hî(w)oAWB m. n-St., nur nom.sg. in Gl.
1,91,2 (zwischen 820 und 830, bair.) unreht
hio . adultor: ‚Gatte‘. — Mhd. hî(w)e sw. m.
‚Gatte‘. Nhd. nur als Erstglied in Heirat
‚Hochzeit‘ (→ hîrât).
Ahd. Wb. 4, 1158; Splett, Ahd. Wb. 1, 393; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 554; Schützeichel⁶ 163; Starck-Wells
280; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 348; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 895; Graff 4, 1066 f.; Le-
xer 1, 1311 f.; Dt. Wb. 10, 891 ff.; Kluge²¹ 300 f.;
Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 525 f.
In den anderen germ. Sprachen entspricht le-
diglich: mndl. hie m. ‚Gatte‘: < urgerm.
*χīu̯an- (zu den pl. Entsprechungen s. hîwun
‚Ehegatten‘).
Unklar in seiner genauen Stammbildung sind
ae. hīw- (in hīwcund ‚heimisch‘, hīwrǣden
‚Haushaltung‘), aisl. hý- (in hýbýli ‚Hauswe-
sen‘) und got. heiwa- (in heiwafrauja ‚Haus-
herr, Gastherr‘), die sowohl urgerm. *χīu̯an-,
aber auch urgerm. *χīu̯a- fortsetzen können.
Daneben stehen zwei Adj., nämlich urgerm.
*χīu̯-iska- (mit dem denominale Adjektiva
bildenden Suffix urgerm. *-iska-), dem ahd.
hîwiski ‚Familie‘ (s. d.) zugrunde liegt, sowie
eine Ableitung mit dem denominale Adjekti-
va bildenden Suffix urgerm. *-ia- in run.
(Stein von Årstad, ca. 550) PN hiwigaz (<
urgerm. *χīu̯-ia-).
Wohl nicht hierher ist die Inschrift auf der Fibel von
Meldorf (ca. 25 n. Chr.) zu stellen, deren Zeichenfol-
ge von einigen als hiwi gelesen und als Dat./Akk.Sg.
von urgerm. *χiu̯i- ‚Gattin‘ (also ‚für die Gattin‘) ge-
deutet wird. Jedoch fehlt für den Ansatz eines urgerm.
i-St. jeder Hinweis (der mögliche uridg. i-St. [s. u.]
steht bedeutungsmäßig für eine Fibelinschrift zu weit
ab).
Fick 3 (Germ.)⁴ 88; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3,
422 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 137; Bosworth-Toller,
AS Dict. 539; Suppl. 547; Vries, Anord. et. Wb.² 274;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 195; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog 2, 145 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 137. — Bammesberger 1990: 69; Casaretto
2004: 246. 266.
Urgerm. *χei̯u̯an- < vorurgerm. *k̂ei̯u̯on-
stellt die Individualisierung eines Adj. uridg.
*k̂ei̯u̯o- ‚vertraut‘ dar, das in ai. śéva- ‚lieb,
vertraut‘ fortgesetzt ist. Substantiviert liegt
das Adj. vor in alat. ceiuis, lat. cīvis ‚Bür-
ger‘. Aus der lat. Frühform *cēvis ist osk.
ceus ‚Bürger‘ entlehnt, d. h. zwischen 250
und 150 v. Chr. Die Flexion als i-St. im Lat.
wird allgemein als analogische Umformung
nach lat. hostis ‚Fremdling, feindlicher
Fremdling, Feind‘ (→ gast) aufgefaßt. Nach
einem Vorschlag von B. Vine, InL 29
(2006), 139 ff. ist der i-St. dagegen aus dem
Uridg. (*k̂ei̯u̯i-) ererbt und als Abstraktbil-
dung mit der Bedeutung ‚Gesellschaft‘ anzu-
sehen, dessen Bedeutung in singulativer
Verwendung zu ‚Bürger‘ wurde.
Ebenfalls substantiviert findet sich das Adj.
in lett. siẽva ‚Ehefrau‘ < *k̂ei̯u̯eh₂-.
Eine schwundstufige Bildung ist ai. śivá-
‚günstig, hold, lieb, gütig‘.
Wie die unter heim ‚heim(wärts)‘ angeführ-
ten Entsprechungen zeigen, ist als Ablei-
tungsbasis die Verbalwurzel uridg. *k̂ei̯-
‚liegen‘ anzusehen, die vorliegt in ai. śaye
‚liegt‘, śere ‚liegen‘, jav. sōire ‚sie liegen‘,
gr. κεῖται ‚liegt, befindet sich‘, heth. kitta(ri),
kluw. zīyar(i), lyk. sijeni, sijẽni, pal. kītar,
lyk. sitẽni ‚liegt‘.
Die von B. Vine, InL 29 (2006), 139 ff. vorgeschlage-
ne Verbindung mit uridg. *k̂i- ‚dieser‘ ist zwar nicht
auszuschließen, aber semantisch jedenfalls nicht we-
sentlich näherliegend als die traditionelle Etymologie.
Nicht hierher ist air. cia ‚Mann‘ zu stellen, wobei
vielmehr eine besondere Verwendung von air. cía
‚wer‘ vorliegt (vgl. Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. C-
93).
Walde-Pokorny 1, 358 ff.; Pokorny 539 f.; LIV² 320;
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. 3, 303. 344. 376; ders.,
Et. Wb. d. Altindoar. 2, 613 f. 640. 654 f.; Bartholo-
mae, Airan. Wb.² 1706 f.; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 809 f.;
Chantraine, Dict. ét. gr. 509 f.; Untermann, Wb. d.
Osk.-Umbr. 395; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1,
224; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 124; de Vaan 2008:
116; Kronasser, Etym. d. heth. Spr. 2, 93. — Lühr
2000: 220.
S. heim.