len
Volume V, Column 1169
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lenAWB adj., nur NBo: sanft; lenis; lenoAWB
adv., nur NBo: sanft; leniter. Spätmhd.
lên weich (steht im Reim zu gên und ver-
stên), frühnhd. len adj. weich, sanft, nach-
lässig
, nhd. mdartl. schweiz. lēn weich,
schwäb. len lind, weich, bair. len weich,
kärnt. lēn weich, tirol. lēn, lē weich,
lind
, rhein. len locker, weich, schwach,
kraftlos, sacht, gelassen
, schles. lene weich.
Bei den Wörtern mit Langvokal ist die Deh-
nung wohl aus den Flexionsformen, die of-
fene Silbe aufwiesen, übertragen (vgl. Paul
2007: § L 21).

Das bei Lexer 1, 1923 notierte und in and. Wörterbü-
cher übernommene Adj. mhd. lin, -wes, lîn lau, matt,
schlecht
existiert nicht. Anstelle von gar bar linwer
wæte ist gar bar slimmer wete frei von verkehrter
Kleidung
zu lesen und lîn ist für lîm Pech; bitumen
verschrieben (vgl. KS Stackmann 1997: 341 f.).

Ahd. Wb. 5, 805. 812; Splett, Ahd. Wb. 1, 526; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 715; Schützeichel⁷ 197; Graff 2, 218;
Lexer 3, Nachtr. 296; Frühnhd. Wb. 9, 954; Götz,
Lat.-ahd.-nhd. Wb. 371 (lenis); Kluge²¹ 442 (s. v.
lind); Kluge²⁵ s. v. lind. Schweiz. Id. 3, 1282; Fi-
scher, Schwäb. Wb. 4, 1172; Schmeller, Bayer. Wb.²
1, 1478; Lexer, Kärnt. Wb. 177; Schöpf, Tirol. Id.
386; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 1, 385; Müller,
Rhein. Wb. 5, 388 (len²); Mitzka, Schles. Wb. 2, 806.

Das ahd. Adj. hat vorwiegend im Nordgerm.
Entsprechungen. Im Ndl. und Fries. ist le-
diglich eine Ableitung mit der Kontinuante
des Suff. urgerm. *-a- (s. -îg) fortgesetzt:
frühnndl. lenich, lenig geschmeidig, weich,
nndl. lenig geschmeidig, biegsam; nwest-
fries. linich adj. geschmeidig, nnordfries.
läni geschmeidig, inselnordfries. len-
glatt, schlicht, eben im Komp. lensköör f.
glatter, senkrechter Einschnitt in das Ohr
eines Schafes oder Rindes [als Ohrmarke,
Eigentumszeichen]
; aisl. linr adj. weich,
nachgiebig
, nisl., fär. linur, ält. dän. lin
weich, gelinde, mild, nnorw. (nn.) lin
schlapp, aschwed. lin, nschwed. len weich,
sanft, mild, sanftmütig
: < urgerm. *lina-
mild, weich.

Fick 3 (Germ.)⁴ 365; Seebold, Germ. st. Verben 331 f.
(nur zum st.v.); Heidermanns, Et. Wb. d. germ. Pri-
märadj. 383; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 378 f.;
Suppl. 99; Vries, Ndls. et. wb. 392; Et. wb. Ndl. Ke-R
206; Fryske wb. 12, 320 f.; Dijkstra, Friesch Wb. 2,
123 f.; Sjölin, Et. Handwb. d. Festlnordfries. 119;
Faltings, Et. Wb. d. fries. Adj. 369 f.; Vries, Anord. et.
Wb.² 358; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 729; Fritzner,
Ordb. o. d. g. norske sprog 2, 533 f.; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 182; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
645 f. (s. v. lind); Magnússon, sl. Orðsb. 565; Torp,
Nynorsk et. ordb. 380; NOB s. v. (nn.) lin adj.³; Hell-
quist, Svensk et. ordb.³ 568; Svenska akad. ordb. s. v.
len adj.

Das germ. Adj. ist ohne direkte außergerm.
Entsprechungen. Das urspr. Verbaladj. ur-
germ. *lina- gehört zum Primärverb urgerm.
*linne/a- < uridg. *li-n-h₂-e/o- (s. bilinnan).
Urgerm. *lina- geht wohl auf ein Transponat
uridg. *lih₂-nó- > *li-h₂nó- > *li-nó- zurück,
bei dem nach der Lex Dybo der Laryngal
ersatzlos geschwunden ist (nach Dybo er-
folgte im Kelt., Germ. und [modifiziert] im It.
Kürzung eines aus Kurzvokal und Laryngal
entstandenen Langvokals vor einem Reso-
nanten, wenn der Langvokal nach grund-
sprachlicher Akzentuierung in vortoniger Sil-
be stand). Am nächsten steht dem germ. Adj.
wahrscheinlich das mit Suff. -ro- gebildete
Adj. gr. λιαρός lau, mild < vorurgr. *lih₂-
ró-. Stimmt diese Annahme, ist das lautlich
ähnliche gr. χλιαρός adj. lauwarm von λια-
ρός zu trennen.

Zugrunde liegt letztendlich die Verbalwz. ur-
idg. *leh₂- aufhören, schwinden.

Walde-Pokorny 2, 387 f.; Pokorny 661; LIV² 406
(verbale Anschlüsse); Frisk, Gr. et. Wb. 2, 120; Chan-
traine, Dict. ét. gr. 639; Beekes, Et. dict. of Gr. 1, 859.

S. bilinnan.

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