*lencAWB adj., nur als substantivierter f.
ōn-St., im Abr (1,202,28 [Kb, Ra]): ‚die
Linke, linke Hand; laeva‘ 〈Var.: nom.sg.
lenka〉. — Mhd. lenc, linc adj. ‚link, linkisch,
unwissend‘ (mit Hebung von e > i vor
folgendem Nasal + Kons.), frühnhd. link
adj. ‚links, falsch, verdächtig, hinterhältig,
verräterisch‘, (nicht) link im backen sein
‚(nicht) schlagfertig sein‘, nhd. link adj. (nur
in attributiver Verwendung) ‚auf der Seite
befindlich, wo das Herz des Menschen ist,
innen befindlich [von Stoffen, Wäschestü-
cken o. ä.]‘, übertr. ‚ungeschickt, unbehol-
fen‘, mit links ‚ohne besondere Anstren-
gung‘, jmdn. links liegen lassen ‚jmdn. be-
wusst übersehen‘, mit dem linken Bein zu-
erst aufgestanden sein ‚frühmorgens schlecht
gelaunt sein‘.
Ahd. Wb. 5, 811; Splett, Ahd. Wb. 1, 526; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 715; Schützeichel⁷ 197; Starck-Wells
369; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 45; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 253. 298 (I); Seebold,
ChWdW8 188; Graff 2, 231; Lexer 1, 1924; Frühnhd.
Wb. 9, 1254 ff.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 325 (leua);
Dt. Wb. 12, 1044 ff.; Kluge²¹ 442; Kluge²⁵ s. v. link;
Pfeifer, Et. Wb.² 804. — Paul 2007: § L 7. — Höfler
1899: 372; W. Sanders, FS Splett 1998: 243—254;
Riecke 2004: 2, 164. — Röhrich 2003: 2, 968.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. link; andfrk. slink ‚links‘, mndl. lincs,
lincksch adv. ‚links‘, slinc adj. ‚link‘, nndl.
link adj. ‚schlecht, gefährlich‘, links adv.
‚links‘, slinks adj., adv. ‚arglistig‘: < urgerm.
*(s)lenka- Die urspr. Bedeutung war wohl
‚ungeschickt‘.
Von dem Adj. urgerm. *lenka- ist das Verb
nschwed. linka ‚hinken‘, (sekundär?) ablau-
tend dazu auch nschwed. lanka ‚ein wenig
hinken‘, lunka ‚trotten‘, ebenso wie dän. lin-
ke, lanke, abgeleitet.
Daneben existieren Formen mit anl. s-mobi-
le wie etwa mndl. slinc, slincs, nndl. slinks
‚link(s)‘, schwed. slinka ‚schlottern‘.
Fick 3 (Germ.)⁴ 111; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 1, 827; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2,
701; ONW s. v. slink; VMNW s. v. slinc; Verwijs-Ver-
dam, Mndl. wb. 4, 661 f.; 7, 1283 f.; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 390 f. 618; Suppl. 102. 152; Vries, Ndls. et.
wb. 403 f. 650; Et. wb. Ndl. Ke-R 239 (link², links); S-
Z 178 f. (s. vv. slinken, slinks); Falk-Torp, Norw.-dän.
et. Wb. 664; Nielsen, Dansk et. ordb. 255 (lanke²).
263; Ordb. o. d. danske sprog 12, 393 f. (lanke²). 984;
Torp, Nynorsk et. ordb. 396 (lunka¹); NOB s. vv. (nn.)
linka, (nn.) lunka; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 577.
596; Svenska akad. ordb. s. vv. lanka v., linka, lunka
v.¹, slinka.
Urgerm. *(s)lenka- geht auf vorurgerm./ur-
idg.(?) *(s)lengo- zurück. Die Verknüpfung
mit außergerm. Wortmaterial ist schwierig.
Angeschlossen wurden nachved.-ai. laṅga-
adj. ‚lahm‘, m. ‚Lahmheit‘, lat. languēre
‚matt sein‘, gr. λαγγάζω ‚lasse nach, er-
schlaffe‘, gr. λαγαρός ‚matt‘ (z.B. Kluge²¹
442). Das lat. und das gr. Lexem können zur
Wz. uridg. *sle(ĝ)- ‚erschlaffen‘ gehören und
auf uridg. *s-né-(ĝ)-/*s-n-(ĝ)- bzw. *s(ĝ)-ró-
zurückgehen, für das lat. Wort ist auch eine
Rückführung auf eine n-Infigierung *sh₂-
n(é)-g- einer Wz. uridg. *sleh₂g-/*sh₂g- vor-
geschlagen worden. Zugehörig ist dann wei-
ter lat. laxus ‚weit, locker‘ < *s(ĝ)-só-. We-
der die lat. noch die gr. Wortsippe lassen
jedoch eine eindeutige Bestimmung der ur-
spr. zugrunde liegenden Wz. zu. Weitere An-
schlüsse zu diesen Wz. sind ggf. ahd. lachan
‚Laken, Decke‘, slah ‚schlaff‘, Nomina, die
entweder auf uridg. (*[s]leh₂g-/)*(s)h₂g-
oder uridg. *slo(ĝ)- > urgerm. *(s)lak- zu-
rückgehen.
Die ai. und die germ. Etyma können jedoch
nur dann zu diesen Wz. gestellt werden,
wenn dort Formen ohne *s- fortgesetzt wur-
den und zudem der Nasal aus einem urspr. n-
Infix-Präs. ins Adj. verschleppt worden ist.
Folglich müsste es sich bei diesen Wz. um
Wz. mit s-mobile handeln oder die Wz. zu-
mindest im Germ. und Ai. als solche re-
interpretiert worden und das *s- sekundär
nach einem Nebeneinander von s-haltigen
und s-losen Formen getilgt worden sein.
Zudem wäre in diese sekundär s-losen Wz.
auch noch ggf. eine neue Vollstufe einge-
führt worden. Eine Verbindung mit den ai.
Wörtern erfordert also Zusatzannahmen.
Die Etym. von ai. laṅga- gilt trotz verschie-
dener Erklärungsversuche weiter als unge-
klärt (Mayrhofer, EWAia 3, 434 f.).
Schwierig ist auch die traditionelle Verknüp-
fung der Sippe um gr. λαγαρός mit toch. A
slākkär, toch. B slakkare* (< uridg. *sh₂g-
ró-?), da anstelle der bisher angenommenen
Bed. ‚traurig‘ für die toch. Lexeme nach der
toch.-skt. Bilingue mit toch. B slakkare* nun
die Bed. ‚eilend, sich schnell bewegend, zitt-
rig‘ gilt (vgl. Adams, Dict. of Toch. B 723).
Ein weiterer Anschluss an die germ. Lexe-
me ist vielleicht im Balt vorhanden; vgl. lit.
lingti ‚schwanken, wanken‘, lingúoti, lun-
gúoti ‚schaukeln, wiegen‘, langóti ‚dss.‘, lett.
ļodzīt [ļuôdzît], ļogāt [ļuôgât] ‚dss.‘. Diese
Verben können als sekundär nasalinfigierte
und teilweise sekundär mit neuen Ablautstu-
fen versehene Formen auch zu einer Wz. ur-
idg. *sle(ĝ)- gestellt werden, lassen aber auch
andere Erklärungen zu, etwa als sekundär na-
salisierte Formen einer Wz. uridg. *(s)lei̯g-
(so z.B. implizit Fraenkel, Lit. et. Wb. 330 f.).
Walde-Pokorny 1, 498 f.; Pokorny 603. 959 f.; LIV²
565; Mayrhofer, KEWA 3, 85 f.; ders., EWAia 3,
434 f.; Frisk, Gr. et. Wb. 2, 68 f.; Chantraine, Dict. ét.
gr. 611; Beekes, Et. dict. of Gr. 1, 820; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. 1, 758 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 340 (langeō). 348 (laxus); de Vaan, Et. dict. of
Lat. 325 (langeō). 331 (laxus); Fraenkel, Lit. et. Wb.
330 f.; Smoczyński, Słow. et. jęz. lit. 356 f.; Mühlen-
bach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 2, 546 (ļodzīt, ļogāt); Ka-
rulis, Latv. et. vārd. 1, 554 (s. v. ļodzīt); Adams, Dict.
of Toch. B 723. — Southern 1999: 79. 239.
S. lachan, slah.