klâftra
Band V, Spalte 556
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klâftraAWB f. ō- oder n-St. (aus den Be-
legen nicht ersichtlich), Gl. 1,358,22 (9. Jh.,
alem.) claftera passus. 407,32 (11. Jh., alem.
oder frk.) clafdra . cubitus; 4,267,34 (3.
Viertel des 12. Jh.s, frk. oder obd.) clafdera .
cubitus; bei dem Beleg Gl. 1,407,32 clafdra .
cubitus in Karlsruhe, St. Peter Perg. 87 bleibt
unklar, ob er dem As. oder dem Ahd. zu-
zuordnen ist, da in der Hs. beide Sprachen
vertreten sind: Klafter, Elle; cubitus, pas-
sus
. Mhd. klâfter st./sw.f./m./n. Maß der
ausgebreiteten Arme, Klafter als Längen-
maß
, nhd. Klafter m./n. (früher) Längen-
einheit von ungefähr der Länge, die ein
Erwachsener mit ausgebreiteten Armen grei-
fen kann, Raummaß für Holz, das einem
Würfel mit einem Klafter Kantenlänge ent-
spricht, (landschaftlich, Seemannssprache)
Faden, Leine
.

Ahd. Wb. 5, 212; Splett, Ahd. Wb. 1, 1221; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 663; Schützeichel⁷ 177; Starck-Wells
333; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 233; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 219. 221. 324. 798; See-
bold, ChWdW9 469; Graff 4, 557; Lexer 1, 1598;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 160 (cubitus); Dt. Wb. 11,
902 ff.; Kluge²¹ 373; Kluge²⁵ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.²
659.

In den and. germ. Sprachen entsprechen: as.
klāftra f. (zum Beleg s. o.), mndd. klachter
n./m. Klafter; nndl. (aus dem Hd. entlehnt)
klafter Klafter: < urgerm. *klēftra/ō(n)-.

Es handelt sich dabei um eine Bildung mit
dem Instrumentalbezeichnungen bildenden
Suffix urgerm. *-trō- (mit *-t- nach *-f-;
Normalform des Suffixes ist *-þrō-; vgl.
zum Suffix Krahe-Meid 1969: 3, § 138, 2).

Weitere Bildungen zu einer dehnstufigen
Wz. urgerm. *klēf- sind im Germ. nicht
vorhanden. Wahrscheinlich sind ablauten-
des mndd. klave Halsjoch; nnordfries.
klaawe dss.; aisl. klafi m., nisl. klafi,
fär. klavi, ndän., nnorw. klave, aschwed.
klavi, nschwed. klave Kloben, Halsjoch,
Packsattel
< urgerm. *klaan- zugehörig.

Deutlich abseits stehen (die häufig unmit-
telbar hinzugestellten Formen) ae. clyppan,
me. clippen, ne. clip umarmen, ein-, um-
schließen, greifen, preisen, ehren
; afries.
kleppa umarmen, geschlechtlich verkeh-
ren mit
< urgerm. *klup(p)e/a- und nhd.
schweiz. chlupfel Arm voll Heu, Bündel,
die auf eine andere Erweiterung der idg.
Verbalwz. *gel- ballen zurückgehen oder
deren Doppeltenuis dem Intensiv/Iterativtyp
der im Germ. produktiven Verben auf Dop-
peltenuis folgen. Das Vorbild ist letztlich die
durch n-Gemination entstandene Doppel-
tenuis, die im verbalen Bereich zur Be-
zeichnung von Iterativa und Intensiva ein-
gesetzt wurde.

Fick 3 (Germ.)⁴ 56f.; Tiefenbach, As. Handwb. 212;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 75. 200; Lasch-Borch-
ling, Mndd. Handwb. 2, 1, 565. 588; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. 2, 469. 474; Hofmann-Popkema, Afries.
Wb. 275; Richthofen, Afries. Wb. 874; Sjölin, Et.
Handwb. d. Festlnordfries. 98; Holthausen, Ae. et.
Wb. 53; Bosworth-Toller, AS Dict. 161; Suppl. 129;
ME Dict. s. v. clippen v.¹; OED² s. v. clip v.¹; Vries,
Anord. et. Wb.² 313; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 367 f.;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 2, 293; Holt-
hausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 154; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 1, 529; Ordb. o. d. danske sprog
10, 530; Torp, Nynorsk et. ordb. 282; NOB s. v. kla-
ve; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 464; Svenska akad.
ordb. s. v. klave.

Die Dehnstufe in urgerm. *klēftra/ō(n)- <
vorurgerm. *glēbh-trā- hat lediglich in lat.
glēba Erdscholle, Stückchen, Klümpchen
(< *glēbh-ā), lit. glbti mit den Armen
umfassen
, lett. glêbt schützen (< *glēbh-)
eine Parallele.

Es ist somit von einer Wz. späturidg. *glebh-
zusammenballen auszugehen, die auch in
kolbo Kolben, Keule, Knüppel (s. d.) fort-
gesetzt ist.

de Vaan, Et. dict. of Lat. 264 trennt ahd. klâf-
tra aus semantischen Gründen von den lat.
und balt. Wörtern (The Gm. forms which
are often compared [OHG klāftra] do not
mean round, and are better ignored
). Dies
ist jedoch nicht notwendig, da Subst., die
Klafter bedeuten, mehrfach mit Verben der
Bed. (die Arme) ausstrecken in Verbindung
stehen (vgl. u. a. gr. ὀργυιά Klafter zu
ὀρέγω strecke); die balt. Verben mit der
Bedeutung mit den Armen umfassen sind
somit semantisch das Bindeglied. Für das
Germ. ist daher ein später verloren gegan-
genes Verb mit ähnlicher Bedeutung voraus-
zusetzen. Dass im Germ. dieselbe seman-
tische Entwicklung wie im Balt. eingetreten
ist, zeigt sich letztendlich auch an den oben
genannten (jedoch nicht direkt zugehörigen)
germ. Verben ae. clyppan umarmen, ein-,
umschließen, greifen, preisen, ehren
neben
nhd. schweiz. chlupfel Arm voll Heu,
Bündel
.

Walde-Pokorny 1, 615 f.; Pokorny 359 f.; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. 1, 606 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 276; de Vaan, Et. dict. of Lat. 264; Thes. ling. lat.
6, 2041 ff.; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 91 f.; Fraen-
kel, Lit. et. Wb. 156; Smoczyski, Słow. et. jz. lit.
187; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 1, 626.

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