holko
Volume IV, Column 1112
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holkoAWB m. n-St., nur in Gl. (bair., mfrk.),
vorwiegend im SH, seit dem 12. Jh.: Last-
schiff, Frachtschiff; actuaria navis
(eigtl.
schnelles Schiff, die Angabe des Verwen-
dungszweckes onerariae naves quae alimen-
ta et suppellectilem portant Lastschiffe, die
Nahrungsmittel und Gerätschaften transpor-
tieren
führt zu dem Bedeutungsansatz Last-
schiff
) Var.: -ch-. In holechen (Gl.
3,370,31, mfrk., 12./13. Jh.) hat sich zwi-
schen l und k (ch) ein Sproßvokal entwickelt
(vgl. K. Lippe, MSS 42 [1983], 112. 134 und
Anm. 103). Mhd. holche sw. m. Last-
schiff
, nhd. veraltet Holk, Hulk, Hülk m. n.
Lastschiff mit flachem Boden; die seit dem
19. Jh. belegte Bedeutung ausrangiertes, ab-
getakeltes Schiff, das für unseemännische
Zwecke genutzt wird (z. B. als Gefängnis)

stammt aus dem Ndd.; vgl. auch Kohlehulk.

Ahd. Wb. 4, 1212; Splett, Ahd. Wb. 1, 1219; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 558; Schützeichel⁶ 165; Starck-Wells 282;
Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 368; Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 726; Graff 4, 892; Lexer 1, 1325;
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 424 (actuaria navis); Dt. Wb.
10, 1743. 1895; Kluge²¹ 294 (s. v. Hulk); Kluge²⁴ s. v.

Die Schiffsbezeichnung ist in weiteren west-
germ. Sprachen und im Nordgerm. verbreitet:
mndd. holk, hollek, hulk m., hulke f. Last-
schiff mit breitem, flachem Boden
(anfangs
ohne Kiel und Steven; durch entsprechende
Veränderungen konnte es auch als Kriegs-
schiff genutzt werden); mndl. hulk, holk, hulke
f. Frachtschiff, großes Handelsschiff, nndl.
hulk Frachtschiff; nfries. hulk großes
Frachtschiff
(Erstbeleg 1859, der Schiffstyp
war vom 15.17. Jh. im Gebrauch); ae. hulc
m. einmal leichtes Schiff, sonst Fracht-
schiff, Lastschiff
(seit 1000 belegt), me. hulk
ein bestimmter Schiffstyp, Handelsschiff,
Kriegsschiff
, ne. hulk Schiffsrumpf, veraltet
großes, schwerfälliges Schiff; aisl. nur in der
Zuss. holkastefndr mit Steven wie ein holkr,
aschwed. holker Frachtschiff, auch Kriegs-
schiff
, nschwed. holk abgetakeltes Schiff: <
urgerm. *χulkan-.

Zur Herkunft des Wortes existieren zwei ge-
gensätzliche Auffassungen: H. Falk, WuS 4
(1812), 88, Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1,
416, Kluge21,24 s.vv. u. a. nehmen für ahd. hol-
ko usw. eine Entlehnung aus mlat. holcas
Lastschiff an, das wiederum aus gr. ὁλκάς f.,
gen.sg. ὁλκάδος Zug-, Lastschiff stammt. (In
der Tat gibt es im Ahd. Entlehnungen aus dem
Gr., die über das Mlat. oder Spätlat. vermittelt
worden sind; vgl. z. B. ahd. bambas Wams
[11./12. Jh.], das über spätlat. bambax aus gr.
πάμβαξ übernommen wurde).

Nach Kluge 1911: 384, O. Heinertz, PBB 41
(1916), 493 u. a. handelt es sich dagegen um
ein germ. Erbwort, das unmittelbar zu ält. dän.
hulk etwas Hohles, Faß, aschwed. holkr m.
Kübel, Bütte, schwed. hålk, norw. dial. holk,
hylke Holzgefäß, ae. holc Höhlung gehört,
alles Ableitungen mit dem Suffix urgerm. *-k-
vom Adj. *χula- hohl ( hol¹) (vgl. mndd.
dork Kielraum des Schiffes < *þurka-; Klu-
ge 1911: 202; Krahe-Meid 1969: 3, § 153, 3).
Die Grundbedeutung Ausgehöhltes, Hohles,
Hohlgefäß
müßte in diesem Fall auf den
durch einen großen Frachtraum charakterisier-
ten Schiffstyp übertragen worden sein. Da der
gleiche Benennungstyp bei ahd. skif (s. d.)
usw. < urgerm. *skipna-, eigtl. Ausgehöhl-
tes
, begegnet, ist die Annahme eines Erbwor-
tes vorzuziehen.

Aus dem Nordgerm. ist ostseefinn. hulkka
Bottich, Bütte übernommen.

Fick 3 (Germ.)⁴ 81 (zu urgerm. *χulka- in der Bedeu-
tung Ausgehöhltes); Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 1, 340 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2,
338; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 735 f.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² Suppl. 74; Vries, Ndls. et. wb. 273;
Fryske wb. 9, 125; Holthausen, Ae. et. Wb. 177; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 565; Suppl. 570; ME Dict. s. v.
hulk 2.; OED² s. v. hulk n.²; Vries, Anord. et. Wb.² 247;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 2, 36; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 1, 416; Ordb. o. d. danske sprog 8,
419; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 361; Svenska akad.
ordb. s. v.; Kylstra, Lehnwörter 1, 119. Fischer 1909:
59; Kluge 1911: 383 f.

Während mlat. holcas aus gr. ὁλκάς f. (s. o.)
stammt, ist gleichbedeutendes mlat. hulka,
hulca, das in afrz. hulke f. Transportschiff
(Beleg von 1326), mfrz. hulque, hulke, houl-
que fortgesetzt ist, aus dem Germ. entlehnt.
Aus dem Frz. wurde das Wort wohl als italien.
orca, katal., span., port. urca übernommen.

Gr. ὁλκάς f., die Entlehnungsbasis für mlat.
holcas, ist ein Verbalnomen zu ἕλκω ich zie-
he
aus idg. *selke/o- dss..

LIV² 530 f. (*selk- ziehen); Frisk, Gr. et. Wb. 2, 377 f.;
Chantraine, Dict. ét. gr. 792 (s. v. ὁλκή); Niermeyer,
Med. Lat. lex.² 1, 661; Du Cange² 4, 213. 261; Körting,
Lat.-rom. Wb.³ Nr. 4665; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³
Nr. 4229a; Wartburg, Frz. et. Wb. 16, 264; Gamillscheg
1969: 529. Müller-Frings 196668: 2, 22.

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