bibarAWB m. a-St.: ‚Biber, castor, fiber‘ (Castor
fiber); ‚Otter, luter‘ (Lutra lutra); ‚Bibergeil,
castorea‘ 〈Var: -ur, -ir, -er, und bivar, -or,
-er, sowie pib- und pip-〉. Die mhd. Form ist
biber st.m., nhd. Biber m.
Ahd. Wb. I, 993 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 59; Starck-
Wells 51. 792; Graff III, 22; Schade 59; Lexer I, 263;
Benecke I, 115; Dt. Wb. I, 1806 f.; Kluge²¹ 73 f.; Klu-
ge²² 82 f.; Pfeifer, Et. Wb. 165. — S. auch Palander,
Ahd. Tiernamen 69 ff.
Das Tier muß ehemals über den ganzen germ.
Siedlungsraum verbreitet gewesen sein, da sich
überall Entsprechungen von ahd. bibar finden:
as. biar, bivar, bior, bever, mndd. bēver;
mndl. nndl. bever; ae. befer, beofer, beofor, me.
bēver, bevre, bivre u. a., ne. beaver; aisl. bjórr
(< *euraz, s. Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 223, 3, da-
zu § 133 Anm. und 101, 2 sowie 235, 2), auch
bior, biur, bifr, norw. dial. bjor, schwed. dial.
bjur, adän. biæver (< *bjafarr); hochsprachlich
gelten nnorw. bøver, nschwed. bäfver, ndän.
bæver, die allesamt aus dem Mndd. als Bezeich-
nungen für das als Handelsware beliebte Biber-
fell entlehnt worden sind, zumal das Tier im
skand. Norden fast völlig ausgestorben ist. Auch
ins Romanische drang das Wort (wobei gall.
*bebro- oder germ. *bebru- auf die Bildung der
spätlat. Form beber, biber eingewirkt haben mö-
gen): italien. bevero, prov. (und daraus aspan.)
befre, frz. bièvre, span. bíbaro (< engl.
beaver?), rumän. breb (mit Metathese, s. A.
Philippide, Zfrom.Ph. 31 [1907], 301); s. Thes.
ling. lat. VI, 1, 641 (fiber — beber); Körting,
Lat.-rom. Wb.² 134; Meyer-Lübke, Rom. et.
Wb.³ Nr. 1012; Wartburg, Frz. et. Wb. I, 304;
G. Gröber, Arch. f. lat. Lex. 1 (1884), 250. — Au-
ßerdem erscheint das Wort vielfach in topogra-
phischen Bezeichnungen und, wie bei dem na-
türlichen Aufenthalt des Tieres zu erwarten, be-
sonders häufig in Flußnamen, so in Biber (im
Saargebiet) < Bibaraha 715, noch älter, mit Er-
weiterungen auf -rn- in ndd. Bever < Biuerna
786 oder auf -ss- in schweiz. Biberist < Biberus-
sa 763, vgl. Förstemann, Adt. Namenbuch2-3 II,
442; Bach, Dt. Namenkunde II § 235. 243.
Fick III (Germ.)⁴ 263 f.; Holthausen, As. Wb. 68;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 262; Schiller-
Lübben Mndd. Wb. I, 308; Verdam, Mndl. handwb.
93; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 59 f. 96 f.; Vries, Ndls.
et. wb. 52 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 20; Bosworth-
Toller, AS Dict. 76; ME Dict. A—B, 780; OED² II,
39; Oxf. Dict. of Engl. Et. 83; Vries, Anord. et. Wb.²
40; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 619; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 16; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
125; Torp, Nynorsk et. ordb. 26. 53; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 78.
Diese Übersicht der germ. Varianten, vor allem
nordgerm. bjórr etc., der u-Umlaut in ae. beofor
(Sievers-Brunner, Ae. Gr.³ § 110, 1) u. a. (s. o.)
führen auf eine Grundform urg. *eru- zu-
rück; infolge lautgesetzlichen Abfalls des unbe-
tonten -u- nach langer Stammsilbe entwickelte
sich im Westgerm. ein Sekundärvokal zwischen
und r, und das Wort trat zu den mask. a-
Stämmen über. Das -i- der Stammsilbe im Ahd.,
das auch im Andd. erscheint, aber daselbst ne-
ben altem -e-, wird im allgemeinen mit dem
ursprl. u der Folgesilbe begründet, vgl. Braune,
Ahd. Gr.¹⁴ § 30 c; Schatz, Ahd. Gr. § 8, obwohl
die Einzelheiten dieses nicht immer durchge-
henden Lautwandels umstritten sind; vielfach
wird mit analogischem Ausgleich zu rechnen
sein.
Auch außergermanisch fehlt es keineswegs an
Entsprechungen formaler sowie semantischer
Art: aind. babhrú-, das als Adj. ‚(rot)braun‘, als
Subst. ‚eine große Ichneumonart‘ bezeichnet;
av. baβra-, baβri- ‚Biber‘; das npers. Wort bebar
bezeichnet nicht den ‚Biber‘, sondern ein wildes,
katzenähnliches, aber schwanzloses Tier. Aus
dem Griech. wird man φρνη f. ‚Kröte, Frosch‘
trotz der abweichenden Bedeutung heranziehen
dürfen, insofern das Wort, identisch mit germ.
*brūn-, idg. *bhrūn- auf eine Wurzelerweite-
rung der idg. Wz. *bher- ‚glänzend, hellbraun‘
zurückführt (→ bero). In lat. fiber ‚Biber‘ ist der
Stammvokal i wohl dialektischer Herkunft (s.
Sommer-Pfister, Lat. Laut- u. Formenlehre⁴
§ 53, 1 d; desgleichen wohl das anl. f-); spätlat.
und romanisch lautet das Wort beber, das aber
auch dem Gallischen (Walde, Lat. et. Wb.² 287)
oder dem Germ. (Wartburg, Frz. et. Wb. I, 304)
zur Last gelegt wird. Als Grundform für das
Kelt. setzt man meist beber (< *bebros) an, eine
Form, die bei Priscian V, 4 (Keil, Grammatici
latini II, 150, Z. 13) überliefert und durch eine
Adj.-Ableit. bebrīnus in den Scholien XII, 34 zu
Juvenal bestätigt wird; dazu kymr. barf-len,
akorn. befer und bret. bieuzr (ir. beabhar, bebar
ist ein engl. Lehnwort); auch begegnet das Wort
häufig in kelt. Eigennamen wie Bebronna, Be-
bronica vallis, Bebriacum, Bebro, während viel
bekanntere ON wie Bibrax, casus obl. Bibracte
(mit -i- als Stammvokal) — wohl zu Unrecht —
als zweifelhaft gelten (s. J. Vendryes, MSLP 13
[1905/06], 395); s. Gröhler, Frz. ON I, 151 f.
Aus dem Slav.-Baltischen gehören hierher russ.
bobr (samt der alten Nebenform bebr), tschech.
bobr, poln. bóbr; lit. bebrùs, babrùs (sekundär
vebrùs, debrùs) und bebras, bãbras (auch debras,
dãbras mit Dissimilation, s. Leskien, Nom.bil-
dung im Lit. 434), lett. bebris, bebrs, apreuß. be-
brus (Elbinger Vocab. 668). — Aus den meisten
idg. Belegen ergibt sich eine Grundform *bhe-
bhr-us, *bhe-bhr-os mit Reduplikation und
Schwundstufe der Wz. *bher- (s. o.).
Walde-Pokorny II, 166 f.; Pokorny 136 f.; Mayrhofer,
K. et. Wb. d. Aind. II, 409 f.; ders., Et. Wb. d. Altin-
doar. II, 210; Uhlenbeck, K. et. Wb. d. aind. Spr. 186;
Bartholomae, Airan. Wb. 925; Horn, Grdr. d. npers.
Et. 43 § 181; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 1040; Curtius,
Grundzüge d. gr. Et.⁵ 303 f.; Frisk, Gr. et. Wb. II,
1047 (φρύνη); Chantraine, Dict. ét. gr. 1230 f.; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. I, 490 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 231 f.; Lidén, Arm. Stud. 68; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 28 f.; Berneker, Slav. et. Wb. I, 47.
87. 89. 120; Miklosich, Et. Wb. d. slav. Spr. 8; Vas-
mer, Russ. et. Wb. I, 67. 97; Sadnik-Aitzetmüller, Vgl.
Wb. d. slav. Spr. I, Nr. 139; Fraenkel, Lit. et. Wb. 38.
39; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. I, 276;
Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 310; Fick II (Kelt.)⁴
167; Holder, Acelt. Spr. I, 362 f. 415 f.; Dottin, Langue
gaul. 232; Hessens Ir. Lex. I, 82; Dict. of Irish B-45 f.;
Dict. of Welsh 259. 268.