fochenzaAWB f. n-St. (auch ō-St. [?]), nur in
obd. Gl. seit Ende des 8. Jh.s: ‚Gebäck, Fladen,
collyrida, crustula, elis(s)a, laganum, torta‘
〈Var.: vochinza, vochunza, fochanza, voche-
zen, fochez, uokenza〉. — Mhd. vochenz(e)
st. sw. f. ‚eine Art Kuchen oder Weißbrot‘, nhd.
dial.: kärnt. fochánze m., fochitzn f., tirol. fo-
che(n)z f., fochaze f., steir. vochnitze f.,
schwäb. fochenze f., bad. fochze f., bair. fochenz
f., elsäss. voche(n)ze, fochotze, schweiz. fó-
chenze f.
Ahd. Wb. III, 1023 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 252; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 307; Starck-Wells 168. 810; Schützei-
chel, Glossenwortschatz III, 234 f.; Seebold, ChWdW8
132; Graff III, 441; Schade 210; Lexer III, 424; Be-
necke III, 357; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 160 (cru-
stula). 198 (elisa). 291 (focatius [unter *incerpias]);
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 115 (collyrida). 161 (cru-
stula). 222 (elis[s]a). 366 (laganum). 669 (torta); Dt.
Wb. I, 1065 und III, 1863; Lexer, Kärnt. Wb. 100;
Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 182; Fischer, Schwäb. Wb.
II, 1597 f.; Schmeller, Bayer. Wb.² I, 685 f.; Schmidt,
Hist. Wb. d. els. Mda. 106; Schöpf, Tirol. Id. 146;
Schweiz. Id. I, 652 ff.; Stalder, Versuch eines schweiz.
Id. I, 388.
Ahd. fochenza ist aus lat. foca(n)cia ‚zum Herde
gehörig‘ (zum -n- s. u.), einem zum Femininum
umgedeuteten, neutralen Pl. von focācius ‚zum
Herde gehörig‘ (seinerseits eine Adj.-Ableitung
von lat. focus ‚Herd‘) entlehnt, wobei von einer
Ellipse aus panis focācius ‚das auf dem Herd
(wohl in der Asche) gebackene Brot‘ auszugehen
ist (vgl. Isid. Etym. 20, 215: subcineritius, cinere
coctus et reversatus, ipse est et focacius). Wie die
Schreibungen mit -hh- und -h- nahelegen, fand
die Entlehnung noch vor der Lautverschiebung
statt (anders Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. I, 182).
Unmittelbar auf lat. focacia weisen die Formen
ahd. vochezen (mit -n aus den obliquen Kasus
des n-St.) und fochez. Ahd. fochenza zeigt dage-
gen sekundären Nasaleinschub (F. Kluge, Zfdt.
Wortf. 14 [1912/1913], 14), was auf eine neben
focacia stehende Form mlat. *focancia als Ent-
lehnungsbasis weist (vgl. auch etwa ahd. pfalan-
za ‚Palast, Hof, Tempel‘ < mlat. *palantia <
lat. palatia [= palatium] ‚Palast, kaiserlicher
Hof‘). Der mlat. Nasaleinschub läßt sich dabei
am besten als Hyperurbanismus erklären
(J. Sofer, Glotta 16 [1928], 23). Die Schreibung
uokenza mit anscheinend unverschobenem -k-
lehnt sich dem -c- in focacia an. Die Schwan-
kungen des Mittelvokals sind mit denen in pfa-
linza, falanza und falenza ‚Palast, Hof, Tempel‘
aus mlat. *palantia vergleichbar.
Aus lat. focus, aber in derselben Bedeutung wie
lat. focacia, stammt ae. foca m. ‚Herdkuchen‘.
Thes. ling. lat. VI, 986; Du Cange² III, 531; Ernout-
Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 243; Holthausen, Ae. et. Wb.
110; Bosworth-Toller, AS Dict. 296; Suppl. 227;
Frings, Germania Romana II, 256 f.; Hehn, Kultur-
pflanzen u. Haustiere⁸ 556; Rooth, Nordseegerm. Beitr.
56.
Lat. focacia ist im Romanischen als italien. focac-
cia, span. hogaza, frz. fouace, aprov. fogasa
‚Brot, Kleienbrot‘ fortgesetzt. Aus dem Gallo-
rom. wurde es im Mbret. als fouacc entlehnt.
In die slaw. Sprachen gelangte das Wort auf
zweifachem Weg. Erstens wurde es aus dem
Mhd. entlehnt, und zwar über poln. bochen, bo-
chenek ‚Laib Brot‘ und atschech. bochnec,
ntschech. bochník in das Ostslaw.: aruss. bu-
chonъ ‚Fladen‘, nruss. bóchanec, buchanec,
ukrain., w.russ. bóchon ‚Laib Brot‘. Die Entleh-
nungsgrundlage ist, wie der Anlaut b- in den
slaw. Wörtern zeigt, aber nicht die gemeinmhd.
Form vochenz(e), sondern eine mit b- anlauten-
de Nebenform, die bei Stricker als bochnitz und
steir. bochnitze ‚Weißbrot‘ belegt ist. Dagegen
wurden die Formen slowen., serb. pogača,
tschech. pogáč, russ. pogáč aus mgr. φογάτζα,
πογάτζα (das selbst aus italien. focaccia entlehnt
wurde) übernommen (vielleicht über die Klö-
ster). Die direkte Entlehnung aus dem Italien.
ist wegen des Anlauts p- im Slaw. unwahr-
scheinlich. Vermutlich auch aus dem Gr. stammt
ungar. pogácsa, alb. pogáçe.
Diez, Et. Wb. d. rom. Spr.⁵ 142; Wartburg, Frz. et.
Wb. III, 647 f.; Bauer, Gebäckbezeichnungen 45 f.; Mi-
klosich, Et. Wb. d. slav. Spr. 254; Vasmer, Russ. et.
Wb. I, 113. 155; II, 381 f.; Berneker, Slav. et. Wb. I,
76 f.; Brückner, Słownik et. polsk. 33; A. Brückner,
Arch. f. slav. Phil. 12 (1890), 293; Weinhold, Bair. Gr.
129.
S. semalfochenza.