edo, odo
Band II, Spalte 950
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edoAWB, odoAWB konj. oder, und, sonst, vel, sive,
aut
Var.: a-, æ-; -dh-, -dd-; -a, -e, -eo,
erd(h)o, erđo, erdu, ardo, o(r)der. Die ältesten
Varianten sind eddo und odo (8. Jh. Zur Ver-
einfachung der Doppelkonsonanz infolge der
meist proklitischen Stellung s. Braune, Ahd.
Gr.¹⁴ § 167 Anm. 11). Mhd. ode, od, oder,
nhd. oder. Das -r ist nach dem Vorbild von
aber und weder angetreten; vgl. ahd. (h)wedar
... odo ob ... oder.

Ahd. Wb. III, 57 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 1214; Schütz-
eichel⁴ 203; Starck-Wells 123. 802. 841; Graff I,
146 f.; Schade 123; Lexer II, 140; Benecke II, 430;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 63 (aut). 539 (sive). 609
(vel); Dt. Wb. VII, 1148 ff.; Kluge²¹ 519; Kluge²²
513; Pfeifer, Et. Wb. 1193; Behaghel, Dt. Syntax III,
237 f.

Zusammen mit ahd. edo weisen die e-haltigen
Lautungen as. ettho, -a (mndd. ēder, edder;
mndl. ed[d]er), ae. eðða, got. aiþþau auf eine
Vorform mit *-þþ-; vgl. got. miþþan inzwi-
schen
< miþ + þan. Vereinfachung der Dop-
pelkonsonanz begegnet in aisl. eða, eðr, nisl.
eða, adän. æthæ, runennord. iþa. Von den e-
haltigen Formen sind die o-/ a-haltigen zu tren-
nen und zu ahd. odo zu stellen: as. ohtho, atha,
mndd. āder, adder; mndl. oder; ae. oðða, -e,
-on, -er, me. oththe, odðe, odde, oðe, ne. or.
Da kein Lautwandel von e zu o im Nebenton
nachgewiesen werden kann, ist hier eine eigene
Vorform anzusetzen. Aus dem Ndd., Ndl. und
Afries. stellen sich weiterhin Formen mit -f-
hierher: as. eftho, -a, ofthe, mndd. eft, oft(e);
mndl. ofte, ocht; afries. jeft(h)a, ieft, ioftha, of-
tha, ofte, efter. Die Ausgänge got. -au, aisl. -a,
ae. -a, as. -o, -a und ahd. -o beruhen auf ur-
germ. *-au (vgl. got. ahtau, aisl. átta, ae. eahta,
afries. achta; ahto acht). Der Bestandteil
*þau ist identisch mit got. þau als, doch, oder
< *þa-u (< *to-u mit *to vom Pronominal-
stamm *te/ o- [ der] + Fragepartikel -u; vgl.
in umgekehrter Reihenfolge aind. utá und
auch
). Dagegen ist aisl. eðr, ae. oððer wie ahd.
oder analogisch nach Adverbien auf -đr umge-
bildet; vgl. ae. hwæðer in hwæðer ... oððe ob
... oder
(anders gebildet ist ndän., nschwed. el-
ler oder, eigtl. andernfalls, sonst [anord. el-
lar], das die Fortsetzung von adän. æthæ ver-
drängt hat); elichôr; und ae. -e in oððe kann
ein zu -a, das als Adverbialausgang aufgefaßt
wurde, neugebildeter Adverbialausgang sein.

Als Vorform für die e-haltigen Lautungen ergibt
sich *eđe/a þau wiederum doch mit Wandel
von *e zu got. im Schwachton wie in got.
waila gut (und der Reduplikationssilbe der st.
Verben der VII. Klasse gegenüber got. ni
nicht, iþ aber mit bereits urgerm. schwachto-
nigen *i); vgl. ae. ed-niwe ganz neu < wieder
neu
(< *eđa); aisl. ið-giold Vergeltung (<
*eđi wieder; it(a)niuwes von neuem und
vgl. Pokorny 344; und als Vorform für die o-
haltigen Lautungen ist *uþe/a bzw. *uđe/a þau
andererseits doch anzunehmen (vgl. aind. utá
... utá einerseits andererseits) oder eher noch
*ađe/a þau wiederum doch (mit schwachtoni-
ger Entwicklung von *a > o); vgl. ahd. atahaft
ununterbrochen < *ađē/ōn χafta- immer wie-
der behaftet mit
; s. aber atahaft; gr. ἀτάρ dage-
gen, aber
< *at + ar, lat. at aber, got. aþþan
aber, doch, lit. ati- weg, wiederum, zurück,
herzu, herbei
, air. aith-, vortonig ad- wieder,
ent-
< *ati. Dagegen beruhen die f-haltigen
Formen as. eftho usw. auf einzelsprachlicher
Kontamination mit dem Wort für ob, wenn;
vgl. as. ef, of ob, wenn; afries. ief, ef, iof, of
wenn; ae. ef, of ob, wenn. Man braucht also
nicht ein urgerm. *eftþau anzusetzen, wobei
*-ftþ- > *fþþ- nach singulären Lautgesetzen,
wie etwa G. Schmidt, Germ. Adv. 88 annimmt,
einmal zu -fþ-, ein andermal zu -þþ-, verein-
facht wäre. Ein Kontaminationsprodukt stellt
ebenfalls ahd. erdho, erđo, Hildebr. erdo dar,
da es für eine Dissimilation von *-þþ- > -rþ-
sonst keine Zeugnisse gibt. Sofern Hildebr. wer-
dar ob eine sprachwirkliche Form ist ( we-
dar
; vgl. Hildebr. 56 ff. niuse, de motti, werdar
sih hiutu dero hregilo hrumen muotti erdo desero
brunnono bedero uualtan Versuche, der es
kann, ob er sich heute der Brustpanzer rühmen
kann oder über diese beiden Brünnen Herr sein
;
s. Lühr, Stud. z. Hildebrandlied 690 ff.), könnte
ein ahd. hwerdar ob im Ahd. auf eddo oder
einen Einfluß ausgeübt und ahd. erdo verursacht
haben (R. Lühr, Mü. Stud. z. Spr.wiss. 34
[1976], 77 ff.).

Fick III (Germ.)⁴ 24; Holthausen, As. Wb. 14; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 92; Berr, Et. Gl. to Hel. 88 f.; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 512; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. I, 628; Verdam, Mndl. handwb. 158;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 466; Vries, Ndls. et. wb.
479 (jedoch mit Annahme einer Assimilation von *fþ
> þþ); Holthausen, Afries. Wb.² 52; Richthofen,
Afries. Wb. 839 f.; Dijkstra, Friesch Wb. II, 256; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 94; Bosworth-Toller, AS Dict.
266. 770; Suppl. 678; ME Dict. O-351; OED² X,
882 f.; Oxf. Dict. of Engl. Et. 630; Vries, Anord. et.
Wb.² 93 f. 615; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 18; Holthau-
sen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 45 f.; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog I, 281 f.; Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 187; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 29; Lehmann,
Gothic Et. Dict. A-92; Grienberger, Unters. z. got.
Wortkunde 17: *aif-þau > got. aiþþau; Streitberg,
Got. El.buch § 26 Anm. 1: *-fþ- > *-þþ- (doch dazu
s. o.); W. Bennett, Lang. 43 (1967), 64: got. iþ aber
+ þau der (vgl. A. Bezzenberger, Unters. über die got.
Adv. u. Partikeln [Halle, 1873], 93 f.); wieder anders
F. Cercignani, JIES 12 (1984), 329 ff.: got. ai- beruhe
auf dem Einfluß eines h; ähnlich R. Meringer bei
S. Singer, PBB 12 (1887), 211; Kieckers, Handb. d.
vgl. got. Gr. § 11 (Krause, Handb. d. Got.³ § 61): got.
aiþþau < *aihþau mit aih- gleich lat. ec- in ecce da,
sieh da
; doch beruht lat. ecce auf *ed-ce (Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. I, 390). Dagegen ist nach Seebold
(Kluge²²) der zweite Bestandteil der Dual des Demon-
strativpron., während der erste Bestandteil unklar ist.

Zu *ati, *ute s. Walde-Pokorny I, 42 f.; Pokorny 70;
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 101; ders., Et. Wb.
d. Altindoar. I, 57. 212; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb.
I, 75; Fraenkel, Lit. et. Wb. 20; Vendryes, Lex. ét. de
l’irl. anc. A-13. Der Verbindung von aind. utá mit gr.
ἠ-ύτε wie, gleichwie steht G. E. Dunkels, Zfvgl.Spr.
96 (198283), 184 ff. Gleichsetzung mit gr. αὖτε aber-
mals, wiederum
[< **Hu-te] entgegen. J. E. Härd,
Mndd. oder; oft und Verwandtes (Göteborger ger-
manistische Forschungen, 8), Stockholm, 1967.

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