FrankoAWB m. n-St., seit dem 8. Jh., in Gl.,
Ludw., Würzb. Markb. und bei Otfrid (im Pl.
wird das Wort als VN verwendet, im Sg. dage-
gen als PN oder für den einzelnen Angehöri-
gen des Volks): ‚Franke, Franken, franci‘
〈Var.: -ch-〉. — Mhd. Franke, Vranke, nhd.
Franke.
Splett, Ahd. Wb. I, 260 f.; Köbler, Wb. d. ahd. Spr.
326; Schützeichel⁵ 140; Starck-Wells 176. 811. 846;
Schützeichel, Glossenwortschatz III, 286; Graff III,
825 f.; Schade 220; Lexer III, 490; Benecke III, 395;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 245 (Franco); Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 276 (Franci); Dt. Wb. IV, 1, 1, 57;
Kluge²¹ 214; Kluge²⁴ 312; Pfeifer, Et. Wb.² 370. —
Franck, Afrk. Gr.² § 1.
Der Stammesname der Franken ist seit dem
3. Jh. n. Chr. bei lat. und gr. Schriftstellern als
Franci (sg. Francus) bzw. Φράγγοι neben Φρά-
γκοι bezeugt (die von manchen Forschern [etwa
Bremer, Ethnographie 144] als Erstbeleg für den
Namen angeführte Stelle aus Cicero, Ep. ad At-
ticum XIV 10, 2 stellt keinen Beleg für den
Stammesnamen der Franken dar, da hier Fango-
nes zu lesen ist). Der Wechsel zwischen -γ- und
-κ- in den gr. Quellen beruht auf einer innergr.
Lautentwicklung, da in einigen Dialekten die
phonologische Opposition [+ stimmhaft] und
[- stimmhaft] nach Nasal verlorenging. In den
anderen germ. Sprachen entsprechen: as. Fran-
ko, mndd. Vranke; mndl. Vranke, Franke ‚An-
gehöriger des fränkischen Stammes‘; ae. Fran-
can (der Stammesname auch in den Komposita
Francland und Francrīce), me. Franken (daneben
auch Francī und Francōns aus mlat. Franci und
Francōnes) ‚Franken‘, ne. Frank ‚Angehöriger
des fränkischen Stammes‘; aisl. Frakkar ‚Fran-
ken‘ (auch in dem Komp. Frakkland ‚Franken-
land‘), adän. Frankæ(r), ndän. Franker,
aschwed., nschwed. Franker: < urgerm. *Frank-
an-. Nach Tiefenbach, Wörter volksspr. Her-
kunft 54 (in Nachfolge von J. Franck, WZGK
26 [1907], 72) kann dem lat. Wort Franci nicht
der n-St., der in ahd. Franko erscheint, zugrun-
de gelegen haben, da dies zu Francones latini-
siert hätte werden müssen. Jedoch stellt Franci
lediglich eine innerlat. Überführung in die 2.
Deklination dar, die mit der jüngeren Überfüh-
rung Goti neben der älteren Latinisierung Gu/-
ot(h)ones zu vergleichen ist (N. Wagner, BN
N.F. 17 [1982], 66).
Die Frage nach der etymologischen Einordnung
des Stammesnamens ist häufig behandelt und
unterschiedlich beantwortet worden. Schon in
der Spätantike gibt es Etymologisierungsversu-
che. Die Deutung mit den meisten Nachfolgern
findet sich bei Isid. Etym. IX, 2, 101: Alii eos a
feritate morum nuncupatos existimant. Sunt enim
in illis mores inconditi, naturalis ferocitas animo-
rum ‚Manche meinen, daß sie [= die Franken]
nach der Wildheit ihrer Sitten benannt sind.
Denn die Sitten sind bei ihnen ungeordnet, eine
angeborene Wildheit der Gemüter‘. Die Wild-
heit der Franken ist in der Spätantike ein litera-
rischer Topos. Daneben finden sich aber auch
Anknüpfungen an lat. ferrum ‚Eisen, Schwert‘,
feritās ‚Wildheit‘ und frangere ‚brechen‘. Solche
Versuche sind aber kritisch zu bewerten, da sie
sich auf lautliche Anklänge stützen, wie aus ei-
ner Hs. aus dem 13. Jh. der Cronica pontificum
et imperatorum S. Bartholomaei in Insula Romani
hervorgeht, wo ausgesagt wird: Valentinianus
... proprio eos nomine Francos, quasi ferancos, id
est feroces, appellavit ‚Valentinianus ... benannte
sie mit ihrem eigenen Namen als Franken, quasi
ferances, d. h. die Kriegerischen‘. Von höherem
Wert erscheint dagegen die Aussage bei Liba-
nios Orat. LIX 130, S. 275, 9 f., daß die Fran-
ken, die er als Φρακτοί bezeichnet, τῷ τῶν πολε-
μικῶν ἔρωτι πρὸς μανίαν κινούμενοι ‚durch die
Begierde zum Kampf bis zur Raserei erregt‘ sei-
en. Libanios selbst verknüpft zwar den Franken-
namen mit einem semantisch abweichenden
Verb, nämlich gr. φράσσω ‚schütze, wappne,
panzere‘, doch könnte an dieser Stelle die tat-
sächliche Bedeutung des Völkernamens vorlie-
gen.
In der Neuzeit stehen sich mehrere Etymologi-
sierungsversuche gegenüber:
1. Der Name der Franken stammt von einem in
den roman. Sprachen belegten Wort frz. franc,
italien., span., port. franco, katal. franc ‚frei‘.
Roman. *frank- seinerseits sei aus einem germ.
*franka- entlehnt, das in den germ. Sprachen
verlorengegangen sei (frz. franc wurde ins Bret.
[mbret. frank ‚frei‘] und schließlich auch wieder
ins Germ. entlehnt als mndl. vranc, nndl. vrank,
me., ne. frank, nostfries., nhd. frank ‚frei‘, auch
in der Zwillingsformel frank und frei [Röhrich,
Sprichw. Redensarten I, 470]; aus dem Nhd.
stammen ndän., nnorw., nschwed. frank ‚frei‘).
Problematisch bei dieser Deutung ist aber, daß
das roman. Adj. *frank- wohl selbst eine Ablei-
tung von mlat. Francus ‚Franke‘ ist, da die Fran-
ken in ihrer Herrschaftsstellung als die Freien
schlechthin galten (vgl. E. Zöllner, Die politische
Stellung der Völker im Frankenreich [Wien,
1950], 63 f.).
2. Der Name der Franken ist von dem Wort ae.
franca ‚Lanze, Spieß‘, aisl. frakka f., frakki m.
(nur in Zusammensetzungen wie ryðfrakki ‚ro-
stiger Wurfspieß‘) ‚Wurfspieß‘ (vielleicht aus
dem Ae. entlehnt), run. norw. f[r]ąknA (gen.pl.
auf dem Stein von Eggja, ca. 700 n. Chr.), fär.
frakki (< urgerm. *frankan-) abgeleitet; in die-
sem Fall wäre das Benennungsmotiv des Völker-
namens ein ähnliches wie das der Sachsen: ‚die
durch das Schwert [sahs] charakterisiert sind‘.
Dagegen wird angeführt, daß das Verhältnis
wohl umgekehrt zu interpretieren, also die Waf-
fenbezeichnung aus dem Stammesnamen abge-
leitet sei; ae. franca sei nichts anderes als ‚die
fränkische Waffe‘ (Falk, Anord. Waffenkunde
75). Dabei wird auf eine Angabe im Liber Histo-
riae c. 17 verwiesen, wo eine fränkische Streitaxt
francisca genannt wird. Dieser Vergleich ist je-
doch nicht statthaft (ebenso wie der mit aisl.
flæmingr ‚Schwert‘, das als Ableitung von flæ-
mingi ‚Flame‘ gilt [dagegen aber Vries, Anord.
et. Wb.² 135]), da bei francisca eine suffixale
Ableitung vorliegt (*-iska-), bei franca jedoch
nicht. Auch findet sich im Ae. an keiner Beleg-
stelle von franca eine wie auch immer gelagerte
Verbindung mit den Franken.
3. Der Frankenname sei an späturgerm. *franka-
‚kampfbegierig‘ anzuschließen, das als Nasalin-
fixbildung zu urgerm. *fraka- ‚mutig, gierig‘ ge-
hört. In Verbindung mit den antiken Zeugnis-
sen, nach denen der Name der Franken ‚die
Kühnen, die Kampfbegierigen‘ bedeutet, kommt
dieser Etymologie die größte Wahrscheinlich-
keit zu. Ohne Nasal ist das Wort als mndd.
vrack, mndl. vrak ‚gierig, habsüchtig, geizig‘,
ae. fræc ‚gierig‘ belegt. Anorw. frakkr ‚mutig,
unerschrocken‘, nnorw. frakk ‚schnell, mutig‘
sind in der Bildeweise unklar. Man könnte zum
einen mit einer expressiven Variante *frakka-
rechnen, da das Adj. im Nordgerm. aber nur re-
gional vorkommt, ist auch eine Entlehnung aus
dem Mndd. möglich (rein formal wäre anorw.
frakkr auch aus *franka- herleitbar). Zur Erklä-
rung der neben *fraka- stehenden, nasalierten
(expressiven?) Form *franka- kann vielleicht
formal auf das Verhältnis *blaka- ‚schwarz‘ :
*blanka- ‚schwach glänzend‘ verwiesen werden,
semantisch (antithetisch) auf *đawa- ‚ver-
stockt‘ : *đumba- ‚dumm, töricht‘ (vgl. zu bei-
den Lühr, Expressivität 96 f. 101 ff.). Die Basis-
form urgerm. *fraka- steht dabei in Ablaut zu
*freka- (→ freh), das auch als Namenelement
vorkommt: Freh-, dazu auch Fruohhan (< *frōk-
ni-; vgl. Förstemann, Adt. Namenbuch2—3
521 ff. und 540). Durch das Vorherrschen des
Völkernamens wurde die ursprüngliche Bedeu-
tung ‚kampfbegierig‘ zurückgedrängt. Deswegen
konnte, nachdem die Franken die herrschende
Schicht geworden waren, aus dem Völkernamen
ein Adj. francus in der neuen Bedeutung ‚frei‘ ab-
strahiert werden.
Abzulehnen ist die Etymologie von J. Trier, Westfäl.
Z. 97 (1974), 20, der als Grundbedeutung ‚das höl-
zerne Gerüst des Zauns‘ annimmt (so schon PBB 67
[1944], 67).
Fick III (Germ.)⁴ 246; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 208 ff.; Holthausen, As. Wb. 22; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 985; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. V, 527; Verdam, Mndl. handwb.
748; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 761; Vries, Ndls. et.
wb. 803; Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I,
553 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 115; Bosworth-Toller,
AS Dict. 330; Suppl. 262; ME Dict. E-F, 859 f.;
OED² VI, 146 f.; Oxf. Dict. of Engl. Et. 375; Vries,
Anord. et. Wb.² 139; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 1001;
Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 71; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 271; Ordb. o. d. danske sprog V,
1170 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 133; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 234; Svenska akad. ordb. F-1397. — Körting,
Lat.-rom. Wb.³ Nr. 3959; Meyer-Lübke, Rom. et.
Wb.³ Nr. 3483; Wartburg, Frz. et. Wb. XV. 2, 163 ff.;
Diez, Et. Wb. d. rom. Spr.⁵ 147; Stimm, Roman. Wör-
ter für ‚frei‘ 24 ff. — Schönfeld, Wb. d. agerm. PN
89 ff.; Reichert, Lexikon d. altgerm. Namen I, 273 ff.;
II, 507; Diefenbach, Vgl. Wb. d. got. Spr. I, 403 f.;
Grimm, Gesch. d. dt. Spr.³ 358 ff.; R. Much, Gött. Gel.
Anz. 1896, 895 f.; Laistner, Germ. Völkernamen 41 ff.;
J. Franck, WZGK 26 [1907], 70 ff.; E. Zöllner, Die
politische Stellung der Völker im Frankenreich (Wien,
1950), 75 ff.; ders., Gesch. d. Franken 1 f.; H. Peters-
son, IF 24 (1909), 38 ff.; Th. v. Grienberger, IF
(Anz.) 32 (1913), 51; Solmsen, Idg. Eigennamen 106;
Weisgerber, Dt. als Volksname 101; J. de Vries, Tijd-
schrift 56 (1937), 290 ff.; J. de Vries, Westfäl. Forsch.
11 (1958), 8 f.; Mackel, Germ. Elemente 56 f.; Vigener,
Bez. f. Volk 12 ff.; Tiefenbach, Wörter volksspr. Her-
kunft 52 ff.; H. Beck, Hoops Reallex.² IX, 372 ff.;
Wenskus, Stammesbildung 513 ff. 539 ff.