gulte
Volume IV, Column 679
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gulteAWB f., nur in Gl. 3,22,33 (Clm.
14745, 14. Jh., obd.): Turteltaube; turtur.
Die 22 Parallelhss. (davon fünf aus dem
gleichen Zeitraum, drei aus dem 15. Jh., die
übrigen 11.13. Jh.) glossieren lat. turtur mit
turtiltûba ( turtulatûba). Das Ahd. Wb. 4,
474 erwägt eine verschriebene Kurzform für
mhd. gürteltûba sw. f. Turteltaube (Lexer
1, 1126; 3, Nachtr. 224). Fehlschreibungen
von -l- für -r- kommen tatsächlich vereinzelt
vor (vgl. z. B. gultel [St. Florian, XI 588,
13. Jh., mit frk. und obd. Merkmalen] für
gurtil Band, Gürtel), so daß vielleicht von
einer Form *gurte auszugehen ist. In diesem
Fall könnte es sich um eine Ableitung mit
dem individualisierenden n-Suffix *-ōn- vom
st. m. gurt Gürtel handeln und *gurte eigtl.
die gegürtelte (Taube) bedeuten; vgl.
mdartl. els. kränzletube (Martin-Lienhart,
Wb. d. els. Mdaa. 2, 644). Demnach wären
die schwärzlichen Querbinden auf hellem
Untergrund am Hals das Benennungsmotiv
des Vogels.

Denkbar wäre auch ein Einfluß von lautma-
lendem mhd. gurren sw. v. (Lexer 1, 1125).

Ist gulte < ahd. *golta aber eine sprachwirk-
liche Form, könnte es sich um die Substanti-
vierung eines schwundstufigen f. Verbaladj.
auf *-tō- vom st. v. III mhd. gellen, ahd. gel-
lan laut tönen, schreien handeln (ähnlich
ahd. wunta Wunde < urgerm. *undō- zur
Wz. vorurgerm. *en- schlagen, verwun-
den
[Pokorny 1108], air. techt das Gehen,
auch Bote, zu tíagu ich gehe). In diesem
Fall ist gulte die Schreierin, Ruferin. Das
st. Verb gellan kommt auch verbaut in ahd.
naht(a)gala (s. d.) f. ō-St. Nachtigall, eigtl.
Nachtsängerin vor.

Schwierig ist der Wurzelvokal u, da die Bre-
chung zu o vor a, e, o der folgenden Silbe im
allgemeinen nur nach folgender Nasalver-
bindung unterblieb (vgl. zunga, wunta;
Braune-Reiffenstein 2004: § 32); vgl. mit ei-
nem Nasal auch ahd. fruma Nutzen, sumar
Sommer. Nur gelegentlich kommt im Frk.
u statt o vor (vgl. ubar neben obar; Franck
[1909] 1971: § 21, 5), doch gehört die Gl.
wohl nicht in den md., sondern obd. Sprach-
raum; vgl. insbesondere fugal [T, obd.] ne-
ben regelrechtem fogal.

Splett, Ahd. Wb. 1, 1218; Schützeichel⁶ 142; Starck-
Wells 243; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 80;
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 154a. 610; Götz,
Lat.-ahd.-nhd. Wb. 682 (turtur). Suolahti [1909]
2000: 217. Krahe-Meid 1969: 3, § 118 (S. 144).

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