bungo, pungo
Band II, Spalte 434
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bungoAWB, pungo m. n-St., nur in Gl. vom
11. Jh. an: Bachbunge, berula, anagallicum,
favata, buga
(Veronica beccabunga L.); auf
eine andere Pflanze übertragen bolluga, viell.
Polei (Mentha pulegium L.; vgl. Marzell, Wb.
d. dt. Pflanzennamen IV, 1057); einmal glos-
siert es bulbus (Gl. 3, 471, 16: bulbus est etiam
radix herbarum rotundus ut uniones i. unelouh),
wo es wohl die allg. Bed. Pflanzenknolle hat
(vgl. Lexer I, 383 und s. u.). Nhd. meist in der
Zss. Bachbunge (mhd. schon bachbunge
14. Jh.), weil die Pflanze in Bächen und still
fließenden Wassern wächst ( bah und vgl.
Weigand, Dt. Wb.⁵ 134). Das daneben vor-
kommende Simplex Bunge, Punge(n) wird
auch für eine ähnliche, von früheren Botani-
kern für eine Art Bachbunge gehaltene Pflanze
Samolus valerandi L. gebraucht (vgl. Marzell,
a. a. O. IV, 82).

Ahd. Wb. 1489 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 115; Starck-
Wells 84; Graff III, 131; Schade 90; Lexer I, 383; Be-
necke I, 277 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 32 (anagal-
licum). 72 (berula). 78 (bolluga). 84 (buga, bulbus).
227 (fauata); Dt. Wb. II, 324; Kluge¹⁵ 44 (Bachbun-
ge). 113 (Bunge; diese Wörter fehlen in den späteren
Aufl.). Marzell, Wb. d. dt. Pflanzennamen IV,
1056 ff.; H. Reier, Adt. Heilpfl. I, 76.

Auch in anderen germ. Sprachen kommen ähnli-
che Zss. vor: mndd. bekebunge (wonach der
neulat. Name der Pflanze); nndl. beck(e)ponge,
-punge; ält. ndän. bekbung, bekkebung(e),
nschwed. bäck(a)bunger, -bunga. Simplizia sind
seltener: mndd. punge, nndl. ponge, nschwed.
punge.

Die Bachbunge hat ihren Namen wohl von den
kugeligen, etwas gedunsenen Fruchtkapseln
(Marzell IV, 1057; vgl. auch Weigand, a. a. O.;
die Pflanze hat keine Knollen). Außerhalb der
Bezeichnungen aus der Pflanzenwelt sind ver-
wandt: aisl. bunga Klumpen, Wölbung, nnorw.
bunge Beule, Geschwulst; mndl. bonge Sack,
Beutel
; ablautend mhd. binge Vertiefung, nhd.
Binge durch Grubeneinsturz entstandene kes-
selförmige Erdvertiefung
(Bergbau); aisl. bingr
Bett(polster); Teil eines Zimmers, nisl. auch
Haufen, aschwed. binge, nschwed. dial. bing
Kornkasten, binge Scheune für Getreide oder
Stroh
. Vielleicht hierher mit -k- aus einem
ursprl. n-stämmigen Paradigma mit n-Gemina-
tion (kaum mit intens. Kons.-Schärfung, s.
Lühr, Expressivität 307 f.; aber s. u.) mndd. bun-
ke (großer) Knochen; mndl. bonke, bonc
Knochen, nndl. bonk Klumpen, Knochen;
afries. bunka, -e Knochen(splitter); ne. bunch
Buckel, Wulst (veraltet), Bündel, Anzahl;
aisl. bunki Schiffslast (zur Bed. bolka),
nnorw. ndän. nschwed. bunke Haufen.

Fick III (Germ.)⁴ 259; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 189 (bēkebunge). 371 (bunke); Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. I, 451 f.; III, 387 (punge); Ver-
dam, Mndl. handwb. 109; Franck, Et. wb. d. ndl. taal²
81 f.; Suppl. 23; Vries, Ndls. et. wb. 76; Wb. d. ndl.
taal XII, 2, 3280 f. (Beckponge); Holthausen, Afries.
Wb.² 13; Richthofen, Afries. Wb. 673; Oxf. Dict. of
Engl. Et. 126 (bunch: of unknown origin); Vries,
Anord. et. Wb.² 37 (bingr). 65 (bunga, bunki); Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 610. 961; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 16. 29; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
117. 1445; Lange, Ordbog o. Danmarks plantenavne
II, 792 f.; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 112; Svenska
akad. ordb. B-4729 (Bäck[a]bunger, -bunga).

Die germ. Sippe ist wohl hauptsächlich auf eine
Wz. *bhenh- : *bhh- dick, dicht, feist zu-
rückzuführen; außergerm. Vergleiche sind u. a.
aind. bahú- (< *bhahú-) dicht, reichlich, viel,
jungav. bzah- n. Höhe, Tiefe, bnauu- m.
dss.; gr. παχύς (< *φαχύς) dick, dicht, feist;
lett. bìezs dicht, dick, bìezums Dicke; viell.
lit. bun Knopf, Knauf, Keule (Fraenkel, Lit.
et. Wb. 64, unsicher); heth. panku- gesamt, all-
gemein
. Zu lat. pīnguis fett, das wenigstens
nicht unmittelbar auf die Wz. *bhh- zurück-
geführt werden kann (Kreuzung aus *pīmos
fett [zu gr. πῑμελή Fett, πίων fett] und *fin-
guis = παχύς?), vgl. Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. II, 306; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 508.

Walde-Pokorny II, 151; Pokorny 127 f.; Mayrhofer,
K. et. Wb. d. Aind. II, 424 f.; ders., Et. Wb. d. Altin-
doar. II, 220 f.; Bartholomae, Airan. Wb. 962 f.; Frisk,
Gr. et. Wb. II, 484 f.; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 753;
Chantraine, Dict. ét. gr. 866; Mühlenbach-Endzelin,
Lett.-dt. Wb. I, 306 f.; Trautmann, Balt.-Slav. Wb.
30; Kronasser, Et. d. heth. Spr. I, 252; E. Benveniste,
Lang. 29 (1953), 258.

Wegen der Bed. wohl nicht verwandt ist mhd. bunge
Trommel, nhd. Bunge Trommel, trommelförmige
Fischreuse
, das zu nndd. bangen, ne. bang, aisl. banga
usw. schlagen, klopfen gehört (vgl. auch nhd. Ben-
gel); s. Lühr, Expressivität 363 f. Da aber sowohl eine
Trommel wie auch eine Knolle oder ein Wulst dick
und rund sind, wäre eine Kontamination der beiden
Sippen möglich. Es ist auch bemerkenswert, daß ein
Nebeneinander der Bedeutungen schwellen und
schlagen bei mehreren Wortsippen vorzukommen
scheint; vgl. z. B. mhd. bûsch Knüttel, Schlag, der
Beulen gibt, Wulst
( bûsc) und die Kontroverse über
die Etym. von lat. fūstis Stock, Knüttel (Walde-Hof-
mann, a. a. O. I, 573; bôzan).

Auch mit anderen Kontaminationen ist vielleicht in
den verschiedenen germ. Sprachen zu rechnen, bes.
bei den oben erwähnten auf -k auslautenden Wörtern,
die u. a. (großer) Knochen bedeuten: z. T. viell. mit
der Sippe von ahd. bein (s. d.), z. T. mit der von anord.
buna (Beiname), nisl. Knochen eines Ochsen, nnorw.
Knochen, Röhre, einem Wort unsicherer Herkunft
(vgl. Vries, Anord. et. Wb.² 64; Jóhannesson, a. a. O.
603 f.).

In den nhd. Mdaa. kommt das Wort als Simplex
und in verschiedenen Zss. als Pflanzenname vor,
wie z. B. schweiz. Bunge(n), Wasserpung, Bach-
bungele (Schweiz. Id. IV, 1376), österr. Pungen
(Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa. in Österr. III,
1395) usw., aber in der tirol. Mda. auch mit der
Bed. Wulst, Beule (pungge; auch pungget adj.
wulstig, bucklig, pungger kleiner dicker
Mensch
, punggl [pinggl] wulstiges Bündel von
Kleidern, Stroh usw.; Geschwulst, Beule, klei-
ner Hügel
, Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 119);
vgl. auch Kranzmayer, a. a. O. III, 1395: Punge
Kropf d. Vogels, 1409 f.: Punken Bündel,
Wulst, Astknorren
. Im Bair. bedeutet bunches
m. kleingeschrotene Rüben (Schmeller, Bayer.
Wb.² I, 395). Vgl. auch schleswig-holst. bunk
Haufen, im Pl. große Knochen (Mensing,
Schleswig-holst. Wb. 586). Zum häufigen Mund-
artwort bunge Trommel, Fischreuse s. o.

S. auch *berenbunge.

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