leibAWB m. a-St., Gl. 1,363,25. 463,25.
585,42 (alle Ende des 8./Anfang des 9. Jh.s,
alem.) und weitere Gl., im T und bei O:
‚Brot, Brotlaib, flacher Kuchen; buccella,
panis, paximas, torta, tortella, tortula‘ 〈Var.:
hl-; -ai-; -p〉. — Mhd. leip st.m. (gen.sg.
leibes), frühnhd. leib m., nhd. Laib m. ‚ge-
formtes Brot‘ (zur Unterscheidung vom ho-
monymen Leib ‚Körper‘ [s. lîb] wurde die
Graphie mit -ai- von Grammatikern des
17. Jh.s eingeführt). Hochspr. befindet sich
das Wort auf dem Rückzug, es wird vorwie-
gend noch im Süden in der Verbindung ein
Laib Brot gebraucht.
Ahd. Wb. 5, 740 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 521; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 710; Schützeichel⁷ 195; Starck-
Wells 366; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 21;
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 296 (II); Seebold,
ChWdW8 187; ders., ChWdW9 503; Graff 4, 1111;
Lexer 1, 1869; Frühnhd. Wb. 9, 718 f.; Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 462 (panis); Dt. Wb. 12, 590; Kluge²¹
419; Kluge²⁵ s. v. Laib; Pfeifer, Et. Wb.² 759.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
afries. hlēf, lēf m.? ‚Laib Brot‘; ae. hlāf m.
‚Brot, Nahrung, Laib‘, me. lōf, lofe, lāf(e)
‚Laib Brot, Masse, Klumpen in brotähnlicher
Form zum Backen oder Kochen‘, ne. loaf
veralt., dial. ‚Brot‘; run. wohl im m. an-St.
witanda-hlaiba ‚Brotwart‘ (im VG das Part.
Präs. von witan ‚bewachen, achtgeben‘) auf
dem Stein von Tune, ca. a. 400 (vgl. Krause
1966: 163—165), aisl. hleifr m. ‚Brot, Laib,
runder Kuchen‘, nisl. hleifur, fär. leivur,
nnorw. leiv ‚Fladen‘, aschwed. lēver, adän.,
nschwed. dial. lev ‚Brot, Laib‘; got. hlaifs m.
a-St., gen.sg. hlaibis ‚Brot, Bissen; ἄρτος,
ψωμίον‘: < urgerm. *χlai̯a- m. a-St. ‚Brot‘.
Schon früh wurde das Wort aus dem Nord-
germ. ins Lapp. (norw.) und in die ostsee-
finn. Sprachen übernommen: laibe, laipe
‚Brot‘ (Qvigstad 1893: 208) sowie karel. lei-
pä, estn. leib, weps. lˈii̯b, lˈeib ‚Brot, Laib‘.
Urgerm. *χlai̯a- bezeichnete wohl — im Un-
terschied zu *rau̯đa- ‚gesäuertes Brot‘ (s.
brôt) — urspr. das ‚ungesäuerte Brot‘ (vgl.
Heyne 1899—1908: 2, 267).
Dass das Lebensmittel in früherer Zeit eine
wichtige Rolle spielte, zeigen u. a. Wortbil-
dungen wie ae. hlāford m. ‚Herr, Hausherr,
Gatte‘, ne. lord, eigtl. ‚Brotwart, Wärter des
Brotes‘ (< hlāf + weard), hlǣfdīge f. ‚Frau,
Herrin‘, ne. lady, eigtl. ‚Brotkneterin‘ (< hlāf
+ dǣge), run. witandahlaiba (s. o.) oder auch
die Possessivkomp. got. gahleiba, ahd. gilei-
bo sw.m. ‚Gefährte‘ (s. d.), eigtl. ‚einer, der
das Brot mit jmdm. gemeinsam hat‘.
Gelegentlich hat man im VG von mhd. lebe-kuoche
sw.m. ‚Lebkuchen‘ (mit mhd. lebe- < urgerm. *χlia-
?) eine Ablautform von ahd. leib usw. gesehen. Die
Bed. ‚Brotkuchen‘ passt aber nicht zu dem Gebäck,
das vorwiegend aus Honig und Gewürzen zubereitet
wird. Andere nehmen Entlehnung aus lat. lībum n.
‚(Opfer-)Kuchen‘ (s. u.) an (z.B. Schweiz. Id. 2, 138).
Dann wäre als Wz.vokal aber mhd. -ī- > nhd. -ei- zu
erwarten. Da Lebkuchen im Mittelalter vor allem in
Klöstern hergestellt wurden, könnte -e- eine volks-
sprachliche Aussprache von mlat. lĭbum sein (vgl.
Pfeifer, Et. Wb.² 777). In diesem Fall handelt es sich
bei mhd. lebekuoche um ein verdeutlichendes Komp.
Fick 3 (Germ.)⁴ 109; Hofmann-Popkema, Afries. Wb.
223; Holthausen, Ae. et. Wb. 162; Bosworth-Toller,
AS Dict. 540; Suppl. 548; ME Dict. s. v. lōf n.²; OED²
s. v. loaf n.¹; Vries, Anord. et. Wb.² 236; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 279; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog
2, 6 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 118; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 637 f.; Magnússon, Ísl.
Orðsb. 339; Nielsen, Dansk et. ordb. 259; Ordb. o. d.
danske sprog 12, 688 f. (lev¹); Bjorvand, Våre arve-
ord² 644 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 372; NOB s. v.
leiv; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 569 f.; Svenska akad.
ordb. s. v. lev subst.¹; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 260;
Lehmann, Gothic Et. Dict. H-71; Kylstra, Lehnwör-
ter 2, 190. — Casaretto 2004: 67.
Bereits vor der 2. Lautverschiebung wurde
das Wort ins Slaw. entlehnt. Urslaw. *chlěbъ
ist in den slaw. Einzelsprachen fortgesetzt
als: aksl. chlěbъ, russ. chléb, ukrain. chlib,
wruss. chleb, poln. chleb, tschech. chléb, slo-
wak. chlieb, bulg. chljab, serb., kroat. hlȅb,
slowen. hléb, osorb. chlěb, ndsorb. klěb
‚Brot‘ (etwas anders Kiparsky 1934: 199 und
Rudolf 1991: 57, die Übernahme aus dem
Got. annehmen).
Im Balt. stammt lett. klàips ‚Brotlaib‘ eben-
falls aus dem Germ. Gleichbed. lit. kliẽpas
ist dagegen eher aus wruss., poln. chleb
übernommen, wobei lit. kẽpalas ‚dss.‘, das
von ererbtem kèpti ‚backen, braten‘ abge-
leitet ist, wohl Einfluss auf die Lautgestalt
des Lehnwortes hatte (vgl. Senn 1925: 50).
Die Herkunft von urgerm. *χlai̯a- ist un-
klar. Als Vorform ist vorurgerm. *(k̂)lói̯bho-
anzunehmen, falls das Wort uridg. Ursprungs
ist. Ein von Bammesberger 1990: 52 in Be-
tracht gezogenes *(k̂)loi̯pó-, eine sog. tomós-
Bildung zu einer ansonsten nicht fortge-
setzten Wz. *(k̂)lei̯p- scheidet eher aus, da
wie tomós gebildete Substantive i. Allg.
agentivische Bed. haben.
Die früher angenommene Verbindung (z.B.
Boisacq 1950: 470; Walde-Pokorny 1, 499
[nicht mehr bei Pokorny]) mit gr. κλβανος
m., κλβανον n. ‚Backofen‘ und den Ablei-
tungen κλīβανεύς m. ‚Bäcker‘, κλīβανίτης m.
‚im κλβανος gebackenes Brot‘ ist zwar von
der Bed. her ansprechend, aber lautlich we-
gen gr. -β- (statt -φ-) nicht möglich. Zudem
ist das gr. Wort nicht ererbt, sondern ein
technisches Lehnwort auf -ανος (Schwyzer,
Gr. Gramm.² 1, 489f.) aus einer unbekannten
Sprache.
Beim κλβανος handelte es sich um ein Gerät zum
Brotbacken aus Ton oder Eisen, das sich nach oben
verjüngte und mit Luftlöchern versehen war.
Wegen des unterschiedlichen Anlauts bleibt
auch lat. lībum n. ‚(Opfer-)Kuchen, Fladen‘
< uridg. *h₂le/oi̯bho- fern (nach E. Lidén,
PBB 15 [1891], 541 f.: < uridg. *s[k]lībh- :
*s[k]loi̯bh-). Das Wort lässt sich problem-
los mit dem gr. ἀλείφω ‚öle ein, salbe‘ <
*h₂léi̯bhe/o- verbinden (vgl. Steinbauer 1989:
122). Danach ist lat. lībum ‚das mit Fett Zu-
bereitete‘.
Abzulehnen ist auch der Vorschlag von Trier 1951:
59, der urgerm. *χlai̯a- mit dem Fachwerkbau in
Verbindung bringt: Man müsse vom Kneten des
Lehmbreis für die Herstellung der Flechtwand des
Hauses ausgehen, die dann Kneten des Teigs bedeutet
habe; die Wz. *k̂lei̯- sei dabei eine Erweiterung von
*k̂el- ‚(geflochtener) Zaun, zäunen‘.
Walde-Pokorny 1, 499; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 873;
Chantraine, Dict. ét. gr. 582 f.; Beekes, Et. dict. of Gr.
1, 715 f.; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 796 f.; Er-
nout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 356; de Vaan, Et. dict. of
Lat. 339; Berneker, Slav. et. Wb. 1, 389; Trubačëv, Ėt.
slov. slav. jaz. 8, 27 f.; Derksen, Et. dict. of Slav. 202;
Snoj, Slov. et. slov.² 206; Vasmer, Russ. et. Wb. 3,
245; ders., Ėt. slov. russ. jaz. 4, 241 f.; Schuster-Šewc,
Hist.-et. Wb. d. Sorb. 384; Fraenkel, Lit. et. Wb. 271;
Smoczyński, Słow. et. jęz. lit. 298; Mühlenbach-End-
zelin, Lett.-dt. Wb. 2, 209; Karulis, Latv. et. vārd. 1,
398. — Steinbauer 1989: 120—122; Newerkla 2011:
101.