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Volume V, Column 29
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ihAWB pers.pron., seit dem 8. Jh. in Gl. und
liter. Denkmälern: ich; ego Var.: ich, ihc,
i; ic, ik, ick, ig; eh, e; h(i)i(c)h, enkl. auch
-(c)h. Mhd. ich, nhd. ich.

Ahd. Wb. 4, 1465 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 420; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 567; Schützeichel⁷ 163; Starck-
Wells 297 f. XLIII. 823; Schützeichel, Glossenwort-
schatz 4, 487 f.; 5, 1 ff.; Seebold, ChWdW8 167; ders.,
ChWdW9 440; Graff 1, 117 f.; Lexer 1, 1411; Früh-
nhd. Wb. 8, 2; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 197 (ego);
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 220 (ego); Dt. Wb. 10,
2017 ff.; Kluge²¹ 323 f.; Kluge²⁵ s. v. ich; Pfeifer, Et.
Wb.² 569. Bergmann 1991: 396 f.

Das Wort ist gemeingerm. Ursprungs. Es
entsprechen: as. ik, mndd. ik; andfrk. ik, ic,
ek, ec, i, ich, mndl. ik, ic, yc, hic, nndl. ik;
afries. ik, nwestfries. ik, saterfries. iek; ae. i,
ih, me. (h)ic(c), (h)yc, yk, yg, ich, ne. I; run.
ek, unbetont bzw. enkl. auch -ka, -eka, aisl.
ek, enkl. auch -k, nisl. eg, ég, fär. eg, adän.
iak, œk, ak, ndän. jeg, nnorw. (bm.) jeg, (nn.)
eg, aschwed. iak, iœk, iagh, nschwed. jag;
got. ik; krimgot. ich: < urgerm. *ek(an).

Bei den westgerm. Formen mit i- ist der
Anl. aus der Schwachtonrealisierung von ur-
germ. *e- verallgemeinert. Viele der bezeug-
ten Formen in den germ. Einzelsprachen sind
hinsichtlich der urgerm. Vorform nicht aus-
sagekräftig, die aschwed. und adän. Formen
mit anl. ia-, iœ- erfordern aufgrund der Bre-
chung des Vokals jedoch notwendig ur-
germ. *ekan, ebenso die enkl. Formen run.
-ka, -eka.

Die auffällige Schreibung krimgot. ich be-
ruht entweder auf tatsächlicher starker As-
piration des Verschlusslauts oder auf einer
Aussprachegewohnheit des krimgot. Infor-
manten.

Fick 3 (Germ.)⁴ 23; Tiefenbach, As. Handwb. 197;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 291 f.; Berr, Et. Gl. to Hel. 212;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 197; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. 2, 1, 410; ONW s. v. ik; VMNW s. v.
ic; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 808 f.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 274; Suppl. 75 f.; Vries, Ndls. et. wb.
279; Et. wb. Ndl. F-Ka 502; Boutkan, OFris. et. dict.
191; Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 243; Richthofen,
Afries. Wb. 848; Fryske wb. 9, 262 f.; Dijkstra,
Friesch Wb. 2, 9; Fort, Saterfries. Wb. 115; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 185; Bosworth-Toller, AS Dict.
585; Suppl. 587; ME Dict. s. v. ich; OED² s. v. I pron.;
Vries, Anord. et. Wb.² 98 f.; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
52; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 1, 292. 316;
Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 48; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 472; Magnússon, sl. Orðsb. 145;
Nielsen, Dansk et. ordb. 211; Ordb. o. d. danske
sprog 9, 784 ff. (jeg²); Bjorvand, Våre arveord² 540 ff.;
Torp, Nynorsk et. ordb. 84; NOB s. vv. (bm.) jeg²,
(nn.) eg²; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 417; Svenska
akad. ordb. s. v. jag; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 291 f.;
Lehmann, Gothic Et. Dict. I-14; Stearns, Crimean
Gothic 62. 80 f. 102. 138 f. Guchman 196266: 3,
305 f. 344; Seebold 1984: 16. 1924. 87. 98; Ganina
2011: 127.

Neben der in urgerm. *ek(an) < uridg. *(h₁)e-
h₂-om fortgesetzten Form leben in den idg.
Sprachen sowohl Kontinuanten der uner-
weiterten Wurzel uridg. *(h₁)e als auch
solche mit einer anderen Pkl., uridg. *-oh₂,
weiter. Pfeifer, Et. Wb.² 569 geht noch (wie
schon Walde-Pokorny 1, 116) von einer Ab-
leitung mit einer Pkl. *-(h)o- vom Pron.st.
*e- aus und deutet das Wort als meine
Hierheit
. Diese Lösung ist zu verwerfen.
Die Basis ist vielmehr ein Pron.st. uridg.
*(h₁)e-, an den einzelsprachlich z.T. unter-
schiedliche Pkl. bzw. Pkl.ketten angetre-
ten sind, so etwa uridg. *-oh₂ im Lat. und Gr.
(> urit., urgr. *-ō), uridg. *-(h₂)-óm im Ur-
slaw. (> urslaw. *-um > gemeinslaw. *),
uridg. *-h₂-óm im Urindoiran. (> urindoiran.
*-Ham), wobei die Ähnlichkeit dieser Pkl.
mit den verbalen Sekundärendungen der
1.Pers.Sg. ins Auge fällt. Bei uridg. *-om
könnte es sich um eine urspr. emphatische
Pkl. handeln. Uridg. *-h₂- in uridg. *-h₂-óm
ist die schwundstufige Form der Pkl. ur-
idg. *-oh₂. Der Laryngal in der angetretenen
Pkl.(kette) ist als uridg. *h₂ zu bestimmen,
da nur so die Form ai. ahám lautgesetzlich
zu erklären ist: Uridg. *(h₁)e-om hätte ai.
ajám ergeben. Alternativ kann die ai. Form
mit analogischer Übernahme des -h- aus
anderen Formen des Paradigmas, etwa dem
Dat.Sg. mahyám (so z.B. Lühr 1982: 376
Anm. 2), erklärt werden, wenn man die oben
postulierte Existenz einer Pkl.kette ablehnt.

Das Balt. zeigt den unerweiterten St., weist
aber eine auffällige, vielleicht expressive
Auslautverhärtung auf, die im Balt. sonst
nicht auftritt.

Lat. egō, ego: Die Form egō hat ihren Lang-
vokal vielleicht analogisch nach der Endung
der 1.Sg.Präs. -ō restituiert, während ego die
lautgesetzlich zu erwartende Form mit Iam-
benkürzung im Zweisilbler zeigt. Weiter sind
im It. belegt: fal. eqo, eko, ego, südpiken.
ekú (?), venet. eχo und osk. íív: Die Bed. von
osk. íív ich ist nur erschlossen. Wenn sie
zutrifft, bleiben mehrere Möglichkeiten der
lautlichen Entwicklung offen; z.B. urit. *egō
> *eiū > *ēu > īv, erwogen wurde auch Ver-
schreibung für oder iiú = *eō < urit. *egō.

Im Gr. ist die übliche Form ἐγώ(ν). Böot. ἰω,
ἰων ist entweder eine Kontaminationsform
aus urgr. *egō x *egon < uridg. *(h₁)e-oh₂ x
*(h₁)e(-h₂)-om, oder es handelt sich bei
dem ausl. Nasal um das auch sonst im Gr.
öfter an ausl. Vokale antretende ny-ephel-
kystikon.

Das Iran. zeigt die Entwicklung uriran.
*aám > aav. azǝ̄m, jav. azǝm, apers. adam,
daneben vielleicht als Fortsetzer der uner-
weiterten Form uriran. *a aav. as(-ci) ich
fürwahr
(Yt 46, 18); aav. as° wird aber von
anderen Forschern auch als Akk.Pl. Kno-
chen
aufgefasst. Weiter ist das Lexem in
khotanes. aysu, christl. sogd. zu, pato zǝ,
munji etc. fortgesetzt.

Aarm. es setzt am ehesten uridg. *(h₁)e-
(-h₂)-om fort, zeigt aber wie das Balt. noch
eine Auslautverhärtung. Bei lautgesetzli-
cher Entwicklung wäre aarm. ec zu erwar-
ten.

Alle slaw. Sprachen haben gleichfalls Kon-
tinuanten von uridg. *(h₁)e(-h₂)-om: aksl.
(j)azъ, aruss. jazъ, ja, russ. ja, ukrain. ja,
wruss. ja, slowen. jȁz, jz, j, serbo-kroat. j,
bulg. (j)az, bulg. dial. ja, maked. ja, apoln.
jaz, poln. ja, atschech. jáz, tschech. já, slo-
wak. ja, osorb., ndsorb. ja, polab. jo(z), jose.

Die slaw. Formen können lautgesetzlich
sein, wenn man Winters Gesetz (Dehnung
von uridg. Kurzvokal vor Media) akzeptiert.
Indirekt würde dies auch den Ansatz einer
Wurzel uridg. *(h₁)e- stützen und die An-
nahme, dass die Aspiraten im Indoriran. auf
der Wirkung von suffixalem *-h₂- beruhen.
Akzeptiert man Winters Gesetz nicht, müs-
sen die urspr. langvokalischen Formen des
Slaw. analogisch erklärt werden, etwa nach
dem Pers.Pron. der 2.Sg. urslaw. *tū > aksl.
etc. ty oder durch Kontraktion mit der Konj.
urslaw. *ā: urslaw. *ā + *ezum > urslaw.
*āzu > gemeinslaw. *azъ oder als expressive
Dehnung. Der Zusammenhang mit den balt.
Formen, lit. à, dial. lit. e, lett. es, apreuß.
as, zweimal auch apreuß. es, bleibt ohnehin
schwierig: Die balt. Formen mit anl. e- dürf-
ten die urspr. sein, die mit anl. a- zeigen dial.
Öffnung des Anlautvokals urbalt. *e- > a-,
die auch sonst zu beobachten ist. Erkennt
man Winters Gesetz an, müsste die Aus-
lautverhärtung
vor dem Einsetzen dieses
Lautgesetzes erfolgt sein, da keine Dehnung
zu beobachten ist.

Der Beleg thrak. ας bleibt unsicher.

Heth. ūk, uga setzt ebenfalls uridg. *(h₁)e-
fort, dabei wurde aber anl. *e- analogisch
durch u- nach dem Akk.Sg. ammug(a) (nach
einer Reanalyse ammu-g[a] > amm-ug[a]),
der letztlich auf uridg. *eme + ge zurück-
geht, ersetzt, wohin es wiederum aus der
Form der 2.Sg.Akk. tuk gelangt sein dürfte.

Im Toch. zeigen sich einige Besonderheiten:
Bezeugt sind toch. B nom./akk. ña, toch. A
m. vs. ñuk f. Toch. A zeigt mit der Ge-
nusunterscheidung beim Pers.pron. der 1.Sg.
eine typolog. Auffälligkeit innerhalb der idg.
Sprachen. Toch. A m. geht wohl auf eine
Kontamination von urtoch. * o. ä. < uridg.
pers.pron. 1.sg.akk. *me zurück und urtoch.
*yäku < uridg. *(h₁)e-oh₂-óm o. ä. Toch. B
nom./akk. ña könnte auf vorurtoch. *meme
+ ge zurückzuführen sein, also auf das redup-
lizierte Pers.pron. 1.Sg.Akk. plus einer Pkl.,
und wäre somit direkt mit gr. ἐμέ γε und got.
mik, ahd. mih etc. < uridg. *me + ge zu ver-
gleichen.

Im Kelt. wurde die Vorform uridg. *(h₁)e-
oh₂ bzw. *(h₁)e(-h₂)-om durch aus den
obliquen Kasus verallgemeinerte Formen mit
*m- ersetzt; vgl. etwa air. mé, me-sse. Viel-
leicht ist die ältere ererbte Form in allerdings
teilweise beschädigten gall. Inschriften (Vol-
tino, Chamalières, Lezoux 67) doch noch als
<ec>, enkl. <-c> bzw. <eo> fortgesetzt (V.
Blaek, Talanta 4243 (20102011 [2012]),
177184). Da für alle diese Inschriften meh-
rere alternative Lesungen bzw. Vorschläge
zur Worttrennung vorliegen, ist die weitere
Diskussion abzuwarten.

Walde-Pokorny 1, 115 f.; Pokorny 291; Mayrhofer,
KEWA 1, 68; ders., EWAia 1, 155; Rastorgueva-
Edelman, Et. dict. Iran. lang. 1, 294 f.; Bartholomae,
Airan. Wb.² 225 ff.; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 441; Chan-
traine, Dict. ét. gr. 311; Beekes, Et. dict. of Gr. 1,
373; Untermann, Wb. d. Osk.-Umbr. 340 f.; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 395 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 192 f.; de Vaan, Et. dict. of Lat. 187; Thes.
ling. lat. 5, 2, 250 ff.; Du Cange² 3, 16; Körting, Lat.-
rom. Wb.³ Nr. 3209; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr.
2830; DEAF J-229 ff.; Wartburg, Frz. et. Wb. 3, 207;
Hübschmann, Arm. Gr. 442; Martirosyan, Et. dict. of
Arm. 256 f.; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 72; Berne-
ker, Slav. et. Wb. 1, 35; Trubaëv, t. slov. slav. jaz.
1, 100 ff.; Derksen, Et. dict. of Slav. 31; Et. slov. jaz.
staroslov. 53 f.; Bezlaj, Et. slov. slov. jez. 1, 222 f.;
Snoj, Slov. et. slov.² 237; Vasmer, Russ. et. Wb. 3,
475 f.; ders., t. slov. russ. jaz. 4, 538; Schuster-ewc,
Hist.-et. Wb. d. Sorb. 416; Olesch, Thes. ling. drav.-
polab. 378; Fraenkel, Lit. et. Wb. 18; Smoczyski,
Słow. et. jz. lit. 25 f.; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt.
Wb. 1, 571; Karulis, Latv. et. vārd. 1, 271 f.; Traut-
mann, Apreuß. Spr.denkm. 269 f. 303 f.; Maiulis,
Apreuß. et. Wb. 1, 98 ff.; Toporov, Prusskij jazyk A-D
113 ff.; Kloekhorst, Et. dict. of Hitt. 112115. 912;
Windekens, Lex. ét. tokh. 73; Adams, Dict. of Toch. B
265 f. Lejeune 1974: 333 f.; G. Schmidt 1978: 21
37. 45 f. 50. 5759. 109 f.; Lühr 1982: 376378;
Schrijver 1991: 36; K. Shields, HS 106 (1993), 2025;
ders., TIES 6 (1993), 189196; V. Blaek,
Dhumbadji! 2/3 (1995), 115; Sihler 1995: 368 f.;
Lindeman 1997: 148. 150; Meiser [1998] 2010: 156;
Babaev 2008: 4751. 139144. 145 f. 172; K. Shields,
IF 113 (2008), 7682; L. Dokalová, V. Blaek, in
Kümmel 2011: 1334; Orel 2011: 4, 286 f.

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