drirorAWB adv., nur Murb. H.: ‚dreimal‘. — Im
Mhd. und Nhd. erscheinen Zusammensetzun-
gen: mhd. dristunt, nhd. dreimal (s. u.).
Splett, Ahd. Wb. I, 151; Schützeichel⁴ 93; Schade
111; Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 281; Wilmanns, Dt. Gr. II
§ 465; Grimm, Dt. Gr.a III, 220; Paul, Mhd. Gr.²³
§ 236.
In den übrigen altgermanischen Sprachen er-
scheint das Zahladv. in folgenden Formen: as.
thrīo, thriio, thrīwo, mndd. drīe(s), drīge(s),
drīen(s); afries. thri(i)a; ae. ðriga, ðriwa, ðrio-
wa, ðreowa, me. þreowe, þrīe, þrīes, ne. thrice;
aisl. þrysvar, nisl. þrisvar, anorw. (tysuár ‚zwei-
mal‘) þrysuár, adän. thriswar, thryswar, thrøs-
wer, aschwed. þrisva(r), þrysva(r) (mschwed.
tisvår ‚zweimal‘).
Daneben werden Umschreibungen mit ahd.
stunt(a) ‚Zeitabschnitt‘, as. sīth ‚Gang, Mal‘,
mndd. werf, warf, werve, warve ‚Mal‘ (eigent-
lich ‚Drehung, Turnus‘), mndl. mael ‚Mal‘,
nndl. keer, maal ‚Mal‘, ae. sīð ‚Gang, Weg‘, a-
nord. sinn(i) ‚Mal‘ verwendet; z. B. ahd. drio-
stunt; vgl. lett. trîskārtējs ‚dreimal‘ mit dem
zweiten Element kárta ‚Ordnung, Schicht, La-
ge‘.
Fick III (Germ.)⁴ 193; Holthausen, As. Wb. 79; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 615; Gallée, As. Gr.² § 261, 3; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 477; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. I, 575; V, 692; Lübben-Walther,
Mndd. Handwb. 577; Lasch, Mndd. Gr. § 400; Ver-
dam, Mndl. wb. 151; Richthofen, Afries. Wb. 1078;
Holthausen, Afries. Wb.² 112; Helten, Aostfries. Gr.
§ 240; Holthausen, Ae. et. Wb. 370; Bosworth-Toller,
AS Dict. 1071; Stratmann-Bradley, ME Dict.³ 637;
OED² XVII, 1010; Oxf. Dict. of Engl. Et. 919; Sie-
vers-Brunner, Ae. Gr.³ § 331; Campbell, OE Gr.
§ 700; Brunner, Abriß der me. Gr.⁶ § 48; Vries, Anord.
et. Wb.² 624; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 457; Holthau-
sen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 321; Noreen, Aisl. Gr.⁴
§ 463; ders., Aschwed. Gr. § 500; Brøndum-Nielsen,
Gammeldansk gr. I, 1950, § 140; IV, 189 f., 214 f.,
219 f. — Mühlenhoff-Endzelin, Lett.-dt. Wb. IV, 241.
Auf die Frage ‚wie oft‘ wurden bereits im Uridg.
zu den Zahlen ‚zwei‘ und ‚drei‘ Adverbien mit s-
Suffix gebildet (zu ‚zweimal‘ s. zwiror): *tris >
aind. tríṣ, av. θriš; gr. τρίς; lat. ter (bei Plautus
noch terr), air. fo-thrī.
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 536; ders., Et. Wb.
d. Altindoar. I, 676; Boisacq, Dict. et. gr.⁴ 986; Frisk,
Gr. et. Wb. II, 921; Chantraine, Dict. ét. gr. 1131;
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 668 f.; R. Emmerick,
in Indo-European Numerals 186 ff. 329; F. M. J. Waan-
ders, ebd. 383; R. Coleman, ebd. 416.
Im Germ. ist die Vorform *þriz offensichtlich
erweitert worden. R. Loewe, Zfvgl.Spr. 47
(1916), 98 ff. verglich aind. pañca-vāram ‚fünf-
mal‘ und ging für das Germ. so von einer Vor-
form *u̯ēro- aus (ebenso Gutenbrunner, Hist.
Laut- und Formenlehre des Aisl. § 129, 3). Dage-
gen sah Brugmann, Grdr.² II, 2, 64 in dem
zweiten Bestandteil ein w-Suffix wie in av. θriž-
uuat ‚dreimal‘ (bižuuat ‚zweimal‘). A. S.
C. Ross-J. Berns, in Indo-European Numerals
648 ff., vereinen diese beiden Ansätze, indem sie
einen Teil der Formen des Wortes für ‚dreimal‘
auf den Dual-Ausgang *-wauz (*þriswauz),
der vom Gen. Lok. Dual *du̯isu̯ou̯s > urgerm.
*twiswauz aus auch auf das Wort für ‚dreimal‘
(ahd. driror) übertragen worden sei, zurückfüh-
ren und für anorw. (tysuár) þrysuár (mschwed.
tisvår) mit langem ā ein Kompositionsglied *u̯ē-
ro- postulieren. *u̯ēro- setzen sie dabei zu Recht
nicht mit aind. -vāram gleich, weil hier die Wz.
*u̯el(ǝ)- [**u̯el(H)-] zugrunde liegt; es handele
sich vielmehr um eine t-lose Variante der Wz.
*u̯ert- ‚drehen, wenden‘. Überprüft man diese
Erklärungsversuche, so kommt für ahd. driror
auf keinen Fall ein Ausgang *-wauz in Frage;
denn auslautendes *-z wäre im Westgerm. in
dieser Position geschwunden. Auch ist ein Dual-
ausgang *-wauz nicht einmal bei dem Kardinale
‚zwei‘ nachweisbar, da dieses im Gen. den Pl.-
Ausgang angenommen hat: aisl. tveggia, got.
twaddje, ahd. zweiio gegenüber uridg. *du̯oi̯-
ou̯(-s) [**du̯oi̯-H₁ou̯(-s)] > ved. dváyos, aksl.
dъvoji, lit. dvíejau, -aus ‚zu zweien‘ (R. Lühr,
Mü. Stud. z. Spr.wiss. 35 [1976], 73). Wenig
überzeugend ist weiterhin der Versuch, die
germ. Formen von zwei unterschiedlichen An-
sätzen, einem Kompositionsglied und der Dual-
endung eines w-haltigen Suffixes, herzuleiten,
wobei Ross-Berns für das Altnordische neben-
einander zwei ganz unterschiedliche Bildewei-
sen voraussetzen. Überdies ist der Ansatz einer
Vorform mit *ē für anorw. (tysuár) þrysuár
(mschwed. tisvår) hinfällig, da im Falle des
Wortes für ‚zweimal‘ Angleichung von twisuar
an den Nom. Akk. Pl. f. aschwed. tuár, dial. mit
R-Umlaut, ‚zwei‘ (twisvār, tyswǣr; s. A. Kock,
Svensk Ljudhistoria I [Lund-Leipzig, 1906],
§ 340), vorliegen und von da aus Übertragung
auf ‚dreimal‘ stattgefunden haben dürfte.
Eine anderweitige Dehnung von nebentonigem a im
Norw. und Schwed. kommt nicht in Frage (Seip,
Norw. Sprachgesch. 168. 296 ff.; Wessén, Schwed.
Sprachgesch. 61. 83).
Die Vorform der w-haltigen Lautungen legt
eine Adjektivableitung auf *-wo- von dem Adv.
urgerm. *þriz (twiz) nahe; mit *þrizwa- (twiz-
wa-) vgl. ahd. frô ‚Herr‘ < *pro-u̯o-n- (→ frô).
Auch ahd. driror (zwiror), as. thrīo usw., mndd.
drīge(s), afries. thri(i)a, ae. ðriga usw. kann auf
einem wa-Stamm beruhen, da im Westgerm. w
vor nebentonigem velaren Vokal schwindet; vgl.
ahd. Gl. 1, 282, 64 obonontigi < *-wendi- mit
Velarisierung von e (Lühr, Stud. z. Hildebrand-
lied 477 ff.). Der Ausgang ahd. -or, an. -ar er-
klärt sich zwanglos, wenn man neben ahd. zwi-
ror, aisl. tyswar ‚zweimal‘ auch spätahd. einêst
Notker, einist Merigarto ‚einmal‘ mit in die Er-
klärung einbezieht. einêst, einist ist ein Superla-
tivadv. im Sinne von ‚ein einziges Mal‘, das dem
Vorbild von êrist ‚primum‘ (Notker anderêst
‚zum zweiten Male‘) folgt. Dazu kann ein Zahl-
adv. wie ‚zweimal‘, ‚dreimal‘ als ‚öfter‘ aufge-
faßt werden, wodurch sich ein Anschluß an den
Kompar. ahd. oftôr ‚öfter‘ (Graff I, 184; → oft),
aisl. oftar ergibt. Bei ahd. driror (zwiror), aisl.
þryswar (tyswar) handelt es sich also wohl um
eine nach dem Kompar. der Adjektivadverbia
zustande gekommene Bildung (vgl. ahd. reinôr,
kleinôr, fastôr, aisl. víþar, harþlegar).
In anderen Fällen wurde der Adverbialausgang
des Positivs verwendet: as. thrīo, thriio, thrīwo,
mndd. drīge; afries. thri(i)a; ae. ðriga, ðriwa,
ðriowa, ðreowa, me. þreowe, þrīe < urgerm.
*-t < uridg. *-d. Wie auch sonst bei Adver-
bien konnte auch die Gen.-Endung gebraucht
werden: mndd. drīges, me. þrīes, ne. thrice.