bleckenAWB sw. v. I, Notker, Gl.: ‚blitzen, glän-
zen, fulgere, coruscare; sichtbar, entblößt sein‘
〈Var.: blec[c]h-, plec[c]h-; nur Präs.-Formen
belegt〉. — Mhd. blecken (blacte, blahte) intr.
‚sichtbar werden, sich entblößen‘, tr. ‚sehen
lassen, zeigen‘; nhd. blecken.
Ahd. Wb. I, 1199; Splett, Ahd. Wb. I, 80; Schütz-
eichel⁴ 78; Starck-Wells 65; Graff III, 245 f.; Schade
75; Lexer I, 301; Benecke I, 207; Dt. Wb. II, 86 ff.;
Kluge²¹ 83; Kluge²² 91; Pfeifer, Et. Wb. 186; Raven,
Schw. Verben d. Ahd. I, 9. — H. Glombik-Hujer, Dt.
Wortf. in europ. Bez. 5, 64 f.
Im Germ. stehen nebeneinander zwei verschie-
dene Basen mit ähnlicher Bed.: eine (urspr.)
diphth. *līk- : *laik- : *lik- (→ -blîchan,
bleih, blic, blicken) und eine monophth. *lek-
: *lak-, wozu nur Ableitungen von der o-Stufe
belegt sind, darunter ahd. blecken < *lakjan-.
Die unter solchen Umständen zu erwartende
Bed.verwechslung in Paaren wie ahd. blicken /
blecken hat die urspr. Verteilung der Bed. so
verwischt, daß man z. B. unmöglich entscheiden
kann, ob *lakjan- als Kausativbildung zu ei-
nem verlorenen st. Verb *lekan- oder Denomi-
nativbildung zu einem verlorenen Adj. *lak
‚glänzend‘ (das mit -n-Infix tatsächlich exi-
stiert; vgl. ahd. blank ‚glänzend‘) zu deuten ist.
Verfehlt Schatz, Ahd. Gr. § 9; Seebold, Germ. st. Ver-
ben 119, die dieses Verb als bleckên sw. v. III ansetzen,
< *blikkên, zu bleh und blicken (s. d. d.).
Ähnliche Paare kommen auch in anderen germ.
Sprachen vor, wo die Sachlage dadurch noch
komplizierter wird, daß Reflexe von dem st.
Verb *līkan- als dritte Möglichkeit konkurrie-
ren. Im Mndd. sind blīken und blicken mehr
oder weniger zusammengefallen, mit den Bed.
‚glänzen, erscheinen, sich zeigen‘, während
blecken (das im As. nicht belegt ist) nur ‚entblö-
ßen, bis aufs Hemd ausziehen‘ bedeutet. Im
Mndl. dagegen bedeutet blecken sowohl ‚schin-
den, (Bäume) entrinden, (jmdn.) ausrauben‘ als
auch ‚glänzen‘, in welcher Bed. es mit blicken
und blīken konkurriert. Daneben erscheint auch
mndl. nndl. blāken ‚flammen, glühen‘, mndl.
auch ‚glitzern‘ < *lakōn- (vgl. nndd. blaken
‚qualmen‘ und → blah-). Germ. *lakjan- wird
im Afries. nur durch das Part. Prät. gebleszet
‚entblößt‘ (zu einem Verb *lesza, mit Assibilie-
rung des -k[k]- vor j; vgl. Helten, Aostfries. Gr.
§ 134. 288) und verschiedene Ableitungen ver-
treten (bleziene, bletsiene, bleszene; bletzinge,
-szinge ‚das Entblößen‘); auch ein Verb blīka
‚sichtbar sein‘ kommt vor, aber *likjan- ist
nicht belegt.
Reflexe von *lakjan- fehlen dem Ae. und A-
nord., wo *līkan- und ein schwaches Verb II
*likō(j)an- in der Bed. ‚glänzen‘ konkurrieren:
ae. blīkan / blician; aisl. blíkja / blika. Im Got.
sind überhaupt keine zu diesen Basen gehörigen
Verben belegt.
In aisl. blakra ‚blinken, flattern‘ (nnorw. ‚glänzen,
flattern‘) sind viell. zwei idg. Basen zusammengefallen:
*bhleg-/*bhelg- ‚glänzen‘ (s. u.) und *bhlǝg̑- ‚schlagen‘
(lat. flagrum ‚Peitsche‘, flāgitāre ‚prügeln, beschelten‘;
vgl. Pokorny 154 und → blast).
Fick III (Germ.)⁴ 284; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 293 ff.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
353. 356; Verdam, Mndl. handwb. 101 ff.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 68 f.; Vries, Ndls. et. wb. 62; Holt-
hausen, Afries. Wb.² 10; Richthofen, Afries. Wb. 653;
Vries, Anord. et. Wb.² 42 (s. v. blakkr, blakra); Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 645; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr.
76 f. (s. v. bairhts). Weiteres → -blîchan, blic.
Germ. *lakjan ist auf eine idg. Basis *bhelg-/
*bhleg- zurückzuführen. Außergerm. Verglei-
che sind gr. φλέγω ‚brenne, flamme, zünde an‘,
φλόξ, φλογμός ‚Flamme‘; lat. flagrō, flagrāre
‚flammen, brennen, glühen‘ (< *bhleg-), fulgō,
fulgere (später fulgeō, fulgēre) ‚blitzen, schim-
mern, leuchten‘ (< *bhg-); lett. bagans ‚weiß-
lich‘; mir. imblissiu ‚Augenstern‘ (< *bhi-bhg-
s-; vgl. J. Vendryes, Rev. celt. 40 [1923], 431 f.);
toch. A, B pälk- ‚leuchten, brennen; sehen‘; viell.
auch aind. bhárgas- n. ‚Glanz‘ (< *bhelgos-),
das wegen des Velars eher hierher gehört als zur
gleichbed. Basis *bherǝg̑- : *bhrēg̑-; → beraht,
wo Lit.
Nicht hierher lit. blãgnytis ‚ernüchtert werden, sich
aufheitern‘; s. Fraenkel, Lit. et. Wb. 45 (s. v. blagnas).
Idg. *bhleg-/ bhelg- ist eine Ableitung von der
Wz. *bhel(ǝ)- [**bhel(H)-] ‚glänzend, weiß‘ (→
bal², belicha); eine Wurzelvariante ist die Basis
*bhlei̯g̑- (→ -blîchan).
Walde-Pokorny II, 214 f.; Pokorny 124 f.; Mayrhofer,
K. et. Wb. d. Aind. II, 480; ders., Et. Wb. d. Altindoar.
II, 252; Boisacq, Dict. ét. gr. 1029; Frisk, Gr. et. Wb.
II, 1022 ff.; Chantraine, Dict. ét. gr. 1208 ff.; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. I, 510 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 238; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. I,
253; Pedersen, Tocharisch 162; Windekens, Lex. ét.
tokh. 98; ders., Le tokharien 88. 120.
S. auch blank, bleckazzen.