krieg
Volume V, Column 785
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krieg m. a-St., in Gl. 2,320,43 (2. Vier-
tel des 9. Jh.s, alem.) nom.sg. kreg . perti-
naciae und Gl. 2,322,21 (4 Hss.) kreg . per-
tinaciae: Starrsinn, Hartnäckigkeit; pertina-
cia
(dazu einen Neufund krieg . gwerra [für
guerra] [14. Jh., alem.]). Mhd. kriec (-g-)
st.m. Anstrengung, Streben, Widerstreben,
Widerstand, Anfechtung, Streit, Kampf,
Krieg
, nhd. Krieg m. mit Waffengewalt
ausgetragener Konflikt zwischen Staaten,
Völkern, größere militärische Auseinander-
setzung, die sich über einen längeren Zeit-
raum erstreckt
.

Ahd. Wb. 5, 407; Splett, Ahd. Wb. 1, 485; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 680; Schützeichel⁷ 183; Starck-Wells
347; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 340; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 138c. 298 (II); Seebold,
ChWdW9 480; Graff 4, 589; Lexer 1, 1726 f.; 3,
Nachtr. 282; Dt. Wb. 11, 2212 ff.; Kluge²¹ 405f.; Klu-
ge²⁵ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 734. DRW 7, 1520 ff.

In den anderen germ. Sprachen entspre-
chen: mndd. krīch Streit, Zank, Zwist,
Hader
; mndl. crijch Anstrengung, Streit,
nndl. krijg Krieg; nwestfries. kriich Krieg,
Anstrengung, Streit
< urgerm. *krea-. Die
ahd. Lautform weist auf späturgerm. *ē², die
anderen Formen auf späturgerm. *ī. Der
Unterschied im Vokalismus ergibt sich aus
der Stellung von *ē² aus dem Diphthong *e
vor tiefem Vokal (vgl. dazu Ramat 1981:
23 f.), ebenso wie bei ahd. stiega Treppe
(s. d.).

Das Subst. ist vermutlich von einem (im
Ahd. nicht fortgesetzten) st.v. urgerm. *kre-
e/a- sich anstrengen, streben abgeleitet. In
den meisten germ. Sprachen ist das st. Verb
jedoch nicht leicht abzugrenzen von einem
aus urgerm. *krea- hervorgegangenem sw.
Verb mit der Bed. Krieg führen. Möglich
ist auch, dass das st. Verb teils zu einem sw.
Verb geworden ist: mhd. krîgen st.v. sich
anstrengen, streben, ringen, trachten, bekom-
men, erhalten
, sw.v. andringen, widerstre-
ben, kämpfen, streiten
, nhd. kriegen sw.v.
Krieg führen, bekommen, erhalten; mndd.
krīgen st.v. bekommen, erhalten, sw.v.
streiten, Krieg führen; mndl. crīgen st.v.
sich anstrengen, streben, ringen, hingehen,
ziehen, streiten, kämpfen, bekommen, er-
werben
, nndl. krijgen st.v. bekommen,
sw.v. Krieg führen; afries. krīg(i)a sw.v.
erhalten, bekommen, gewinnen, kommen in,
ergreifen, erwischen, erobern
, nwestfries.
krije bekommen, kriigje Krieg führen,
saterfries. kriege kriegen, bekommen.

Nhd. kriegen (und Verwandte) in der Bed.
bekommen ist aus der Präfixbildung mit er-
(vgl. mhd. erkrîgen erlangen, erwerben) bei
Verlust des Präfixes entstanden (semantisch
zu vergleichen ist nhd. erstreben).

Dazu stellen sich die ahd. Bildungen ein-
kriegilîh
beharrlich, hartnäckig, ausdauernd
(s. d.) und widarkriegilîn halsstarrig (s. d.).

Wegen der Bed. ist die Zugehörigkeit von
afries. halskrīga f. Halsversteifung frag-
lich.

Fick 3 (Germ.)⁴ 53; Seebold, Germ. st. Verben
306; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 670 f.;
Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2, 567 ff.; VMNW s. vv.
crighen, crijch; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3,
2097 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 349 f.; Vries,
Ndls. et. wb. 362; Et. wb. Ndl. Ke-R 131; Hofmann-
Popkema, Afries. Wb. 201. 282; Richthofen, Afries.
Wb. 794. 879; Fryske wb. 11, 315 f. 319 ff.; Dijkstra,
Friesch Wb. 2, 94; Fort, Saterfries. Wb. 125. Lexer
1, 1729 f. 1732; 3, Nachtr. 282. Noreen 1894: 32.

Die weitere Herkunft ist unsicher. Wenn die
semantische Analyse von E. Aumann (PBB
61 [1937], 257259) zutrifft und die Grund-
bed. der Wortsippe wenden, kehren ist,
kann das st. Verb urgerm. *krea- zur Ver-
balwz. uridg. *ger- drehen, winden gestellt
werden. Als Vorform ergäbe sich *gr-e- (zu
diesem Typus vgl. uridg. *dhegh- mit Feuer
behandeln, verbrennen
: *dhgh-e- hin-
schwinden, zugrunde gehen
), die sekundär
um ein Element *-k- erweitert wurde.

Sowohl semantisch wie auch lautlich wenig
wahrscheinlich ist die Zusammenstellung mit
gr. βρῖθος m. Wucht, Gewicht, Last, das
letztendlich auf uridg. *grih₁- mit Schwere
zurückgeht (vgl. dazu NIL 108 mit Literatur;
noch unsicherer ist die Zugehörigkeit von
lett. grīns finster, mürrisch und air. brīg
Kraft, Macht, Wert).

Semantisch ausgeschlossen ist eine Ver-
knüpfung mit ai. úpa jrayati erstreckt sich
(dazu auch ai. jráyas- Strecke, Erstreckung,
jav. zraiiah-, apers. drayah- Meer), heth.
karai-tt-/kari-tt- Flut < uridg. *re- sich
erstrecken
.

Die Vielfältigkeit der Sippe schließt ein Sub-
stratwort (so vorgeschlagen von Vries, Ndls.
et. wb. 362) aus.

Walde-Pokorny 1, 685 f.; Pokorny 477; LIV² 170;
Mayrhofer, KEWA 1, 449 f.; ders., EWAia 1, 606 f.;
Bartholomae, Airan. Wb.² 1701 f.; Horn, Grdr. d.
npers. Et. 125; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 267 f.; Chantraine,
Dict. ét. gr. 196; Beekes, Et. dict. of Gr. 1, 239;
Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 1, 657; Fick 2
(Kelt.)⁴ 185; Matasovi, Et. dict. of Proto-Celt. 77 f.;
Hessens Ir. Lex. 1, 109; Vendryes, Lex. ét. de l’irl.
anc. B-90; Kavanagh-Wodtko, Lex. OIr. Gl. 156 f.;
Dict. of Irish B-188 f.

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