gunda
Band IV, Spalte 683
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gunda*AWB f. jō-St., nur H (Vers 56 [StD
7, 60]) gudea: Kampf. Es handelt sich bei
gudea um eine as. Umsetzung von ahd.
*gundea (vgl. auch guđhamun [ gundha-
mo*
]). Die Form gudea ist als Gen.Sg. f. zu
bestimmen (Lühr 1982: 689; neuerdings
wieder, jedoch verfehlt, von Schaffner 2001:
459 als Akk.Sg. aufgefaßt), da eine Apposi-
tion zu es vorliegt (nu dih es so wel lustit,
gudea gimeinun da dich danach so sehr ge-
lüstet, nach dem gemeinsamen Kampf
). Die
gelegentliche Auslassung eines n im Mfrk.
(vgl. hierzu Braune-Reiffenstein 2004: § 126
Anm. 2) kann zur Erklärung für gudea nicht
herangezogen werden (vgl. Lühr 1982: 407
Anm. 1). Im ahd. onomastischen Material ist
der jō-St. reichlich bezeugt. Die ältesten Be-
lege finden sich in den frühahd. (oder vor-
ahd.) Runeninschriften, und zwar als alaguþ
= Alagunþ (Büchslein von Schretzheim, ca.
565590/600), alirguþ = Alirgunþ (S-Fibel
von Weingarten, ca. 560600) und bliþguþ =
Bliþgunþ (Stab von Neudingen/Baar, ca.
532525 [dendrochronologische Datierung]);
die Textualität und Deutung von amelkud =
Amelkund (Halbkügelchen von Stetten, ca.
680690) ist jedoch ungesichert (vgl. Nedo-
ma 2004: 182 ff.). Diesen Namen stellen sich
die vielen weiblichen ahd. PN auf -gund zur
Seite (Braune-Reiffenstein 2004: § 210
Anm. 5).

Ahd. Wb. 4, 475; Splett, Ahd. Wb. 1, 332; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 498; Schützeichel⁶ 142; Graff 4, 219.
Lühr 1982: 407; Nedoma 2004: 171 ff. 240 ff.

Der jō-St. in ahd. gunda* hat lediglich im
onomastischen Material der anderen germ.
Sprachen eine Entsprechung (vgl. Reichert
198790: 2, 527 ff.); beweiskräftig für den
Ansatz als jō-St. sind die PN westfrk. Arne-
gundis (gen.sg.; 6. Jh.), hispano-got. Ala-
gundia (10. Jh.; möglich jedoch auch sekun-
däre Umbildung nach den lat. Namen auf
-ia), aisl. -gunnr (vgl. akk.sg. Hildigunni).
Ebenfalls hierher zu stellen sind wohl ostgot.
(dat.sg.) -gundae (in Theodagundae; 6. Jh.),
vandal. -guns (in Hildeguns [mit -s für /þ/];
6. Jh.), ae. -gyth (in Sigegyth; 7./8. Jh.) < ur-
germ. *unþiō-.

Daneben ist in den germ. Sprachen ein i-St.
belegt in: aisl. (poetisch) guðr (-nn-), gunnr
Kampf (mit -nn- analogisch nach den obli-
quen Kasus; vgl. Noreen [1923] 1970: § 277,
4b; zur Flexion vgl. Noreen [1923] 1970:
§ 384), runenschwed. -guþr, aschwed. Gun-,
-gun in PN (der Ansatz als i-St. ist trotz des
fehlenden Palatalumlauts sicher, da dieser
bei den i-St. durch paradigmatischen Aus-
gleich teilweise beseitigt wurde [vgl. Noreen
(1923) 1970: § 392]); ostgerm. nur in PN als
Gunthi- neben Gundi-: Gunthigis, Gunthi-
mer, Gunthiricus, Gundibadus, Radagundis.

In der Stammbildung unklar bleiben demge-
genüber: ahd. gund- Kampf, Krieg (
gundfano, gundhamo*; auch als Bestandteil
in zahlreichen f. PN als -gund); as. guth- (in
[akk.pl.] gutfanan, guntfanon [zum -n- s.
Lühr 1982: 407 Anm. 4] Kriegsfahne); ae.
gūđ Kampf, Schlacht (die Form wird von
A. Bammesberger, MSS 39 [1980], 7. 10 als
f. ō-St. angesetzt, dagegen von Schaffner
2001: 459 als f. i-St.; vgl. auch ae. gūđ- in
gūđfana Kampffahne, das mit Ausbleiben
des möglichen i-Umlauts im Erstglied eines
Kompositums [vgl. dazu Brunner 1965: § 95
Anm. 4] als i-St. interpretierbar ist), me.
gūd- (in gūdstrencđe kriegerische Kraft);
langob. in PN Gund-, -gunda. Doch deutet
ai. hatí- (s. u.) auf einen i-St.

Da sich neben dem jō-St. auch noch ein f. i-
St. findet, liegt die Annahme nahe, daß der i-
St. ursprünglich ist und erst sekundär, wohl
unter Einfluß des Synonyms urgerm.
*χelđiō- Kampf ( hilta), in die jō-Klas-
se eingeordnet wurde.

Unklar bleibt, ob in den Schreibungen mit
-d- in den frühgerm. PN-Belegen eine Form
mit grammatischem Wechsel vorliegt
(Schaffner 2001: 458 f.) oder ob das -d- nicht
vielmehr das Resultat von vulg.lat.-roman.
Sonorisierung von -t- ist (Nedoma 2004:
175).

Daneben erscheint noch vereinzelt ein m. a-
St. in PN: westfrk. Baudegund, vandal. Gun-
thamundus. Dieser ist wohl sekundär zum f.
i-St. hinzugebildet (vgl. zu solchen Movie-
rungen auch run. PN heldaz [Brakteat I von
Tjurkö; 6. Jh.] zu urgerm. *χelđiō- Kampf
[ hilta]).

Für das Urgerm. ist somit wohl von einem
primären i-St. nom.sg. *unþi- : gen.sg.
*undī- (bzw. *unda-; zum Nebeneinander
beider Endungen im Urgerm. vgl. Krahe-
Meid 1969: 2, § 15; Schaffner 2001: 442)
auszugehen.

Fick 3 (Germ.)⁴ 124; Holthausen, As. Wb. 29; Wad-
stein, Kl. as. Spr.denkm. 86. 113. 189; Holthausen,
Ae. et. Wb. 140 f.; Bosworth-Toller, AS Dict. 493; ME
Dict. s. v.; Vries, Anord. et. Wb.² 195; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 415; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog
1, 659. 665; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 99;
Bruckner, Spr. d. Langob. 262 f. Galleé [1903]
1977: 121; Noreen [1904] 1978: § 340, 2b; Schönfeld
[1911] 1965: 115 ff. 208. 301; Reichert 198790: 2,
527 ff.; R. Lühr, MSS 38 (1979), 125 f.; dies. 1982:
407 f.; Reichert 198790: 2, 527 ff.; Francovich One-
sti 2000: 198 f.; Lühr 2000: 42; Schaffner 2001:
458 ff.

Urgerm. nom.sg. *unþi-, gen.sg. *undī-
setzt mit Verallgemeinerung der Schwund-
stufe einen uridg. proterodynamischen ti-St.
nom.sg. *ghén-ti-, gen.sg. *gh-té- fort,
wobei der unterschiedliche Sitz des uridg.
Akzents den grammatischen Wechsel be-
dingt (zur wechselnden Akzentposition bei
den proterodynamischen ti-St. vgl. etwa das
Nebeneinander von got. ga-minþi Gedächt-
nis
und ga-munds Gedächtnis < urgerm.
*menþi- : *mundi- < uridg. *mén-ti- : *m-
- [vgl. die Vollstufe in lit. mintìs Gedan-
ke
neben schwundstufigem ai. máti-/matí- f.
Denken, Gedanke]). Eine direkte Entspre-
chung zum ti-Abstraktum liegt nur in ai.
hatí- f. das Schlagen, Töten (mit sekundä-
rer Angleichung des Anlauts an hánti er
schlägt
) und av. -jaiti- (in paiti.jaiti f. Zu-
rückschlagen, Abwehr
) vor (< *gh-tí-).
Dazu stellen sich auch die ā-St. ai. haty- f.
Tötung und lit. gin Streit < *gh-téh₂,
während der ō-St. ahd. gunda* geneuert ist
(s. o.).

Die dem Abstraktum zugrunde liegende
Verbalwurzel ist uridg. *ghen- schlagen,
die als athematisches Wurzelpräsens in heth.
kuenzi schlägt, tötet (3.pl. kunanzi), lyk.
qãñti sie zerstören, ved. hánti (er-)schlägt,
tötet
(3.pl. ghnánti), jav. jaiti (er-)schlägt,
tötet
(3.pl. -γnǝti), lit. genù ich treibe
(3.pl. giñti) < uridg. 3.sg. *ghént-ti, 3.pl.
*ghn-énti erscheint; ein sekundäres e-
stufiges e/o-Präsens begegnet in gr. θείνω
schlage, alb. gjanj jage, verfolge (das
Verb wird jedoch teils auch zu ahd. jagôn
jagen [s. d.] gestellt; vgl. Huld 1984: 70 f.),
lit. geniù haue Äste ab; ein schwundstufi-
ges e/o-Präsens findet sich in aksl. ti ern-
ten, schneiden
(< *gh-e/o-); zu verglei-
chen sind auch: lat. dē-fendō wehre ab, of-
fendō stoße an mit einer *-d(h)-Erweiterung
(die womöglich vom Imperativ *fende <
*ghdí stammt); air. gonaid verwundet, tö-
tet
(entweder < Iterativ vorurkelt. *ghon-
ée/o- oder < e/o-Erweiterung eines themati-
sierten urkelt. *qane-); aksl. gonj treibe,
jage
(< Iterativ *ghon-ée/o-); ved. jíghnate
(er-)schlägt (< redupl. Präs. *ghí-ghn-
e/o-); toch. B käsk- gewaltsam zerstreuen
(< *gh-sé/ó-).

Die frühere Bestimmung von jav. jaiti in Yt. 10, 133
als Instr.Sg. und damit der Ansatz eines vollstufigen
ti-Abstraktums für jav. jantay- Schlagen, Erschlagen
(so Bartholomae, Airan. Wb.² 604) ist hinfällig, da die
Form als er erschlägt zu deuten ist (vgl. P. Thieme,
BSOAS 23 [1960], 268).

Das von Pokorny 465 hierzu gestellte gr. διφάσιος
doppelt ist besser mit gr. φημί sage zu verbinden
(vgl. Frisk, Gr. et. Wb. 1, 399 f.).

Walde-Pokorny 1, 679 ff.; Pokorny 491 ff.; LIV²
218 f.; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. 3, 575 ff.; ders.,
Et. Wb. d. Altindoar. 2, 800 f.; Bartholomae, Airan.
Wb.² 603. 604. 829; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 657 f.;
Chantraine, Dict. ét. gr. 425 f.; Walde-Hofmann, Lat.
et. Wb. 1, 332 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 224 f.;
Demiraj, Alb. Et. 191 f.; Orel, Alb. et. dict. 137 f.;
Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 85 f.; Sadnik-Aitzet-
müller, Handwb. zu den aksl. Texten 169; Fraenkel,
Lit. et. Wb. 152 f.; Dict. of Irish G-134 f.; Tischler,
Heth. et. Gl. 1, 604 ff.; Kronasser, Etym. d. heth. Spr.
387 f.; Windekens, Le tokharien 210; Adams, Dict. of
Toch. B 177 f. Schumacher 2004: 362 ff.

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