lericha
Band V, Spalte 1191
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lericha f. ō(n)-St., nur in Gl. 3,467,47
(Clm. 14689, Hs. 1. Hälfte des 12. Jh.s, Zeit
des Gl.eintrags unbekannt, bair.): Lärche;
laris [= larix]
Var.: leracha. Die Pflan-
zenbez. ist aus lat. larix, gen.sg. laricis Lär-
che
entlehnt (s. u.). Mhd. larche, lerche f.
Lärche (mit synkopiertem Vokal nach /r/),
frühnhd. lerche f. Lärche, ält. nhd. lärche,
auch lorche f., nhd. Lärche f. Nadelbaum
mit hellgrünen, in kleinen Büscheln stehen-
den Nadeln, die im Herbst oder Winter ab-
fallen
. Die Graphie mit ä dient seit Adelung
der Unterscheidung von der Vogelbez. Ler-
che (s. lêricha).

lericha glossiert eigtl. ciris et laris. Die Gl. steht am
Rand in einer Liste lat. Pflanzenbez. Bei laris kann es
sich um eine Nebenform zu larix f. Lärche (vgl.
auch Gl. 3,353,27 laris lerbm), aber auch um eine
Var. von larus Möwe (vgl. Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 319) handeln. Dagegen ist lat. ciris ansonsten
nicht als Baum- (vgl. Mlat. Wb. 2, 640), sondern nur
als Vogelbez. belegt, urspr. für einen Meeresvogel
(vgl. Georges 1913: 1, 1176: cīris f., gr. κεῖρις), später
auch für die Lerche (vgl. Diefenbach, Gl. lat.-germ.
123 s. v. cirres und s. lêricha). Vielleicht handelt es
sich also um eine urspr. Vogelnamenglosse (vgl. Ahd.
Wb. a. a. O.).

Ahd. Wb. 5, 840; Splett, Ahd. Wb. 1, 527; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 717; Schützeichel⁷ 198; Starck-Wells 370;
Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 54; Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 604; Lexer 1, 1834; Frühnhd.
Wb. 9, 978 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 319 (laris);
Dt. Wb. 12, 201. 1151; Kluge²¹ 423; Kluge²⁵ s. v.
Lärche; Pfeifer, Et. Wb.² 766. Sonderegger 2003:
41. Hoops 1905: 233. 266 (zur geographischen Ver-
breitung); Marzell [194358] 2000: 2, 1176 f.; Sau-
erhoff 2003/04: 351.

Lat. larix f., akk.sg. laricem muss bereits
frühzeitig, vor der hd. Lautverschiebung, ins
Dt. übernommen worden sein, da ahd. -ch-
noch k-Aussprache des lat. c vor hellem Vo-
kal in den Casus obliqui voraussetzt.

Gleichfalls aus lat. larix stammen ält. nndl.
lerk, lark, lork m. (das m. Genus wohl nach
den Komp.), Lautformen, die auch als VG in
hybriden lorcken-, lercken-, larcken-boom,
nndl. lerken-boom erscheinen. Eine jüngere
Entlehnung ist nndl. lariks.

Die dt. und ndl. Formen mit -o- sind kaum als
Varianten von -a- zu erklären, da a vor r (außer in
mhd. bair. Mdaa.) nicht zu o wird. Wahrscheinlich liegt
ein lautl. Einfluss des Lorbeerbaums (s. lôrberi) vor
(vgl. Gl. 3,42,38/39 lorpaum, lorperpaum, lorberpawm,
die das lat. Lemma terebintum Lärche glossieren).

Schwierig zu erklären ist nwestfries. liere Lärche
(auch in liere-äppel Lärchenzapfen, liere-beam Lär-
che
), da das Wort wohl keine Verbindung zum Lat.
hat. Vermutet wird ein Zusammenhang mit ält. nndl.
lier lange und dünne Person, schlaksiger Mensch.
Wenig wahrscheinlich ist eine Verbindung mit nndl.
lier, ält. nndl. lier in der Bed. Saiteninstrument; sol-
che Instrumente wurden nicht aus Lärchenholz her-
gestellt, sondern vorwiegend aus Ahorn. Zu überlegen
wäre aber, ob nicht die übertragene Bed. Hebewerk-
zeug, Kran
eine Rolle gespielt hat; Kräne wurden
früher aus langlebigem Lärchenholz gefertigt.

Aus dem Frühnhd. (nicht aus dem Frz. der
Schweiz, wie Wartburg, Frz. et. Wb. 5, 193
annimmt) ist frühne. larche, jünger larch (in
larche tree bei W. Turner, The names of
herbes in Greke, Latin, Englishe, Duche and
Frenche 1548) entlehnt. Daneben wurde la-
rix 1572 (1. Beleg) direkt aus dem Lat. über-
nommen und unverändert bis zur Mitte des
19. Jh.s verwendet (heute nur noch in schott.
larick).

Gleichfalls über dt. Vermittlung gelangte
die Baumbez. ins Nordgerm.: nisl. lerki, dän.
lærk, mdartl. lærke, lærker, norw. lerk,
lerketre, schwed. lärk, lärkträ.

WNT s. vv. lark, lerk, lork; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 370; Suppl. 97; Vries, Ndls. et. wb. 384 f.; Et.
wb. Ndl. Ke-R 262; Fryske wb. 12, 272 (s. v. liere²);
OED² s. vv. larch n., larix n.; Falk-Torp, Norw.-dän.
et. Wb. 636; Magnússon, sl. Orðsb. 557 (lerki²);
Nielsen, Dansk et. ordb. 273; Ordb. o. d. danske
sprog 13, 452; Torp, Nynorsk et. ordb. 375; NOB
s. vv. lerk, lerketre; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 610;
Svenska akad. ordb. s. v. lärk subst.¹. Müller-Frings
196668: 1, 68. 79; 2, 302; Genaust 1996: 326 f. H.
Tiefenbach, RGA² 17, 580.

Lat. larix mit dem häufig in Pflanzenbez.
auftretenden Suffix *-ik- (Leumann [1926
28] 1977: 375) ist offensichtlich aus einer
Sprache vorrom. Alpenbewohner entlehnt,
da die Lärche nur in den Alpen, Karpaten
und den sie verbindenden Mittelgebirgen bo-
denständig ist. Das Wort wurde wohl des-
halb in das Lat. übernommen, weil das Holz
der Lärche sich besonders gut für Wasser-
bauten wie z.B. Brücken eignete. Auch in
ON begegnet die Bez. des Baumes nur am
nördlichen und südlichen Fuß der Alpen
(vgl. z.B. Lerch [Mitte des 12. Jh.s, Tirol,
zitiert bei H. Tiefenbach, RGA² 17, 580], La-
ret, Larschi im Wallis, Larzey in der frz.
Schweiz [Jud 1973: 43 f.]).

Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 765, Lind-
say [1897] 2000: 327 u. a. vermuten für lat.
larix kelt. Ursprung und verbinden das Wort
mit air. daur f. u-St., dair f. i-St. Eiche <
urkelt. *daru- (< uridg. nom.sg. *dóru, gen.
sg. *drés). Doch ist ein sogenanntes sabi-
nisches l
für uridg. *d (vgl. lacruma für alat.
dacruma; Meiser [1998] 2010: § 73, 4) auf-
grund der geographischen Beschränktheit der
Baumbez. wenig wahrscheinlich.

Rom. Fortsetzer von lat. larix sind: friaul. là-
ris, engad. larsch, italien. larice, rhrom. la-
risch.

Walde-Pokorny 1, 805; Pokorny 215; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 765 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 342; de Vaan, Et. dict. of Lat. 328; Thes. ling.
lat. 7, 2, 977; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 5447; Mey-
er-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 4916; Wartburg, Frz. et.
Wb. 5, 193 f.; Fick 2 (Kelt.)⁴ 147; Holder, Acelt. Spr.
2, 146 f.; Matasovi, Et. dict. of Proto-Celt. 91; Ven-
dryes, Lex. ét. de l’irl. anc. D-12. Lindsay [1897]
1984: 327.

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