limman st.v. III, Gl. 2,618,48 (Mitte
des 11. Jh.s). 667,46 (11. Jh., beide bair.):
‚grunzen, brüllen, schnauben, wiehern; fre-
mere, infremere‘ 〈Var.: līm-〉. Im Ahd. sind
nur Belege des Präs. überliefert. — Mhd. lim-
men st.v. (lam, lummen) ‚knurren, knirschen,
heulen‘, limmender hunt ‚knurrender Hund‘,
ält. frühnhd. limmen ‚brüllen, schreien, bel-
len, klagen, laut jammern‘.
Ahd. Wb. 5, 998 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 544; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 725; Schützeichel⁷ 202; Starck-Wells
376; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 94; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 634. 654; Graff 2, 211 f.;
Lexer 1, 1922 f.; Frühnhd. Wb. 9, 1240.
Ahd. limman hat kaum Entsprechungen in
anderen germ. Sprachen: ae. hlimman st.v.
III (hlamm, hlummon) ‚tönen, schallen, brül-
len, toben‘. Im Aisl. ist nur die 3.sg.prät.
hlamm belegt, die auf ein st.v. III *hlimma
‚lärmen, dröhnen‘ schließen lässt: < urgerm.
*χlemm-e/a-.
Daneben steht ein sw.v. II urgerm. *χlam-
mōi̯e/a-, das in aisl., nisl. hlamma ‚schallen‘,
nschwed. dial. lamma ‚klingen, widerhallen‘,
nnorw. lamra ‚lärmen‘ fortgesetzt ist. Die-
ses ist am ehesten eine denominale Bildung
zu urgerm. *χlamm-a/ō- ‚Schall‘; vgl. aisl.
hlamm n., got. akk.sg. hlamma f. ‚Schlinge‘,
eigtl. ‚Falle, Schallende‘. Daneben steht oh-
ne Geminate urgerm. *χlamōi̯e/a- sw.v. II
> ahd. lamôn (s. d.), as. hlamon ‚rauschen,
tosen‘.
Fick 3 (Germ.)⁴ 111; Seebold, Germ. st. Verben
263 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 164. 165; Bosworth-
Toller, AS Dict. 544; Vries, Anord. et. Wb.² 238; Jó-
hannesson, Isl. et. Wb. 247 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 119; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 633 f.;
Magnússon, Ísl. Orðsb. 337; Torp, Nynorsk et. ordb.
lamra²; NOB s. v. (nn.) lamra. — Kock 1923—41: § 82;
Lühr 2000: 64.
Urgerm. *χlemm-e/a- hat keine sichere Ety-
mologie. Folgende Herleitungsversuche sind
zu erwägen: Theoretisch könnte *χlemm-e/a-
lautgesetzlich aus einer vorurgerm. Vorform
*(k̂)lémH-e/o- entstanden sein. Der für diese
Lösung notwendig vorauszusetzende wz.-
schließende Laryngal ist aber nicht positiv
nachzuweisen.
Alternativ kommt als Ausgangspunkt auch
die nominale Bildung urgerm. *χlamm-a/ō-
‚Schall‘ in Frage. Die Geminate kann da-
bei, sofern man nicht mit expressiver oder
lautsymbolischer Verdopplung rechnen will,
theoretisch aus zwei Quellen bezogen sein:
Entweder stammt sie aus einer Bildung zur
o.g. Wz. mit auslautendem Laryngal, uridg.
*(k̂)lómH-o/eh₂-. Oder die Geminate ist in-
nergerm. entstanden, was den Ansatz einer
sonst nicht nachweisbaren laryngalhaltigen
Wz. unnötig macht. In dem Fall ist von ei-
nem nicht bezeugten ehemaligen n-St. ur-
germ. st. *χlam-e/an-, sw. *χlam-n- auszu-
gehen, der sekundär thematisiert wurde. Zu
dem davon abgeleiteten denominalen sw.v.
II urgerm. *χlammō-i̯e/a- konnte dann, in-
dem es als Intensivbildung reinterpretiert
wurde, ein sekundäres ‚Grundverb‘ urgerm.
*χlemm-e/a- analogisch nach den zahl-
reichen anderen Verben, die diese Bezie-
hung zeigten, hinzugebildet werden. Urgerm.
*χlem- kann also auf uridg. *k̂lem- zu-
rückgehen und dürfte eine (balt.-germ.) ono-
matopoetische Wz. sein, zu der balt. Bil-
dungen wie lit. šlamti, šlamù ‚zwitschern,
säuseln, rauschen‘ < vorurbalt. *k̂lom-e/o-,
erweitert šlam̃šti, šlamščiù ‚rauschen, ra-
scheln‘ zu stellen wären.
Die germ. Sippe um ahd. limman wird sonst
oft mit der Wz. uridg. *kleh₁- ‚rufen‘ (LIV²
361) verknüpft, die umstrukturiert bzw. mit
sekundärer Vollstufe *kelh₁- auch in ahd.
hellan (s. d.) < urgerm. *χell-e/a- (mit *-ll-
aus *-lh₁-) < vorurgerm. *kélh₁-e/o- bzw. mit
s-mobile in urgerm. *skelle/a- ‚schallen‘ >
ahd. skellan (s. d.) fortgesetzt ist.
Trifft diese Verbindung zu, muss aber noch
ein Weg gefunden werden, urgerm. *χell-
mit urgerm. *χlem- zu verbinden: Eine mo-
Ableitung zur Wz. uridg. *kleh₁- hätte am
ehesten Schwundstufe gehabt. Eine solche
Bildung wird von lat. clāmāre ‚rufen‘ vo-
rausgesetzt, das eine denominale Ableitung
urit. *klāmāi̯e/o- zu einem nicht belegten
Subst. urit. *klāmo/ā- < uridg. *kh₁-mó/éh₂-
ist. Diese uridg. Bildung hätte im Germ. laut-
gesetzlich zu *χulma/ō- geführt. Eine analo-
gische Umbildung von *χulma/ō- zu der
oben postulierten Wz.gestalt urgerm. *χlam-
bedürfte mehrerer Zwischenstufen und ist
schwerlich zu motivieren.
Einzig gangbare Lösung wäre dann, im Sin-
ne der Benvenisteschen Hypothesen zur Ent-
stehung und Bildung von Wz. im Uridg., mit
unterschiedlichen Wz.erweiterungen zu rech-
nen: uridg. *(k̂)l- + *-eh₁- neben uridg. *(k̂)l-
+ *-em-. Aber diese Lösung ist höchst spe-
kulativ und deshalb besser zu verwerfen. Die
beiden urgerm. Wz. *χell- und *χlem- sind
also trotz ihrer semantischen Nähe besser
weiter getrennt zu halten.
Walde-Pokorny 1, 443 ff.; Pokorny 548 ff.; LIV²
361 f.; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 141 f. 227;
Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 87 f. 124; de Vaan, Et.
dict. of Lat. 84 f. 117; Thes. ling. lat. 3, 1250 ff.;
Niermeyer, Med. Lat. lex.² 242f.; Du Cange² 2, 348;
Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 2232; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 1961; Fraenkel, Lit. et. Wb. 998 f.;
Smoczyński, Słow. et. jęz. lit. 641. — Müller 2007:
266 f.
S. lamôn.