hinkanAWB (prät. hank, *hunkun, part.prät.
*gihunkan) st. v. III, in Gl. seit dem letzten
Viertel des 8. Jh.s, bei O und Nps, Npw: ‚hin-
ken, schwanken, fehlgehen; claudicare, emar-
cescere‘ 〈Var.: -ch-〉. — Mhd. hinken st. v.
‚hinken, lahm sein‘, in der Wendung ûz der
mâze hinken ‚das Maß überschreiten‘,
frühnhd. bei Luther bereits sw.prät. und sie
hinketen umb den altar (1. Könige 18, 26) ge-
genüber hank bei H. Sachs, nhd. hinken sw. v.
‚lahm gehen, beim Gehen ein Bein nachziehen
oder in der Hüfte einknicken‘, übertr. ‚rhyth-
misch holprig sein‘ [von Versen], ‚nicht ganz
korrekt sein‘ [von Vergleichen], in den Wen-
dungen er hinkt auf beiden Seiten ‚er hält es
mit allen Parteien‘, der hinkende Bote kommt
nach ‚guten Nachrichten folgen unangeneh-
me‘, vorwiegend obd. Mundarten haben im
Part.Prät. noch teilweise st. Formen bewahrt:
z. B. schweiz. g’hunken (Schweiz. Id. 2, 1467),
bair., bad. gehunken neben sw. gehinkt
(Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1133; Ochs, Bad.
Wb. 2, 715), thür. gehunken, gehonken, ge-
hunkt (Belege bis Ende des 19. Jh.s; Spangen-
berg, Thür. Wb. 3, 157).
Ahd. Wb. 4, 1110; Splett, Ahd. Wb. 1, 388; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 549; Schützeichel⁶ 162; Starck-Wells 276;
Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 323; Seebold,
ChWdW8 162; Graff 4, 962; Lexer 1, 1298 f.; 3, Nachtr.
241; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 108 (claudicare). 223
(emarcescere); Dt. Wb. 10, 1444 ff.; Kluge²¹ 309; Klu-
ge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 543. — HDA 4, 58—61; Röh-
rich 2004: 2, 719.
Ahd. hinkan ist die Ableitungsbasis für nur
mhd. belegtes hanken sw. v. I ‚hinken, lah-
men‘ (Lexer 3, Nachtr. 227) < westgerm.
*χankei̯e/a- und hanc adj. ‚hinkend, lahm‘
(Lexer 1, 1165) < westgerm. *χanka-.
Dem ahd. st. Verb entsprechen: mndd. hinken
sw. v. ‚hinken, lahm gehen, unsicher gehen‘,
in der Redewendung den hunt hinken lāten ‚es
nicht ganz genau nehmen, wankend werden‘;
mndl., nndl. hinken ‚hinken, lahm gehen‘;
nfries. hinkje ‚lahm gehen, sich auf einem Fuß
hüpfend fortbewegen‘; ae. hincian sw. v. ‚hin-
ken‘ (hincodon ist für luncodon ‚claudicaue-
runt‘ konjiziert, für diesen Ansatz spricht auch
das Komp. helle-hinca m. ‚Teufel‘, eigtl.
‚Höllen-Hinker‘), daneben schwundstufiges
huncettan mit der Fortsetzung des Suffixes
urgerm. *-ati̯a- zur Bildung von Verben mit
intensiv-iterativer Bedeutung (vgl. ae. floget-
tan, ahd. flogazzen ‚flattern‘; Krahe-Meid
1969: 3, § 193), ne. schott. †hink ‚hinken,
taumeln‘ ist wohl aus dem Nordgerm. entlehnt
(vgl. OED² s. v.): < westgerm. *χinke/a- mit
Hebung von *e > *i vor Nasal und Konsonant
(Krahe-Meid 1969: 1, § 35, 3).
Für die nordgerm. Wörter aisl., fär. hinka
sw. v. ‚hinken, humpeln‘, ndän. hinke ‚hinken,
auf einem Bein hüpfen, wankelmütig sein‘,
nnorw. hinke ‚humpeln‘, nschwed. dial. hinka
‚hinken, humpeln, verzögern, zaudern‘ nimmt
man wegen des nicht eingetretenen Lautwan-
dels *-ink- > nordgerm. -ekk- (vgl. aisl. drekka
‚trinken‘, brekka ‚bringen‘; vgl. Noreen
[1923] 1970: §§ 110, 1. 266, 3) Entlehnung
aus dem Mndd. an. Vom Verb abgeleitet ist
aisl. hinkr n., nisl. hinkur ‚Zaudern‘, das wie-
derum die Ableitungsbasis für nisl., nnorw.
hinkra sw. v. ‚hinken, etwas ein bißchen ver-
zögern‘ bildet.
Westgerm. *χinke/a- < *χenke/a- stellt sich zu
s-mobilehaltigen germ. Wörtern wie ahd.
skinka/o f./m. n-St. ‚Schenkel, Schienbein‘
(s. d.) < westgerm. *skinkō/an- neben o-
stufigem ae. sc(e)anca sw. m. ‚dss.‘ < west-
germ. *skankan-, aisl. adj. skakkr ‚schief,
lahm, ungerecht‘ < *skanka- (zu *-nk- > -kk-
s. o.).
Seebold, Germ. st. Verben 255; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. 2, 1, 315; Schiller-Lübben, Mndd. Wb.
2, 272; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 443; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 253; Suppl. 71; Vries, Ndls. et. wb. 258;
Et. wb. Ndl. F-Ka 435; Fryske wb. 8, 373; Doornkaat
Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 2, 88; Dijkstra, Friesch
Wb. 1, 519; Holthausen, Ae. et. Wb. 160; Bosworth-
Toller, AS Dict. 526 (s. v. helle-hinca); Suppl. 542;
Suppl. 2, 41; OED² s. v. †hink; Vries, Anord. et. Wb.²
228; Bjorvand, Våre arveord 377 f.; Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 827. 1026; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 1,
817; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 114; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 406; Nielsen, Dansk et.
ordb. 183; Ordb. o. d. danske sprog 8, 153 ff.; Torp,
Nynorsk et. ordb. 214; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 354;
Svenska akad. ordb. s. v. — Fischer 1909: 31. 99. 112; R.
Lühr/K. Matzel, ZVSp 99 (1986), 256 f.; Southern 1999:
203.
Außergerm. ist urgerm. *χenke/a- mit den s-
mobilehaltigen Varianten gr. σκάζω ‚hinke‘ <
vorurgr. *skg-i̯é/ó- und pāli khañjati ‚hinkt‘
< vorurindoar. *skénge/o- (aus dem Mi.
stammt auch ai. klass. khañjati ‚hinkt‘; zur
Entwicklung von *sk zu mi. kh- s. K. Hoff-
mann bei F. Sommer, FS Debrunner 1954:
426) zu verbinden.
Walde-Pokorny 2, 564; Pokorny 930; LIV² 555; Mayr-
hofer, K. et. Wb. d. Aind. 1, 297; Frisk, Gr. et. Wb. 2,
714; Chantraine, Dict. ét. gr. 1008 f. — Werba 1997:
457.
S. auch skinko/a.