itis
Volume V, Column 235
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itisAWB f. ō-St.?/ i-St.?, ggf. auch itinsaAWB f.
ō-/jō-St., in Gl. ab dem 8. oder 9. Jh., in MZ,
bei O: hochstehende (verheiratete) Frau;
matrona
Var.: -d-. Während der Nom.Pl.
idisi (MZ I; mit as. Konsonantismus) auf i-
stämmige Flexion deutet, lässt der Dat.Sg.
itis bei O alte kons.stämmige Flexion ver-
muten.

Das Subst. begegnet in ahd. Zeit als VG in
einigen PN, z.B. Idislind (8. Jh.; Förste-
mann [191016] 196668: 1, 947; A. Sche-
rer, BNF 4 [1953], 19), Itispur(u)c (8. Jh.;
Förstemann, a. a. O. 1, 946) sowie im KurzN
Ittis (8. Jh.; Förstemann, a. a. O. 1, 946). Das
Subst. findet sich nur im Ahd., As. und Ae.,
bereits im Mhd. ist es nicht mehr bezeugt.

Ahd. Wb. 4, 1759; Splett, Ahd. Wb. 1, 430; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 638; Schützeichel⁷ 168; Starck-Wells
314; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 95; Seebold,
ChWdW9 451; Graff 1, 159. DRW 6, 192; Schatz
1927: § 356; Franck [1909] 1971: § 153 (S. 200);
Braune-Reiffenstein 2004: § 240 Anm. 1.

In anderen germ. Sprachen entsprechen: as.
idis Frau, Ehefrau; ae. ides Frau, Jungfrau,
Mädchen, Frau von Stand
; die Zugehörig-
keit von aisl. dís, norw. dis, dän. dis, schwed.
dis ist unwahrscheinlich (s.u.).

Auch das As. zeigt gewöhnlich den endungs-
losen Dat.Sg., daneben erscheinen aber auch
selten die Endungen -i, -iu, die i-stämmi-
ge Flexion voraussetzen. Ebenso stehen im
Gen./Dat. Pl. ō-stämmiges -o, -ion ne-
ben i-stämmigem -eo, -ion, -eon (Gallée
1993: 210. 220). Die Flexion im Ae. ist fast
durchweg ō-stämmig, es begegnet nur ein-
mal eine sicher sekundär schwach flektierte
Form. In PN kommt ae. ides nur spät und
wohl in importierten Namen vor.

Ahd. itis und as. idis, ae. ides weisen auf ei-
ne kons.- oder i-stämmige Vorform west-
germ. *edisi-/*edis- < urgerm. *eđesi-/
*eđes-. Die ō-stämmigen Formen des Ae.
und des As. dürften sekundär nach dieser
hochfrequenten Flexionsklasse gebildet sein.

Fick 3 (Germ.)⁴ 206; Tiefenbach, As. Handwb. 195;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 291; Berr, Et. Gl. to Hel. 212;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 197; Holthausen, Ae. et.
Wb. 185; Bosworth-Toller, AS Dict. 586; Suppl. 588;
Vries, Anord. et. Wb.² 77; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
500; Magnússon sl. Orðsb. 115; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog 1, 246 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 37; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 143;
Ordb. o. d. danske sprog 3, 766 (dis²); NOB s. v. dis¹;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 145 (distingen); Svenska
akad. ordb. s. v. dis¹.

Das germ. Wort widersetzt sich bislang einer
sicheren Etymologisierung.

Die früher öfter angenommene Zusammengehörigkeit
der nordgerm. Formen mit den westgerm. ist nicht zu
sichern und wird deshalb zu Recht bestritten. Grund
dafür ist der fehlende anl. Vokal der nordgerm. For-
men sowie deren Langvokal. Sie weisen auf urgerm.
*đīsō- < uridg. *dhé(H)seh₂- oder *dhíHseh₂-. Die
von Vries, Anord. et. Wb.² 77 angenommene Herlei-
tung aus *dhes-, nach ihm ein Iterativum zu *dhā-
geben
(wahrscheinlich ist uridg. *dheh₁- setzen,
stellen, legen
gemeint), ist sowohl morphologisch
wie semantisch nicht möglich. Formal in Frage kom-
men etwa die Wz. uridg. *dheh₁()- (Muttermilch)
saugen
(LIV² 138 f.) oder *dheH- ins Auge fassen
(LIV² 141 f.). Erwogen wurde etwa eine Verbindung
mit dem Theonym ai. Dhiáā-.

Eine Möglichkeit ist die von H. Eichner und
R. Nedoma, Sprache 42 (2000/01[2001]), 33
nach älteren Ansätzen erwogene und von
Schaffner (2005: 252 Anm. 435) zitierte
Herleitung: Ae. eodor m. Gehege, Zaun,
Wohnung, Einfassung, Fürst
, aisl. jaðarr m.
Rand, Kante, Fürst, ahd. etar m. Stange
am Zaun
(s. d.), mhd. eter m. Zaun, Um-
zäunung, Rand
könnten die thematisierte
Fortsetzung (urgerm. *eđez-a-) eines alten
s-Stamms uridg. *h₁édh-e/os- n. Gehege
sein. Dazu wäre uridg. *h₁edh-és- f. Hegung
habend
eine durch interne Derivation gebil-
dete, hysterokinetisch flektierende Posses-
sivableitung. Dieses flektierte nom. *h₁edh-
s > urgerm. *eđǣz, akk. *h₁edh-és- >
urgerm. *eđesun bzw. lok. *h₁edh-és-i > ur-
germ. *eđesi > westgerm. *edis, gen. *h₁edh-
s-és > urgerm. *essez (?), wobei im West-
germ. nach den Formen mit vollstufigem
Suff. ausgeglichen worden wäre. Im Urgerm.
oder Westgerm. könnte dieses Wort um das
Motionssuff. *-eh₂- erweitert worden und
über urgerm. *eđesō- > westgerm. *edisō- >
ae. ides entstanden sein. Auch die i-stäm-
migen Formen des Ahd. und As. wären dann
sekundär.

Problematisch an dieser Herleitung bleibt
indes, dass die genannte uridg. Wz. nur
im Germ. fortgesetzt zu sein scheint.

Walde-Pokorny 1, 121; Pokorny 290. H. Eichner, R.
Nedoma, Sprache 42 (2000/01[2001]), 3034; Beck
2011: 8 ff. (mit Darstellung aller älteren Vorschläge).

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