grimmanAWB st. v. III, seit dem 8. Jh., nur
in Gl.: ‚wüten, wütend, zornig sein; furere,
grassari‘ 〈Var.: c-, ch-〉. — Mhd., nhd.
grimmen. Der Ansatz als st. Verb ist aus den
ahd. Belegen nicht nachweisbar. Da das
Verb jedoch zum einen im Mhd. eindeutig
stark flektiert (grimmen, gram, grummen),
zum anderen neben dem Verb die in Ablaut
zueinander stehenden Adj. gram ‚zornig‘
(s. d.) und grim ‚wütend‘ (s. d.) erscheinen
und schließlich die durative Bedeutung der
Verben gegen eine Ableitung vom Adj. ahd.
grim ‚wütend, hart, grimmig, wild‘ (s. d.)
spricht, ist der Ansatz als st. Verb für das
Ahd. durchaus wahrscheinlich (s. auch un-
ten).
Ahd. Wb. 4, 427; Splett, Ahd. Wb. 1, 323 f.; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 492; Schützeichel⁶ 140; Starck-Wells
239. 820; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 47;
Graff 4, 320; Lexer 1, 1085; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb.
293 (grassari). 583 (saevire); Dt. Wb. 9, 354 ff.; Klu-
ge²¹ 271; Kluge²⁴ s. v. grimm; Pfeifer, Et. Wb.² 477 f.
— Riecke 1996: 430 f.
Das Verb hat nur im Westgerm. Entspre-
chungen: as. grimman ‚wüten‘, mndd.
grim(m)en ‚zornig werden, ergrimmen, zür-
nen, toben‘; ae. grimman ‚rasen, wüten‘ (die
einzig aussagekräftige Form grummon
[Beow. 305—306: ferh wearde hēold /
gūþmōd grummon ‚der Eber hielt Wache /
die Kampfesmutigen wüteten‘] wird zumeist
in grimmon [dat.pl. m. von grim(m) ‚grim-
mig, wild, schrecklich, grausam‘ (‚der Eber
hielt kampfesmutige Wache über die Grim-
migen‘)] emendiert; zu weiteren vorgeschla-
genen Emendationen vgl. Klaeber 1941:
12. Jedoch kann grummon beibehalten wer-
den; vgl. Wrenn 1973: 112; Bosworth-
Toller, AS Dict. 489; Suppl. 487); vielleicht
auch mndl. grimmen ‚zürnen, wüten, toben‘
(zum Ansatz als [urspr.] st. Verb vgl. Ver-
wijs-Verdam, Mndl. wb. 2, 2141 ff.): < west-
germ. *grimme/a- st. v. III. Der Ansatz als
ehemaliges st. Verb wird teils bestritten, wo-
bei das mhd. grimmen dann als sekundär an-
gesehen wird (Hempen 1988: 197). Im As.
sind keine aussagekräftigen Formen belegt.
Fick 3 (Germ.)⁴ 142; Seebold, Germ. st. Verben 239;
Heidermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj. 258 f.;
Holthausen, As. Wb. 29; Sehrt, Wb. z. Hel.² 209;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 161; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 2, 146; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. 2, 2141 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 216;
Vries, Ndls. et. wb. 221; Et. wb. Ndl. F-Ka 336 (s. v.
grimmig); Holthausen, Ae. et. Wb. 137; Bosworth-
Toller, AS Dict. 489; Suppl. 487. — Bammesberger
1965: 42.
Urgerm. *remme/a- < vorurgerm. *ghrém-
e/o- ‚dröhnen, wüten‘ (mit lautmalender Ge-
mination von -m-; vgl. Lühr 2000: 160) hat
in jav. gramǝṇt- ‚wütend‘ (Kellens 1984:
107) und lett. gremt ‚murmeln, drohen‘ eine
direkte Entsprechung. Der thematischen
Präs.bildung liegt die wohl lautmalende Ver-
balwz. uridg. *ghrem- ‚dröhnen, wüten‘ zu-
grunde. Daneben steht ein thematisiertes re-
dupliziertes Präs. *ghé-ghrom/ghm- in lit.
gramti ‚mit Gepolter fallen‘ und eine Es-
sivbildung *ghm-h₁i̯é/o- mit sekundärer ana-
logischer Reduktionsstufe in lit. grumti
‚dröhnen, donnern‘, aksl. -grъměti, russ.
gremét’, ukrain. hrymíty, wruss. hryméć, ser-
bo-kroat. gr̀mljeti, slowen. grméti, tschech.
hřmíti, slowak. hrmet’, poln. grzmieć ‚don-
nern, dröhnen, klirren, rasseln‘, wozu sich
auch die Iterativbildung ksl.-russ., slowen.
grimati, serbo-kroat. dial. grimȁt, tschech.
hřímati, slowak. dial. hrimat’, poln. veralt.
po-grzymać ‚donnern, poltern, schelten, wet-
tern‘ (< urslaw. *grimati) stellt.
Von dieser Wurzel ist auch gr. χρεμίζω
‚wiehere‘ (< *ghrém-idi̯e/o-) abgeleitet, das
ein primäres Verb *χρέμω voraussetzt.
Nominale Ableitungen begegnen in gr.
χρόμος ‚Gewieher, Geräusch‘, aksl. gromъ,
russ. grom, ukrain. hrim, bulg. grom, serbo-
kroat., slowen. grôm, tschech., osorb. hrom,
poln. grom ‚Donner, Gewitter, Blitz(schlag)‘
< uridg. *ghróm-o- und apreuß. grumins
‚dünner Regen, der ferne Donner‘ < urbalt.
*grumna-.
Walde-Pokorny 1, 655 f.; Pokorny 458 f.; LIV² 204;
Bartholomae, Airan. Wb.² 529; Frisk, Gr. et. Wb. 2,
1116 f.; Chantraine, Dict. ét. gr. 1272; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 97; Berneker, Slav. et. Wb. 1, 353 f.
360; Trubačev, Et. slov. slav. jaz. 7, 129. 138. 163 f.;
Sadnik-Aitzetmüller, Handwb. zu den aksl. Texten 31.
240; Vasmer, Russ. et. Wb. 1, 306. 310; Schuster-
Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 342 f. 350; Fraenkel, Lit.
et. Wb. 163. 173; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb.
1, 648. 664; Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 343. —
Endzelin [1944] 1974: 65.