hirmen
Volume IV, Column 1055
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hirmenAWB sw. v. I, nur in NMC, Ni:
ruhen, ablassen von, aufhören; conquiesce-
re, quiescere
. Mhd. hirmen ruhen, rasten
(vgl. behirmen sich fügen, gehorchen), nhd.
mdartl. schweiz. hirmen (aus-)ruhen, bair.
veraltet hirmen ablassen, ruhen.

Ahd. Wb. 4, 1134; Splett, Ahd. Wb. 1, 390; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 552; Schützeichel⁶ 168; Graff 4,
1034; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 135 (conquiescere);
Lexer 1, 1303. Raven 196367: 1, 71; Riecke 1996:
665. Schweiz. Id. 2, 1608; Fischer, Schwäb. Wb. 2,
213; Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1163.

Das Verb hat nur im Andfrk. und Mndl. Ent-
sprechungen: andfrk. ge-hirmon ruhen; re-
quiescere, cessare
, mndl. hermen ruhen, ra-
sten
.

Fick 3 (Germ.)⁴ 79; Quak, Wortkonkordanz zu d. am.-
u. andfrk. Ps. u. Gl. 65; Quak, Die am.- u. andfrk. Ps. u.
Gl. 200; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 377.

Das Wort hat bisher keine befriedigende
Etymologie. Der Vergleich mit lit. kirmti,
kirmti (Pokorny 582) ist verfehlt, denn die
Bedeutung anfaulen, faul werden ist nur ei-
ne sekundäre Entwicklung der Grundbedeu-
tung voller Würmer, wurmstichig werden
(zu kirmìs Wurm; vgl. Fraenkel, Lit. et. Wb.
257). Zur möglichen Anknüpfung an ai.
rmyati wird müde (Fick 3, a. a. O.) s. u.

Die Grundbedeutung des Verbs urgerm.
*χermie/a- ist wohl unterbrechen, eine Pau-
se machen
; es ist vielleicht eine m-
Erweiterung der idg. Wz. *kerH- hängen
(Pokorny 573; LIV² 353), die eigentlich
(eine Tätigkeit) hängen lassen bedeutet
(vgl. lat. suspendere aufhängen, aber auch
einhalten, unterbrechen, auch hemmen
[s. u.]; suspensus bedeutet u. a. von der Ar-
beit befreit, arbeitsfrei, feiernd
[Georges
1913: 2, 2978 f.]). Die Bedeutung sich fü-
gen, gehorchen
kann aus anhängen ent-
standen sein (die Bed.entwicklung des
schwäb. Wortes ist dunkel).

Zur Wz. *kerH- gehören lit. kárti hängen,
aufhängen
(< *korH-), wohl auch (trotz Po-
korny 934; Vries, Anord. et. Wb. 232 u. a.)
ae. heorr, heorra, aisl. hjarri, hjarra
Türangel (vgl. LIV² 353; zur Bedeutung
vgl. ne. hinge, mndl. hengere, hengsel, Ki-
liaan henghe; poln. zawias Türangel, alle
zu Verben, die [auf-]hängen bedeuten).

Zu einer Wurzelvariante *kremH- (vgl. Kui-
per 1937: 62; J. Bechert, MSS 20 [1967],
5 ff.; E. P. Hamp, MSS 25 [1969], 57) gehört
wohl (trotz Chantraine, Dict. ét. gr. 581) gr.
κρεμάννυμι, κρίμνημι hänge, hänge auf;
auch got. hramjan kreuzigen, ae. hremman
hemmen, hindern, mndl. remmen hemmen
(zur Bed. s. o.: lat. suspendere), aisl. hremma
packen, greifen (vgl. ne. hang on to sich
klammern an, festhalten
; aisl. hrammr
Klaue ist wohl ein Deverbativum der Pak-
kende
).

Pokorny stellt diese Verben zu zwei verschiedenen
Wurzeln: zu *(s)kerb(h)-, *(s)kreb(h)-, nasaliert
*(s)kremb- drehen, krümmen usw. (948 f.), was
nicht möglich ist, da -mb- im Got. nie zu -mm- wird
(vgl. got. lamba pl. Lämmer, wamba Bauch, Leib);
auch zu einer nur im Germ. und Slaw. belegten Wz.
*krom- Gestell aus Latten, hölzerne Umzäunung
(623 f., mit fraglichen Bed.verschiebungen). Zusam-
menhang mit der idg. Wz. *(s)kerH- schneiden
(Lehmann, Gothic Et. Dict. H-94; Fraenkel, a. a. O.
224 f.) ist aus semantischen Gründen wohl abzuleh-
nen.

Das sehr problematische Verb ai. rmyati
wird müde, müht sich ab hat man versucht,
hierher zu stellen (zuerst Fick 3, a. a. O., da-
nach J. Bechert, a. a. O.; E. P. Hamp, a. a. O.;
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. 3, 390 f.;
ders., Et. Wb. d. Altindoar. 2, 664), aber das
palatale scheint dagegen zu sprechen (vgl.
lit. kárti mit Velar), es sei denn, daß eine
Wurzelvariante *rem- angesetzt werden
könnte (vgl. z. B. die Farbwurzel *er- neben
*ker- [Pokorny 573]). Dagegen wäre ein
Vergleich mit dem gleichbedeutenden Verb
ai. klmyati ohne Weiteres möglich (das -l-
geht wohl auf idg. *-r- zurück; vgl. Mayrho-
fer, K. et. Wb. 1, 281 f.; J. Bechert, a. a. O. 8
Anm. 10; Pokornys Ansatz einer Wz. *klem-
ist sicher verfehlt). Vielleicht ist ein urspr.
*krmyati unter dem Einfluß von myati
wird ruhig, kommt zur Ruhe, hört auf, läßt
nach
(Mayrhofer, a. a. O. 3, 325 f.) zu
rmyati geworden; klmyati könnte dann
eine l-Variante derselben Wz. sein.

Holthausen, Ae. et. Wb. 156. 173; Verwijs-Verdam,
Mndl. wb. 6, 1274 f.; Vries, a. a. O. 232. 254; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 830. 844; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 116. 126; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 270;
Lehmann, a. a. O. Frisk, Gr. et. Wb. 2, 13 f.; Fraen-
kel, a. a. O. 224 f.

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