hhs(e)na
Band IV, Spalte 749
Symbol XML-Datei TEI Symbol PDF-Datei PDF Zitat-Symbol Zitieren

hhs(e)na f. ō(n)-St., nur zweimal
akk.pl. hahsna . nervos (Gl. 1,414,5 [Fulda
AA 2; letztes Drittel des 9. Jh.s, alem.]; Gl.
1,414,29 [St. Gallen, StiftsB 299, 2. Hälfte
des 9. Jh.s, alem.]): Fersensehne (des Pfer-
des); nervus
. Die Quantität des Stammvo-
kals ist unklar. Während die meisten germ.
Verwandten (s. u.) sicher auf einen Langvo-
kal weisen, legt die mhd. Form mit Sekun-
därumlaut den Ansatz eines Kurzvokals na-
he. Mhd. hehse, hahse sw. f. Kniebug des
Hinterbeines (bes. des Pferdes)
, nhd. Hach-
se f. unterer Teil des Beines (von Kalb und
Schwein), (umgangsspr.) Bein
.

Ahd. Wb. 4, 608; Splett, Ahd. Wb. 1, 340; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 507; Schützeichel⁶ 146; Starck-Wells
248; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 117; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 163. 225; Lexer 1, 1145;
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 428 (nervus); Dt. Wb. 10,
738 f.; Kluge²¹ 279; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.²
490 f.

Falls für das Wort ein Langvokal anzuneh-
men ist, entsprechen in den anderen germ.
Sprachen: mndl. haessene (nicht sicher ist,
ob nndl. haas Muskelfleisch der Lende
hierher zu stellen ist oder ob es eher zu nndl.
haas Hase gehört; vielleicht liegt auch eine
Angleichung beider Wörter vor); afries.
hōxene, nfries. hokse Kniekehle; ae.
hōhsinu, ne. houghsinew Kniekehle; aisl.
hásin, nisl. hāsin, ndän., nnorw. dial. hase,
nschwed. has Kniekehle: < urgerm.
*χanχa-sinō-, ein Komp. aus urgerm.
*χanχa- Ferse und *-sinō- Sehne ( se-
nawa
). Das Erstglied ist als Simplex belegt
in: ae. hōh, me., ne. hough Ferse, Kniekeh-
le, Landspitze
.

Eine Weiterbildung mit dem Suffix urgerm.
*-ila- findet sich in: mndl. hiel(e), nndl. hiel,
afries. hēla, ae. hēla, me. hēle, ne. heel, aisl.,
nisl. hæll, fär. hælur, ndän., nnorw. hæl,
nschwed. häl Ferse: < urgerm. *χan-
χila(n)-.

Im Falle eines Kurzvokals aber wäre der er-
ste Bestandteil des ahd. Wortes mit mndd.
hesse Kniebug an den Hinterfüßen (bes. der
Pferde)
zu verbinden: < urgerm. *χaχsa-
Ferse.

Fick 3 (Germ.)⁴ 67; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 1, 300 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2, 259 f.;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 15 f. 424; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 224 ff. 251; Suppl. 71; Vries, Ndls. et.
wb. 230. 256 f.; Et. wb. Ndl. F-Ka 361 f. 431;
Holthausen, Afries. Wb.² 41. 46. 159 f.; Richthofen,
Afries. Wb. 804. 827; Fryske wb. 9, 72; Dijkstra,
Friesch Wb. 1, 534; Holthausen, Ae. et. Wb. 168;
Bosworth-Toller, AS Dict. 525 f. 549; Suppl. 529.
557; ME Dict. s.vv.; OED² s.vv.; Vries, Anord. et.
Wb.² 213. 276; Bjorvand, Våre arveord 350. 416;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 29. 227; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog 1, 739; 2, 153 f.; Holthausen, Vgl. Wb.
d. Awestnord. 107. 138; Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 383 f.; Nielsen, Dansk et. ordb. 175. 197; Ordb.
o. d. danske sprog 7, 917 ff.; 8, 1036 ff.; Torp,
Nynorsk et. ordb. 200 f. 237; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 339. 383 f.; Svenska akad. ordb. s.vv.

Beide Ansätze haben Verknüpfungsmög-
lichkeiten in anderen idg. Sprachen. Urgerm.
*χanχa- hat eine Entsprechung in lit. kìnka
Kniekehle, Hachse und lett. ciñca Wade
an Menschen und Tieren, unterer Hinterfuß
des Schweines vom Mittelgelenk ab
(zur
germ. Diminutivform ist lit. kenkl Knie-
kehle
zu vergleichen). Problematisch ist das
genaue Verhältnis der einzelsprachlichen Be-
lege. Da die o-Stämme im Uridg. keinen in-
nerparadigmatischen Ablaut in der Wurzel
aufweisen und die zugrunde liegende Wurzel
in keiner Sprache belegt ist, scheint die An-
nahme zweier separater Bildungen unwahr-
scheinlich. Dies bedeutet ebenfalls, daß der
o-St. nicht primär sein kann, sondern wohl
als Erweiterung eines ehemaligen Wurzel-
nomens aufzufassen ist. Im Germ. und Balt.
finden sich nun Fortsetzer von drei Ablaut-
stufen: *konk- im Germ., *kenk- und *kk-
im Balt. Die germ. o-Stufe und die balt.
Schwundstufe können dabei auf ein akrody-
namisches Paradigma Ib uridg. (nom.sg.)
*kónk-s : (gen.sg.) *kk-és zurückgeführt
werden. Die balt. e-Stufe müßte dabei aus
dem Lok. (*kénk + i) verallgemeinert wor-
den sein.

Ein Benennungsmotiv ist nicht zu ermitteln,
da weitere Anschlüsse fehlen.

Unsicher ist, ob ai. kakāla- m. n. Gerippe ebenfalls
hierherzustellen ist (vgl. Mayrhofer, K. et. Wb. d.
Aind. 1, 137).

Bei urgerm. *χaχsa- handelt es sich um eine
Entsprechung von ai. káka- m., jav. kaa-,
mpers., npers. ke Achselhöhle, akelt. PN
-κοξος, gall. PN (gen.) -coxsi, (dat.) -coxie
(kymr. coes ist demgegenüber entweder aus
lat. coxa entlehnt oder daran lautlich ange-
glichen) < *s-o- bzw. ai. kákā- f. Ach-
selhöhle
, lat. coxa Hüfte (> italien. coscia,
nfrz. cuisse, span. cuja, port. coxa, rum.
coapsa), air. cos Fuß < *s-eh₂- (viel-
leicht ist hierher auch toch. B kakse- ein
Körperteil
zu stellen; vgl. Adams, Dict. of
Toch. B 136 f.).

Fern bleibt nruss. kosá Sense samt Entsprechungen
in den anderen slaw. Sprachen, da es eher zu lit. kàsti
graben gehört (Vasmer, Russ. et. Wb. 1, 639 f.;
Schuster-ewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 631 f.).

Aus semantischen Gründen ist die Verbindung von
ahd. hâhsena (bei der Annahme von ahd. -â-) mit ahd.
hâhan hängen (s. d.) abzulehnen.

Walde-Pokorny 1, 456 f.; Pokorny 611; Mayrhofer, K.
et. Wb. d. Aind. 1, 136 f.; ders., Et. Wb. d. Altindoar.
1, 288; Bartholomae, Airan. Wb.² 461; Horn, Grdr. d.
npers. Et. 190; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 283;
Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 146; Körting, Lat.-rom.
Wb.³ Nr. 2566; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 2292;
Wartburg, Frz. et. Wb. 2, 1260 ff.; Fraenkel, Lit. et.
Wb. 239; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 1, 384;
Holder, Acelt. Spr. 1, 1153; Delamarre, Dict. gaul.
107; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. C-214; Dict. of
Irish C-488 f.; Dict. of Welsh 1, 533; Adams, Dict. of
Toch. B 136 f. Schmidt 1957: 185; D. Q. Adams, IF
90 (1985), 74 ff.

Information

Band IV, Spalte 749

Zur Druckfassung
Zitat-Symbol Zitieren
Symbol XML-Datei Download (TEI)
Symbol PDF-Datei Download (PDF)

Lemma:
Referenziert in: