lurzicho m. an-St., Gl. 5,22,9 (London,
Egerton 267, Ende des 10. oder Anfang des
11. Jh.s, alem.): ‚Lahmer, Gelähmter; clau-
dus‘ 〈Var.: nur nom.sg. lurcicho mit -c-
Graphie für -z- vor -i-; vgl. Braune-Reiffen-
stein 2004: § 157 Anm. 1〉. Die Ableitungs-
basis *lurz ist erst im Mhd. belegt. — Mhd.
lurz, daneben hochstufiges lerz adj. ‚link‘,
frühnhd. lurz adj. ‚links, matt [vom Körper],
dumpf [von der Wahrnehmung]‘, lurtsch
‚linkisch, schief, verbogen‘, subst. ‚unge-
schickter Kerl‘, lerz ‚link(s)‘, phras. die klei-
der zu der lurzen hand breiten ‚falsch leben‘,
nhd. mdartl. els. †lurtscher m. ‚Lahmer‘, lurt-
schi, lortschi m. ‚Mensch mit trägem Gang‘,
lurtsch f. ‚Frau mit trägem Gang‘, bad. lurt-
schi m. ‚jmd. der undeutlich redet‘, bair. lurz
adj. ‚link(s)‘, rhein. lurz adj. ‚links‘, auch
in Komp. wie lurzklüppel, lurzknüppel m.
‚ungeschickter Mensch, Linkshänder‘, pfälz.
lurz m. ‚großer, träger Kerl‘, schles. lurtsch
adj ‚links‘, siebenbürg.-sächs. lurz adj.
‚link(s)‘.
Ahd. Wb. 5, 1417; Splett, Ahd. Wb. 1, 573; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 745; Schützeichel⁷ 210; Starck-Wells
390; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 195; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 409 (II); Lexer 1, 1886; 3,
Nachtr. 297; Frühnhd. Wb. 9, 1020. 1489 f.; Dt. Wb.
12, 1314 (lurtsch, lurz). — Höfler 1899: 366. 380
(Lurtscher); Riecke 2004: 2, 388. — Martin-Lienhart,
Wb. d. els. Mdaa. 1, 610; Ochs, Bad. Wb. 3, 511;
Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1502 f.; Müller, Rhein.
Wb. 5, 638; Christmann, Pfälz. Wb. 4, 1074; Mitzka,
Schles. Wb. 2, 828; Schullerus, Siebenbürg.-sächs.
Wb. 6, 197.
In den anderen germ. Sprachen gibt es keine
Entsprechungen. Die ahd. Form geht auf ur-
germ. *lurtikan- zurück, eine Ableitung mit
dem Suffix urgerm. *-ikan- (zur Bildung vgl.
ahd. alticho m. n-St. ‚der Alte, Greis‘ zu alt
adj. ‚alt‘ [s. dd.]; vgl. Krahe-Meid 1969: 3,
§ 153) vom Primäradj. urgerm. *lurta- ‚ge-
krümmt, hinkend‘, das im Ablaut zu urgerm.
*lerta- ‚verbogen‘ steht. Aus der Grundbed.
‚gekrümmt, verbogen‘ (deshalb ‚hinken‘) hat
sich über ‚ungeschickt‘ die Bed. ‚link(s)‘
entwickelt (die ‚linke Hand‘ gilt als die ‚un-
geschickte Hand‘).
Fick 3 (Germ.)⁴ 364. 571; Heidermanns, Et. Wb. d.
germ. Primäradj. 375. 389. — R. Lühr, in Meid 1987:
71.
Urgerm. *lerta- bzw. *lurta- ist mit dem gr.
o-stufigen Adj. λορδός ‚mit dem Oberkörper
rückwärts gekrümmt, mit einwärts geboge-
nem Rücken‘ zu vergleichen und auf eine
uridg. Wz. *lerd- ‚Krümmung‘ zurückzufüh-
ren. Von dieser Wz. sind auch arm. lorcՙ-kՙ
pl. ‚krampfhafte Verkrümmung des Ober-
körpers nach einwärts‘ (< *lord-sk-i-) und
schott.-gäl. loirc f. ‚missgestalteter Fuß‘
(< *lord-sk-eh₂-) abgeleitet.
Walde-Pokorny 2, 439; Pokorny 679; Frisk, Gr. et.
Wb. 2, 137; Chantraine, Dict. ét. gr. 646 f.; Beekes,
Et. dict. of Gr. 1, 871 f.