haz
Band IV, Spalte 871
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haz [-zz-] m. a-St., seit dem 8. Jh. in
Gl., JB, bei N, Npg, O, in OT, T, WB: Haß,
Feindseligkeit, starke Abneigung, Spott, Sti-
chelei; cavillum, odium
Var.: -s(-), -sz-; zu
diesen Graphien vgl. Braune-Reiffenstein
2004: § 160 Anm. 2. Einmal (StD 164, 15)
ist ein sicheres Neutr. (akk.sg.) bezeugt: ube
dû daz haz dînes fîandes in minna pecheren
wellest wenn du den Haß deines Feindes in
Liebe bekehren willst
. Mhd. haz (-zz-)
st. m. feindselige Gesinnung/Haltung, Haß,
nhd. Haß m. von Feindseligkeit, von leiden-
schaftlicher Abneigung getragene Gesin-
nung
.

Ahd. Wb. 4, 757 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 361; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 522; Schützeichel⁶ 151; Starck-Wells
259. 821; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 207;
Seebold, ChWdW8 154 f; Graff 4, 1069 f.; Lexer 1,
1196 f.; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 96 (cavillum). 446
(odium); Dt. Wb. 10, 552 ff.; Kluge²¹ 292; Kluge²⁴
s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 514.

Dem ahd. a-St. haz entsprechen: mndl. hat
Haß, Zorn; afries. hat, nfries. haat Haß;
aisl. hatr (der zu erwartende Umlaut in der
Stammsilbe ist wohl unter dem Einfluß des
Verbs hata hassen ausgeblieben; vgl. H.
Lindroth, IF 29 [1911/12], 165), nisl., fär.
hatur, ndän. had, nnorw., nschwed. hat
Haß, Verfolgung. Dagegen liegt ein i-St.
vor in: as. heti Feindschaft, Verfolgung,
mndd. hāt(e) Haß, Gehässigkeit, Feind-
schaft, Mißgunst, Neid, Groll, Zorn
; ae. he-
te, me. het(e), ne. hate (mit -a- durch Einfluß
des Verbs hate hassen oder Neubildung zu
diesem Verb [s. u.]) Haß, Feindschaft, Bos-
heit, Verfolgung
. Schließlich ist got. hatis
(-z-) Haß, Zorn ein n. a-St.

Sämtliche Belege sind als unterschiedliche
Reflexe eines ehemaligen urgerm. s-St. *χat-
az/iz- zu werten. Dieser ursprüngliche s-St.
trat im Got. (wie die übrigen s-St. auch; vgl.
Krause 1968: § 121; Casaretto 2004: 556)
mit Verallgemeinerung von urgerm. *-iz- der
sw. Kasus in die n. a-St. über. Der singuläre
Gen.Sg. hatis (Eph. 2, 3 B) wird teils als Re-
likt des alten s-St. angesehen (Braune-
Heidermanns 2004: § 94 Anm. 5), jedoch
liegt die Annahme einer Verschreibung nä-
her (vgl. hatize Eph. 2, 3 A; so etwa Krause
1968: § 121 Anm. 2; Casaretto 2004: 556
Anm. 1820). Im Nord- und Westgerm. trat
der s-St. dagegen teils in die a-St. (ahd.,
mndl., afries., aisl.), teils in die i-St. (as., ae.)
über.

Demgegenüber sind vom sw. Verb urgerm.
*χatōe/a-, *χata-/-e/a- hassen ( haz-
zên
, hazzôn) rückgebildet: mndl. hāte f. (m.),
nndl. haat m. Haß, Verfolgung; nfries. hate
Haß, Groll, Zorn, feindliche Gesinnung (vl.
auch ne. hate [s. o.]). Zum sw. Verb gehören
auch die Adj.: mhd. haz, mndl., mndd. hāt
feindlich, erzürnt, verhaßt (< *χata-), as.
hōti erzürnt, feindlich (< *χōta-; vgl. auch
hazzal).

Fick 3 (Germ.)⁴ 68 f.; Holthausen, As. Wb. 33. 36;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 257. 271; Berr, Et. Gl. to Hel. 190;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 16. 192; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 244; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. 2, 215; Verwijs-Verdam, Mndl. wb.
3, 174 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 224; Vries,
Ndls. et. wb. 230; Holthausen, Afries. Wb.² 40; Richt-
hofen, Afries. Wb. 797; Fryske wb. 8, 74; Holthausen,
Ae. et. Wb. 157; Bosworth-Toller, AS Dict. 534;
Suppl. 539; ME Dict. s. v.; OED² s. v.; Vries, Anord.
et. Wb.² 213; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 185; Fritzner,
Ordb. o. d. g. norske sprog 1, 741; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 107; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
1, 370 f.; Nielsen, Dansk et. ordb. 171; Ordb. o. d.
danske sprog 7, 685 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 201;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 339 f.; Svenska akad.
ordb. s. v.; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 247 f.; Leh-
mann, Gothic Et. Dict. H-45. Lexer 1, 1197.
Bammesberger 1990: 212; A. Casaretto, HS 113
(2000), 228; Casaretto 2004: 561.

Urgerm. *χat-az/iz- < vorurgerm. *kh₂d-es-
setzt unter Verallgemeinerung der Akzen-
tuierung des st. St. und der Vokalstufe des
sw. St. einen proterodynamischen s-St.
uridg. nom.sg. *kéh₂d-os : gen.sg. *kh₂d-és-
fort. Der s-St. ist von der Verbalwz. uridg.
*keh₂d- seelisch aufgewühlt werden abge-
leitet, die nur in gr. κήδομαι sorge mich, bin
besorgt
(< *kéh₂d-e/o-) fortgesetzt ist. No-
minale Ableitungen sind dagegen weit ver-
breitet. Ebenfalls ein s-St. liegt vor in gr.
κῆδος n. Sorge, Trauer, Drangsal (<
*kéh₂d-os; vgl. auch als HG -κηδής [in
ἀκηδής unbesorgt, unbestattet und προσ-
κηδής sorgenvoll, befreundet]), vielleicht
auch in mkymr. cawdd m. Zorn, mbret.
cuez, bret. keuz, korn. kueth Bedauern,
Kummer
, falls diese Formen auf urkelt.
*kād-os- (vgl. Irslinger 2002: 200) und nicht
auf *kād-o- (so Casaretto 2004: 561) zurück-
führen. Ein s-St. könnte auch die Grundlage
für mir. cais(e/i) Haß, Liebe, mkymr.,
mbret., korn. cas Haß sein, falls dieses aus
*kh₂d-s-i- stammt (de Bernardo Stempel
1999: 149); jedoch ist als Vorform auch
*kh₂d-ti- nicht auszuschließen (vgl. Irslinger
2002: 199 f.).

Anders gebildet sind osk. (gen.sg.) cadeis
Feindschaft (entweder < urit. *kād-o- oder
*kad-i-) und av. sādra- Leid, Unheil, npers.
sār Schmerz, Leid (< *keh₂d-ro-).

Walde-Pokorny 1, 340; Pokorny 516 f.; LIV² 319;
Bartholomae, Airan. Wb.² 1570 f.; Frisk, Gr. et. Wb.
1, 836 f.; Chantraine, Dict. ét. gr. 522 f.; Untermann,
Wb. d. Osk.-Umbr. 359 f.; Fick 2 (Kelt.)⁴ 68; Hessens
Ir. Lex. 1, 131; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. C-22;
Dict. of Irish C-50 f.; Dict. of Welsh 1, 435. 442. E.
Hamp, SCelt 12/13 (19771978), 3; Stüber 2002:
114 ff. 200.

S. hazzên, hazzôn.

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