f.;
Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 463 f. Braune-
Reiffenstein 2004: §§ 32. 67 Anm. 3. 149 Anm. 2.
163 Anm. 1. 164 Anm. 3.

Ahd. got hat in allen germ. Sprachen Ent-
sprechungen: as. god m., mndd. got m.
Gott(vater) (der Gen. gotes kann zur Ver-
stärkung verwendet werden; vgl. gades ryck-
lycken sehr reichlich); andfrk. got, mndl.,
nndl. god m. Gott; afries. god m. Gott,
nfries. god Gott; ae. god m. Gott, god n.
ein Gott, me. god, ne. god Gott; aisl. guð,
goð m. n. Gott (wobei besonders in Kom-
posita goð vorzugsweise von den heidni-
schen Göttern und guð vom christlichen Gott
verwendet wird; die Varianten mit -u- und
-o- erklären sich aus dem unterschiedlichen
Ausgleich der Wirkung des a-Umlauts), nisl.
goð Abgott, guð Gott, fär. guð, nnorw.,
ndän., nschwed. gud Gott; got. guþ m. (bei
neutraler Form) Gott wird zumeist nach Art
der gr. und lat. nomina sacra abgekürzt:
nom./vok./akk.sg. þ̄, gen.sg. þ̄, dat.sg.
þ̄ā, nom.pl. þ̄ā (Braune-Heidermanns
2004: § 1 Anm. 7); ausgeschrieben dagegen
im Nom.Pl. guda und als Kompositionsglied:
gudafaurhts gottesfürchtig, gudalausai
(nom.pl.) gottlos, gudhusa (dat.sg.) Got-
teshaus
, gudiskamma (dat.sg. n.) göttlich,
galiugaguda (nom.pl.) Götzen (Braune-
Heidermanns 2004: § 94 Anm. 3; dort auch
zur Frage, ob der Gen.Sg. und Dat.Sg. als
guþ[i]s* oder gudis* bzw. guþa* oder guda*
aufzulösen ist); langob. PN Gudi-, Gud(e)-,
Godi- (jedoch nicht sicher von urgerm.
*ōđa- gut zu trennen): < urgerm. *uđa-
n.

Hiervon abgeleitet ist urgerm. *uđan-
Priester, fortgesetzt in run. (nom.sg.) gudi-
ja (Stein von Nordhuglo, ca. 400450), got.
gudja, aisl. goði ( goting).

Wegen des got. Gen.Sg. þ̄, der als guþs* aufzulösen
sei (Braune-Heidermanns 2004: § 118 Anm. 2) und
der ahd. Komposita mit got- (anstelle von gota-) im
Vorderglied wird ein ehemaliger Konsonantenstamm
postuliert (Casaretto 2004: 432 mit älterer Literatur).
Da jedoch auf der einen Seite das -þ- in der Abkür-
zung wohl analogisch durchgeführt ist (der Gen.Sg.
somit als gudis* aufzulösen ist), auf der anderen Seite
das Vorderglied got- als Neuerung aufzufassen ist
(vgl. Lühr 1982: 553 f.; dort auch zu geneuertem
gode- im Ae.), gibt es keinen Grund für diese An-
nahme. Daher ist auch die Auffassung von E. See-
bold, in Marold 1995: 163, daß bei dem run. Beleg
alugod (Fibel von Værløse, ca. 200 n.Chr.) das Ele-
ment -god einem solchen Konsonantenstamm zu-
zuordnen sei, abzulehnen.

Auch ein wegen der Pluralformen aisl. guðir,
aschwed. guþir und ahd. abgutir ( abgot) ange-
nommener urgerm. s-St. *uđi/az- braucht nicht ange-
setzt zu werden, da die Pluralform auf -ir analogisch
(etwa nach aisl. ǽsir Asen, ahd. wihtir Dinge, Men-
schen, Geschöpfe
[ wiht]) ist (vgl. Lühr 1982: 554
Anm. 3; Noreen [1923] 1970: § 386 nimmt dagegen
Analogie nach gestir Gäste an).

Fick 3 (Germ.)⁴ 136; Holthausen, As. Wb. 28; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 199 ff.; Berr, Et. Gl. to Hel. 160 f.; Wad-
stein, Kl. as. Spr.denkm. 188; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 1, 137 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2,
135 f.; Quak, Wortkonkordanz z. d. amittel u. andfrk.
Ps. 83 f.; Quak, Die am.- u. andfrk. Ps. u. Gl. 199;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 2, 2005 ff.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 205 f.; Vries, Ndls. et. wb. 213; Et.
wb. Ndl. F-Ka 299 f.; Holthausen, Afries. Wb.² 35;
Richthofen, Afries. Wb. 776 f.; Fryske wb. 7, 288 f.;
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 1, 654 f.;
Dijkstra, Friesch Wb. 465; Holthausen, Ae. et. Wb.
134; Bosworth-Toller, AS Dict. 482; Suppl. 477 ff.;
Suppl. 2, 38; ME Dict. s. v.; OED s. v.; Vries, Anord.
et. Wb.² 181. 193; Bjorvand, Våre arveord 323 ff.;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 287 f.; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog 1, 619 f. 657 f.; Holthausen, Vgl. Wb.
d. Awestnord. 92. 98; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
359 f.; Nielsen, Dansk et. ordb. 165 f.; Ordb. o. d.
danske sprog 7, 288 ff.; Torp, Nynorsk et. ordb. 189;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 309; Svenska akad. ordb.
s. v.; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 227 f.; Lehmann, Go-
thic Et. Dict. G-118; Bruckner, Spr. d. Langob. 258 ff.
Noreen [1923] 1970: § 61, 1; Wiens 1935: 11 f. 27.
58; E. Karg-Gasterstädt, PBB 67 (1945), 420 ff.; H.
Eggers, in Schäferdiek 1978: 2, 1, 467; Lühr 1982:
553 f.; Bammesberger 1990: 79; Francovich Onesti
2000: 197 f.; Lühr 2000: 304 f.

Urgerm. *uđa- < vorurgerm. *hu-tó- Op-
ferguß, Opferung
ist eine Ableitung mit
dem Nomina actionis bildenden Suffix *-to-
der Verbalwurzel uridg. *he- gießen (
giozan). Die Bedeutung Gott erklärt sich
dabei aus einer metonymischen Übertragung
auf denjenigen, der die Opferung empfängt.
Mit vorurgerm. *hu-tó- ist auch gall. gutua-
ter Name einer gall. Priesterklasse, eigtl.
Vater des Gußopfers (< *gutu-patēr; vgl.
Delamarre, Dict. lang. gaul. 156) zu verglei-
chen. Ebenfalls eine to-Bildung, und zwar
ein Verbaladj., findet sich in ai. hutá- geop-
fert, durch Opfer verehrt
(vgl. á-huta-
durch Opfer verehrt in Bezug auf Agni), gr.
hom. χυτὴ (γαῖα) aufgehäufte (Erde) (<
*hu-tó/eh₂-). Lühr 2000: 304 führt auch ur-
germ. *uđa- auf dieses Verbaladj. zurück;
jedoch schließt das ursprünglich neutrale
Genus diese Möglichkeit aus, da eine solche
abstrakte Vorstellung zur Benennung einer
Gottheit (als das Beopferte) kaum in Frage
kommt. Auch zeigt die Bedeutung beopfert,
begossen
in dem genannten ai. á-huta- ein
Präverb. Zur Bedeutung der Verbalwurzel
*he- eine Opfergabe gießen ist auch die
Ableitung *hé-tor- Opferer, Priester > ai.
hótar Hauptpriester, Opferer, av. zaotar
(Ober-)Priester zu vergleichen.

Die früher vorgeschlagene Deutung von vorurgerm.
*hu-tó- als to-Ableitung der Verbalwurzel *heH-
rufen (mit Verweis auf ai. puru-hūt- viel angerufen
als Beiname Indras), ist abzulehnen, da ein Laryngal
nur vor konsonantischem Resonant schwindet. Vorur-
germ. *huH-tó- hätte also *ūđa-, nicht **uđa- er-
geben (zum Laryngalschwund vor Resonanten vgl.
uridg. *suH-nú- > vorurgerm. *su-Hnú- > urgerm.
*sunu- Sohn [ sunu]). Wenn man diese Etymolo-
gie weiterhin annehmen möchte, muß man für das
Vorurgerm. eine Laryngalmetathese postulieren
(*huH-tó- > *hHu-tó-), was jedoch in Anbetracht
des ai. Langvokals unwahrscheinlich ist.

Walde-Pokorny 1, 529 f.; Pokorny 413 f.; LIV² 179 f.;
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. 3, 585 f.; ders., Et. Wb.
d. Altindoar. 2, 809 ff. 821; Bartholomae, Airan. Wb.²
1651 ff.; Frisk, Gr. et. Wb. 2, 1091; Chantraine, Dict.
ét. gr. 1255; Delamarre, Dict. lang. gaul. 156. F.
Wood, Am. Germ. 3/4 (1899/1900), 316; A. Senn,
JEGP 32 (1933), 518; C. Watkins, GS Güntert 1974:
102, Anm. 5; R. Hiersche, FS Matzel 1984: 88 f.