feiliAWB adj. ja-St., seit dem 9. Jh., nur in Gl.:
‚feil, verkäuflich, venalis‘ 〈Var.: Gl. 2, 28, 58
fele (in Geheimschrift); dazu s. Tiefenbach,
Ahd. Aratorglossen 41; zur e-Schreibung statt
ei im Frk. s. Braune, Ahd. Gr.¹⁵ § 44 Anm. 4〉. —
Mhd. veil(e) ‚feil, käuflich, venalis‘, nhd. feil.
Ahd. Wb. III, 692; Splett, Ahd. Wb. I, 219; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 252; Starck-Wells 144. XL; Schützei-
chel, Glossenwortschatz III, 89; Graff III, 495; Schade
175; Lexer III, 47; Benecke III, 291; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 610 (venalis); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb.
698 (venalis); Dt. Wb. III, 1446 ff.; Kluge¹⁹ 189; Klu-
ge²¹ 190; Kluge²⁴ 283; Pfeifer, Et. Wb.² 333. — Wag-
ner, Germ. Wortfeld um den Kaufmann 338. 342 f.
Ahd. feili entsprechen: mndd. vēile, vē(i)l, veel
‚feil, käuflich, verkäuflich, billig‘; mndl. veile,
veil, vele ‚dss.‘, nndl. veil; afries. fēle ‚käuflich‘,
nostfries. feil ‚dss.‘: < urgerm. *fajli/ija-.
Zur Entlehnung ins Finn. s. J. Koivulehto, PBB 103
(1981), 343 f.
Fick III (Germ.)⁴ 237; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 682. 684; Schiller-Lübben, Mndd. Wb.
V, 223 ff.; Verdam, Mndl. handwb. 646; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 727; Vries, Ndls. et. wb. 769; Holt-
hausen, Afries. Wb.² 25; Richthofen, Afries. Wb. 731;
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 432;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 202; Torp, Nynorsk
et. ordb. 92 f.; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 196.
Die Wörter feili und fâli (s. d.) werden i. allg.
miteinander verbunden (z. B. Kluge, Nom.
Stammbildung³ § 232), wobei die vokalischen
Verhältnisse als schwierig gelten (vgl. etwa Pers-
son, Beitr. z. idg. Wortf. 516). Z. B. rechnen J. de
Vries (Ndls. et. wb. a. a. O. mit Verweis auf
dens., PBB 80 [1958], 1 ff.) mit einem sekundä-
ren Lautwandel (vgl. auch S. Bugge, PBB 24
[1899], 433) und Seebold (Kluge²⁴ a. a. O.) mit
einer Ablautentgleisung auf der Seite des Deut-
schen: „etwa ein Präs. *filj- aus *felj- und dazu
eine Hochstufe nach dem Muster des ei/i-Ab-
lauts“. Dagegen sind nach K. Matzel (Hist.
Spr.forschung 105 [1992], 110) die beiden Ad-
jektive zu trennen. Ein überzeugender Anschluß
fehlt für ahd. feili jedoch. Eine vage Möglich-
keit ist die Verbindung mit der Wz. uridg. *pei̯-
[**pei̯H-] ‚fett sein, strotzen‘ (→ feizit). Viel-
leicht wurde ein vorurgerm. *poi̯li- ‚(nach der
Mast) strotzend‘ von Kühen, Schweinen usw. im
Sinne von ‚zu verkaufen‘ verstanden.
Wegen der westgerm. Verwandten (s. o.) ist Joh.
Schmidts (Idg. Vokalismus II, 480 f.) Herleitung von
ahd. feili aus fâli, wobei ei eine Umlautbezeichnung
von ā sei, lautlich unhaltbar.
Theoretisch käme für feili und fâli eine gemeinsame
Wz. [**peH-i-] in Frage, deren Fortsetzung einmal
ohne i-Erweiterung in der Form *pē- [**peH₁-], das
andere Mal aber mit Laryngalschwund als *pei̯- er-
scheint (vgl. Fick, a. a. O.; Falk-Torp, a. a. O., die eine
beiden Adjektiven zugrundeliegende Wz. *pēi̯l[?] ver-
muten; vgl. auch R. Meringer, IF 16 [1904], 151:
*pḗ(i)l-, *pṓ(i)l-); doch läßt sich eine Wurzelerweite-
rung -i bei der Wz. uridg. *pel- sonst nicht nachwei-
sen.
Wie ahd. feili sind ae. fǣle ‚treu, gut, lieb, teu-
er‘, me. fēle ‚ausgezeichnet, gut, wertvoll‘, ne.
(veraltet) fele und — mit der Fortsetzung des Suf-
fixes urgerm. *-ika- — afries. fēlich ‚sicher‘,
mndd. vēlich; mndl. veilich, velich ‚sicher‘,
nndl. veilig auf urgerm. *fajli/ija- rückführbar.
Holthausens (Ae. et. Wb. 95) Verbindung mit
got. infeinan ‚sich erbarmen‘ wird von Feist
(Vgl. Wb. d. got. Spr. 293) und Lehmann (Gothic
Et. Dict. I-17) nicht anerkannt. Sollten aber ae.
fǣle und seine Verwandten mit ahd. feili zu ver-
binden sein, hätte sich die Bedeutung ‚strot-
zend‘ einmal zu ‚zu verkaufen‘, das andere Mal
aber zu ‚gut‘ und weiterhin zu ‚sicher‘ entwik-
kelt.
Anders Kluge, Nom. Stammbildung³ § 182: ae. fǣle zu
aind. cru- ‚angenehm, lieb, schön‘. Die Anlaute ae. f-
und aind. c- < *k mit sekundärer Palatalisierung sind
jedoch nicht vereinbar (zur Wz. aind. kā- ‚begehren,
gern haben‘ < uridg. *kā- [**keH₂-] s. huora). Wieder
anders Heidermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj.
185 f.: zu *pō(i)- ‚schützen‘ mit einer Bedeutungsent-
wicklung von ‚wohlbehütet‘ > ‚lieb, treu‘ in Bezug auf
Personen; > ‚in gutem Zustand‘ in Bezug auf Gegen-
stände. Die spezielle Bedeutung ‚verkäuflich‘ beruhe
auf Kreuzung mit *fala-; → fâli.
Bosworth-Toller, AS Dict. 265; Stratmann-Bradley,
ME Dict.³ 207; ME Dict. E-F, 466 (379: me. fāle ‚un-
heeding, unmindful, willing to dispense‘ zu aisl. falr?);
OED² V, 812.
Der unter einem westgerm. Ansatz *fajlija- vorgenom-
mene Anschluß an toch. B pīto m.n. ‚Kaufpreis‘ (Li-
dén, Toch. Sprachgesch. 20 f.) entfällt.
Walde-Pokorny II, 51; Pokorny 804 (Trennung von
ahd. feili und fâli); Fick I (Idg.)⁴ 83.