liozan
Volume V, Column 1360
Symbol XML file TEI Symbol PDF file PDF Citation symbol Citation

liozan st.v. II (part.prät. -lozzan), im
Abr (1,76,17 [Pa, Kb]) und weiteren Gl., im
T, OT: losen, weissagen, erhalten, erlangen;
auguriari [= augurari], sortiri
, subst. Part.
Präs. liozandi Teilhaber; consors Var.:
hl-; -eo-, -ie-; -zz-. Mhd. liezen st.v.
losen, als Los zuteilen, frühnhd. liessen
jmdm. eine Behandlung entsprechend sei-
nem Verhalten zuteil werden lassen
.

Ahd. Wb. 5, 1166 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 854; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 729; Schützeichel⁷ 203; Starck-Wells
379. 825; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 115 f.;
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 253. 747; Seebold,
ChWdW8 196; ders., ChWdW9 530; Graff 4, 1122 f.;
Lexer 1, 1914; Frühnhd. Wb. 9, 1233; Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 620 (sortiri).

In anderen älteren west- und in nordgerm.
Sprachen entsprechen: as. hliotan st.v. II er-
langen, erhalten, auf sich nehmen
(Hel); ae.
hlēotan st.v. II (prät. hlēat, hluton) losen,
erlosen, erhalten
; aisl. hljóta st.v. II (prät.
hlaut, part.prät. hlotinn) losen, erlosen, zu-
teil werden, erlangen
, nisl. hljóta müssen,
fär. ljóta, nnorw. ljota (prät. hlaut), aschwed.
liūta (prät. lø̄t), nschwed. ljuta erleiden: <
urgerm. *χlete/a-.

Fick 3 (Germ.)⁴ 113 (hlut²); Seebold, Germ. st.
Verben 264 f.; Tiefenbach, As. Handwb. 170; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 262; Berr, Et. Gl. to Hel. 196; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 162; Bosworth-Toller, AS Dict.
542; Suppl. 551; Suppl. 2, 41; Vries, Anord. et. Wb.²
238 f.; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 275; Fritzner, Ordb.
o. d. g. norske sprog 2, 14 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 119; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 651
(s. v. lod¹); Magnússon, sl. Orðsb. 340 f.; Bjorvand,
Våre arveord² 677 f. (s. v. lott); Torp, Nynorsk et.
ordb. 385; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 583; Svenska
akad. ordb. s. v. ljuta v.

Urgerm. *χlet-e/a- setzt vorurgerm./uridg.
*klé(H)d-e/o- fort. Da die urgerm. Form
auch auf eine laryngalhaltige Wz. zurück-
gehen kann, kommen auch Wz. der Struktur
uridg. *kleuH-d- oder *kleh₁u-d- in Frage
(uridg. *kleh2/3u-d- nur unter der Annahme,
dass das Präs. analogisch nach anderen Ver-
ben der st. Kl. II zum Prät. urgerm. *χlat-
hinzugebildet worden ist, um den ansonsten
entstehenden Gleichklang von Präs. urgerm.
*χlat-e/a- : Prät. *χlat-/*χlut- zu vermei-
den).

Zugehörig sind am ehesten Bildungen im
Balt. und It. Doch sind die semantischen
Verhältnisse schwierig. Die balt. Fortsetzer
weisen auf eine laryngalhaltige Wz. uridg.
*kleH-; vgl. lit. kliti, kliūvù/kliū an-
stoßen, hängen an, geraten in
, dazu als se-
kundäres Transitivum mit dem Suff. lit. -d-
kliudti anstoßen, treffen, hindern (mit un-
klarem Vokalismus in der Wurzel, zu erwar-
ten wäre *-iū-), lit. kliáutis, kliáujuos sich
zusammenfügen
etc., lett. kūt [kũt] wer-
den, unwillkürlich geraten
, 3.sg.präs. kūva,
kūtas [kũtas] pl.f. Geschehnisse, Unfall
(subst. Part.Perf.Pass.), kūda f. [kũda] Feh-
ler
, kūdīt [kũdît] wohin geraten lassen,
schicken
, lett. kūdīties [kũdîtiês] geraten
umherirren, schwanken, in die Irre gehen

etc. Sofern *-d- kein wz.haftes Element oder
eine Wz.erweiterung ist, sondern ein, wie im
Balt. noch gut sichtbar, transitivierendes,
vielleicht urspr. Präs.st. bildendes Suff., er-
gibt sich für die germ. und balt. Formen ein
Ansatz *kleH- wohin geraten, sich bewe-
gen
*kleH-d- etw. irgendwohin geraten
lassen
germ. zulosen, zuteilen und
reziprok erhalten, erlosen, lett. schicken.
Aber auch bei dieser Analyse bleiben Ein-
zelheiten unklar.

Die Zugehörigkeit von lat. claudere, -clū-
dere schließen ist lautlich möglich, aber se-
mantisch ebenfalls schwierig: Da lat. claude-
re und lat. clāvis f. Schlüssel, clāvus m.
Nagel, Pflock zusammengehören, ist hier
wohl von einer Wz. uridg. *kleh₂u- o. ä. aus-
zugehen: uridg. *kleh₂-i- > clāvis, *kleh₂-
o- > clāvus. Das Verb hätte dann ein d-Suff.
wie oben die germ. und balt. Formen: uridg.
*kleh₂-d-. Zu den it. Wörtern gehört auch
umbr. akk.pl.f. klavlaf eine Art Opferlöffel,
Spatel
, das bildungsgleich mit lat. clāvula
Pfropfreis sein dürfte. Zugehörig ist weiter
die Sippe um gr.ion. κληΐς, -ῖδος Schlüssel
(< urgr. *klāī- + -d-) samt denominalem
Verb gr. κλείω schließe.

Dieselbe Vorform wie in lat. clāvus (< uridg.
*kleh₂-o-) ist auch in der kelt. Sippe um air.
cló m. Bolzen, Pflock, mkymr. clo dss.
etc. fortgesetzt. Dort existiert neben dem
o-St. ein o-St. uridg. *kleh₂-o- > air. cloë
m. dss.. Zu den gr., lat. und kelt. Wortsip-
pen ist jedenfalls die slaw. Gruppe um aksl.
kljuь m., russ. klju m. Schlüssel etc., ser-
bo-kroat. kljȕka f., russ. kljuká f. Klinke,
Krücke
etc. zu stellen, die auf (vor)urslaw.
*kleH-ko-, -kā- zurückgeht. Die slaw. Sip-
pe lässt sich dann folgendermaßen mit der
gr. und lat. vereinigen: Bei der schwundstu-
figen Wz.form uridg. *kh₂u- fand in ante-
konsonantischer Stellung eine Laryngalme-
tathese
uridg. *kh₂u-K- > *kluh₂-K- statt,
die zur Entstehung einer neuen Vollstufe
*kleh₂- führte. Lautlich kann in genau die-
ser Weise eine Verbindung mit urgerm.
*χle-t-e/a- < vorurgerm. *klé(H)-d-e/o-
hergestellt werden, die semantische Ver-
knüpfung von germ. erlangen, losen und
schließen, Schlüssel, Pflock im It., Gr. und
Slaw. bleibt jedoch schwierig.

Falls in einer Wurzelvar. mit s-mobile vor-
urgerm. *sklé(H)-d- in der Gruppe *skl- das
*-k- geschwunden ist, ergibt sich ein An-
schluss an die sicher zusammengehörigen
Wortsippen der Bed. Schlüssel, Pflock im
Gr., It., Slaw. und Kelt. und die germ. Sippe
um ahd. sliozan schließen (s. d.). Für diese
Lautentwicklung fehlen aber bislang Paral-
lelen, eigtl. wäre urgerm. *skl- zu erwarten.

Die Stellung von claudēre hinken, claudus lahm,
hinkend
zu dieser Wortsippe ist unklar. Nach einer
älteren Erklärung ist eine Bed.entwicklung mit einem
Stock versehen (weil hinkend)
> hinkend, lahm ein-
getreten. Möglich ist auch ein semantischer Wandel
sich (unsicher) bewegend (vgl. lett. kūdīties [kũ-
dîtiês] geraten, umherirren, schwanken, in die Irre
gehen
[s. o.]) > sich (hinkend) bewegend > hin-
kend, lahm
. Die Vorform wäre dann vorurit., uridg.
*kleh₂-de/o-.

Walde-Pokorny 1, 492 ff.; Pokorny 604f.; LIV² 368;
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 867 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.
539 f.; Beekes, Et. dict. of Gr. 1, 711 f.; Untermann,
Wb. d. Osk.-Umbr. 399 f.; Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. 1, 229 f. (claudō, clāvis, clāvus). 231 (claudus);
Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 125 (clāvis, clāvus). 126
(claudō, claudus); de Vaan, Et. dict. of Lat. 118 (clau-
dō). 118 f. (claudus). 119 (clāvis, clāvus); Thes. ling.
lat. 3, 1300 ff. 1316 f. 1328 ff.; Niermeyer, Med. Lat.
lex.² 244 (claudere). 249 (clavis, clavus); Du Cange²
2, 360; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nrr. 2243 (claudere).
2251 (clavis). 2254 (clavus); Meyer-Lübke, Rom.
et. Wb.³ Nr. 1967 (claudere). 1981 (clavis). 1983
(clavula). 1984 (clavus); Wartburg, Frz. et. Wb. 2, 1,
747 ff. 764 ff. 768 ff.; Trautmann, Balt.-Slav. Wb.
137 f.; Berneker, Slav. et. Wb. 1, 526. 528 ff.;
Trubaëv, t. slov. slav. jaz. 10, 50 ff.; Derksen, Et.
dict. of Slav. 226; Et. slov. jaz. staroslov. 319 f.;
Bezlaj, Et. slov. slov. jez. 2, 43; Snoj, Slov. et. slov.²
281; Vasmer, Russ. et. Wb. 1, 575 (kljuká¹). 576
(klju¹); ders., t. slov. russ. jaz. 2, 257 (kljuká¹). 258
(klju¹); Schuster-ewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 560;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 274; Smoczyski, Słow. et.
jz. lit. 297 f. (s. vv. kliáudti, kliáuti). 299 f. (s.
vv. kliudti, kliti); Mühlenbach-Endzelin, Lett.-
dt. Wb. 2, 240 f.; Karulis, Latv. et. vārd. 1, 407 f.
(kaut, kūda, kūt); Fick 2 (Kelt.)⁴ 103; Matasovi,
Et. dict. of Proto-Celt. 207; Vendryes, Lex. ét. de
l’irl. anc. C-121; Dict. of Irish C-245f.; Dict. of
Welsh 501; Deshayes, Dict. ét. du bret. 401. Lühr
2000: 18.

S. sliozan.

Information

Volume V, Column 1360

Show print version
Citation symbol Citation
Symbol XML file Download (TEI)
Symbol PDF file Download (PDF)

Lemma:
Referenced in: