luzzi
Band V, Spalte 1558
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luzzi adj. ja-St., Gl. 2,242,22 (Hs. An-
fang des 9. Jh.s, Zeit des Gl.eintrags unbe-
kannt), Gl. in Rom, Ottob. lat. 3295 (3. Vier-
tel des 9. Jh.s, südrheinfrk.): klein, winzig,
gering; parvus, unicus
Var.: luci. Mhd.
lütze, lüz adj. klein, gering, wenig, nhd.
mdartl. rhein., märk., mittelelb. lütt, sie-
benbürg.-sächs. lütz, lüneb., schlesw.-holst.,
meckl., preuß. lütt.

Ahd. Wb. 5, 1461; Splett, Ahd. Wb. 1, 578; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 748; Schützeichel⁷ 211; Starck-Wells
392. 826; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 208;
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 693. 792; Seebold,
ChWdW9 549; Lexer 1, 1999. Müller, Rhein. Wb. 5,
655; Bretschneider, Brandenb.-berlin. Wb. 3, 166f.;
Kettmann, Mittelelb. Wb. 2, 926 f.; Schullerus, Sie-
benbürg.-sächs. Wb. 6, 200; Kück, Lüneb. Wb. 2,
336 f.; Mensing, Schleswig-holst. Wb. 3, 551 f.; Wos-
sidlo-Teuchert, Meckl. Wb. 4, 1036 ff.; Riemann,
Preuß. Wb. 3, 1028.

In anderen germ. Sprachen entsprechen le-
diglich: as. lut wenig (Hel); ae. lyt wenig,
klein
, falls bei beiden der Wz.vokal kurz ist:
< urgerm. *lut-a-.

Fick 3 (Germ.)⁴ 374; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 390 f.; Tiefenbach, As. Handwb. 253;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 353; Berr, Et. Gl. to Hel. 259;
Holthausen, Ae. et. Wb. 209; Bosworth-Toller, AS
Dict. 651; Suppl. 624; OED² s. v. little adj., noun, adv.

Ahd. luzzi klein, winzig, gering ist mit
westgerm. Konsonantengemination aus ur-
germ. *lut-a- entstanden und setzt eine ur-
idg. Adj.bildung *lud-o- geduckt, gebeugt,
niedergekauert
fort.

Mit einem bedeutungsähnlichen uridg. Adj.-
suff. *-no- stehen der Adj.ableitung uridg.
*lud-o- > ahd. luzzi in anderen idg. Spra-
chen am nächsten: lit. lidnas traurig, ge-
bückt, niedergeschlagen
< uridg. *lud-no-
(der palatalisierte Anlaut des Lit. kann aus
einer nicht bezeugten Vollstufe lit. *liaud- <
uridg. *led- stammen); diese Bildung stimmt
außer dem sekundär geneuerten Anlaut im
Lit. genau zu kymr. llwdn m. Tierjunges
< urkelt. *lud-no- und llydnes f. weibliches
Tierjunges
< urkelt. *lud-n-issā. Die Bedeu-
tung der beiden Adj.bildungen uridg. *lud-
o- und *lud-no- hat sich aus *niederge-
kauert, gebückt
aufgespalten in traurig,
niedergeschlagen
(im Balt.) und klein (im
Germ. und Kelt.; s. dazu auch unten).

Eine uridg. Ableitung *lod-o- gebückte
Haltung, das Sich-Niederkauern
ist in kymr.
lludd subst. Müdigkeit, Erschöpfung < ur-
kelt. *lod-o-, di-ludd adj. munter, frisch <
urkelt. *dī-lod-o- keine Müdigkeit habend
und ksl. ludъ töricht, russ. lud Narr, serb.,
kroat., slowen. ld, bulg. lud töricht, dumm
< urslaw. *l < vorurslaw. *lod-o- mit
den verbalen Ableitungen russ. ludit’ be-
trügen
, poln. łudzi betrügen, täuschen
fortgesetzt. Urkelt. *lod-o- könnte aber auch
auf eine uridg. Form *led-o- zurückgehen
und dann genau zu got. liuts adj. heim-
tückisch, heuchlerisch, kriecherisch
(s. u.)
stimmen.

Ein uridg. Femininum *lud-eh₂- das Sich-
Niederkauern, Bücken
ist im kymr. Komp.
lloddwedd (Var. llodredd) Kleinigkeit, wert-
lose Sache
< urkymr. *ludā-edu- Klein-
Sache
bezeugt (zur semantischen Entwick-
lung von *niedergekauert zu klein s. o.);
auf dem uridg. Fem. *lud-eh₂- beruht auch
die verbale Ableitung *lud-eh₂-e-, die in
got. luton sw.v. II täuschen enthalten ist.

Daneben steht noch got. liuts Adj. heim-
tückisch, heuchlerisch, kriecherisch
< ur-
germ. *leut-a- katzbuckelnd, heuchlerisch,
kriecherisch
< uridg. *leud-o- adj. sich bü-
ckend
. Wie bei dem got. Verb lutōn und den
o.g. slaw. Nomina ist hier eine einzelsprach-
liche semantische Entwicklung von *ge-
bückte Haltung, das Sich-Niederkauern
>
das Katzbuckeln; Täuschung eingetreten.

Aisl. lútr gebeugt, erniedrigt, demütig kann
mit analogischem Langvokal wie im Verb
aisl. lúta sich ducken, sich beugen, nieder-
kauern
erklärt werden (s. lûzên) und stammt
dann entweder aus urgerm. *lut-a- < uridg.
*lud-o- oder aus urgerm. *let-a- < uridg.
*led-o-.

Von urgerm. *lut-a- sind im Ahd. noch ab-
geleitet: luzzî f. Kleinigkeit; luzzîg winzig,
gering, schmächtig
< urgerm. *luta- (ae.
lytig, lyteg schlau, verschlagen, betrüge-
risch
); luzzil klein, kurz, gering, leicht <
urgerm. *lutila- (ae. lytel) sowie das kausa-
tivische sw.v. I luzzen (< urgerm. *lut-e/a-)
herabsetzen, schmähen, tadeln < *jmdn.
klein machen
.

Diesen Formen liegt die uridg. Wurzel
*led- sich ducken, sich beugen, sich zu-
sammenkauern
zugrunde, die als primäres
Verb nur in aisl. lúta (Prät. laut) und ae.
lútan (Prät. leát) sich ducken, sich beu-
gen, niederkauern
< uridg. themat. Präsens
*d-e- mit Perfekt *le-lod-e sowie in
lit. liūdti niedergeschlagen, traurig sein
(mit sekundärem palatalisierten Anlaut wie
bei lit. lidnas; s.o) bezeugt ist (Weiteres
dazu s. lûzên).

Walde-Pokorny 2, 415 f.; Pokorny 684; LIV² 415;
Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 151; Berneker, Slav. et.
Wb. 1, 743 f.; Trubaëv, t. slov. slav. jaz. 16, 167.
168 f.; Derksen, Et. dict. of Slav. 290 f.; Bezlaj, Et.
slov. slov. jez. 2, 155; Vasmer, Russ. et. Wb. 2, 65;
ders., t. slov. russ. jaz. 2, 528; Fraenkel, Lit. et. Wb.
389 f.; Smoczyski, Słow. et. jz. lit. 360 f.; Fick 2
(Kelt.)⁴ 258; Dict. of Welsh 2219 (lludd). 2234
(llwdn). 2252 (llydnes).

S. lûzên.

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