kortarAWB, kortariAWB m. und n. (j)a-St., seit
dem letzten Viertel des 8. Jh.s in Gl., B, GB,
MH, N, WH: ‚Herde, Schar von Tieren,
(bildlich) Schar der Gläubigen, Gemeinde;
grex‘ 〈Var.: ch-, qua- (zur Schreibung vgl.
Schatz 1927: § 286 [S. 189])〉. — Mhd.
quarter, korter st.n. (im Komp. vihequar-
ter jedoch f.) ‚Herde‘.
Ahd. Wb. 5, 326 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 476; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 674; Schützeichel⁷ 181; Starck-Wells
342; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 297; See-
bold, ChWdW8 179; ders., ChWdW9 476; Graff 4,
490 f.; Lexer 1, 1686; 2, 315; Götz, Lat.-ahd.-nhd.
Wb. 295 (grex).
Ahd. kortar geht auf urgerm. *kurđra- zu-
rück. Dazu gibt es lediglich in ae. corþer n.
‚Truppe, Schar‘ eine Entsprechung, die je-
doch urgerm. *kurþra- fortsetzt, also in
grammatischem Wechsel zur ahd. Form steht.
Der grammatische Wechsel beruht auf einem
Suffixtausch *-đra- > *-þra-, der analogisch
nach Nomina actionis mit betonter schwund-
stufiger Wz. (Typ: uridg. *m-tro- > urgerm.
*murþra- > got. maurþr ‚Mord‘ [s. murdreo
‚Mörder‘]) zustande gekommen ist.
Fick 3 (Germ.)⁴ 40; Holthausen, Ae. et. Wb. 58; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 167.
Urgerm. *kurđra- < vorurgerm. *g-tró- ist
eine Bildung mit dem Nomina actionis (bzw.
Instrumentalbez.) bildenden Suffix uridg.
*-tro- (dazu Krahe-Meid 1969: 3, § 138).
Die zugrunde liegende Wz. ist mit B. A.
Olsen, APILKU 6 (1988), 32. 61 Anm. 26
am ehesten als uridg. *h₂(ĝ)er- ‚sammeln,
(zusammen-)holen, nehmen‘ anzusetzen. Die
Vorform ist so ein Nomen actionis uridg.
*h₂(ĝ)-tró- ‚Versammlung‘.
Die Verbalwz. uridg. *h₂(ĝ)er- ‚sammeln,
(zusammen-)holen, nehmen‘, die im Germ.
verbal vielleicht in kerien, kerren ‚kehren‘
(s. d.) fortgesetzt ist, findet sich sonst haupt-
sächlich im Gr.: myk. (part.aor.akt.m./n.)
a-ke-ra₂-te /agersantes/ (neugebildeter s-
Aorist; vgl. Hajnal 1995: 49f.), gr. ἀγρέω
‚nehme, ergreife‘ (entweder < uridg. *h₂(ĝ)r-
éi̯e/o- oder denominal), ἀγείρω ‚versammle‘
(< *h₂(ĝ)ér-i̯e/o- [Neubildung]); vgl. auch
myk. a-ko-ra f. ‚Sammlung‘, gr. ἀγορά f.
‚(Volks-)Versammlung, Versammlungsplatz,
Markt, Handel, Verkehr‘. Dazu stellt sich
auch toch. B kārā- ‚sammeln‘ (prät. karā-
re ‚versammelten‘, konj. kārau ‚soll/werde
sammeln‘), das entweder auf *kara- < *këra-
< *gor-H- basiert oder eine denominale Ab-
leitung ist (vgl. http://www.liv.uni-frei-
burg.de/liv2add.html [05.07.2011]).
Die weiteren bei Pokorny 382 f. angeführ-
ten Verwandten sind von dieser Gruppe
zu trennen. So gehört lat. grex m. ‚Herde‘
(daraus entlehnt mir. graig ‚Pferdeherde‘
und die restlichen kelt. Formen) zu einer
Wz. *gu̯reg- ‚Gruppe, Herde‘. Die slaw.
(aksl. grъstь ‚Faust, Handvoll‘ und ver-
wandte Wörter) und balt. (lett. gurste [gùr-
ste] ‚Flachsnocke‘) Formen bleiben in der
Beurteilung zu unklar, um sicher verbun-
den werden zu können (der Vergleich mit
gr. ἀγοστός m. ‚Arm, Ellbogen‘? ist „[n]ot
really convincing“ [Beekes, Et. dict. of Gr.
1, 15]).
Walde-Pokorny 1, 590 f.; Pokorny 382f.; LIV² 276;
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 8 f. 13 ff.; Chantraine, Dict. ét. gr.
9. 12 ff.; Beekes, Et. dict. of Gr. 1, 10. 14 f.; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 622; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 283; de Vaan, Et. dict. of Lat. 273; Traut-
mann, Balt.-Slav. Wb. 102 f.; Berneker, Slav. et. Wb.
1, 371 f.; Trubačëv, Ėt. slov. slav. jaz. 7, 212 f.; Derk-
sen, Et. dict. of Slav. 199; Mühlenbach-Endzelin,
Lett.-dt. Wb. 1, 684; Karulis, Latv. et. vārd. 1, 326 f.;
Adams, Dict. of Toch. B 153. — Vine 1998: 49 f.;
Schaffner 2001: 238 f.; Malzahn 2010: 559.