astrenza
Volume I, Column 375
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astrenza f. ō- (oder n-)St., auch (wildi)
astrinza, -ze und, wahrscheinlich hierher gehö-
rig, astriz(a), astritz, erst 13. Jh. ostriz (s. u.), nur
im Nom. Sg. belegt, in den Gl. einmal 11. Jh.,
sonst 12.14. Jh.: dem Wort, das in der Form
astrenza (astrinza) zweimal lat. astricum (bzw.
asstricium) glossiert, entspricht lautlich nhd.
(A)Strenze (aber botanisch nicht die heutige
Strenze = Astrantia maior L., sondern die
Meisterwurz = Peucedanum ostruthium L.,
nach Marzell, Wb. d. dt. Pflanzennamen I, 506);
außerdem lautet das lat. Lemma von ahd.
astrenza an 6 Stellen (longa) aristolocia, -cium,
-gia, heute volksetym. Osterluzei (Aristolochia
clematitis L.), deren sprachlicher Anklang (auch
astra-, astrolocia sind bezeugt) das Zusammen-
werfen verursacht haben dürfte; einmal, in der
Form astriza 3, 475, 15, glossiert die ahd. Voka-
bel lat. leontopodios i pes leonis Edelweiß,
während diese ahd. Form sonst lat. astritia,
-ium, -cia, -cium glossiert. Wenn so auch Glos-
sen wie ahd. astriz(a), astritz, zu denen noch ein
literarischer Beleg astriz(z)a kommt aus der Be-
schreibung des Paradieses in der Wien-Millstät-
ter Genesis (hrsg. von V. Dollmayr v. 503),
Ende des 11. Jh.s, hierher gestellt werden, so
spricht dafür die häufige Entwicklung der En-
dung -enza (< *-antia) nicht nur zu -inza,
-inze, sondern auch zu -iz(z)a, -iz, -itz, vgl. Peg-
nitz < Beginze, Pagenza, Pagancia u. a. (H.
Krahe, PBB 67 [1944], 382 ff.). Die erst mhd.
auftauchende Form ostriz mit o-, Gl. 3, 593, 59.
598, 26, mag auf mdartl. Aussprache beruhen
(vgl. [ʃtrentsǝ] Jutz, Vorarlb. Wb. I, 137 u. a.)
und könnte ihrerseits zu den Latinisierungen
ostritium, -utium etc. geführt haben, genau so
wie astriz etc. lat. astritium, -ia nach sich zog,
vgl. Mittellat. Wb. I, 1111.

Das Wort ist auch mndd. als astrentz (daneben
austris?) bezeugt (Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 128 f.) und wohl von da ins
Skand. weitergewandert, daher aschwed. astrice,
nschwed. mit volksetym. Umgestaltung al-
strings-rot (Svenska akad. ordb. A1152), ält.
dän. astrentz, astrix, astriz, auch ostri(t)z (vgl.
Lange, Ordbog o. Danmarks plantenavne I,
759 f.). Es begegnet dann wieder in frühnhd.
Fachprosa als astren(t)ze, astren(t)z, so etwa bei
Conrad Gesner (1561). Nhd. wird es mit or-
thogr. Schwankungen notiert, bald Strenze, bald
Stränze (auch mit -el), zuweilen Astrenz(e)
f., wenngleich meist ohne das unbetonte anl. a-,
das vielleicht als unbestimmter Artikel mißver-
standen und apokopiert worden ist (vgl. Beha-
ghel, Gesch. d. dt. Spr.⁵ 348).

Ahd. Wb. I, 682; Starck-Wells 36; Graff I, 503; E.
Björkman, Zfdt.Wortf. 6 (1904/05), 17; Lexer I, 102;
Benecke I, 66; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 403 (s. v. ost-
rucium); Dt. Wb. I, 590; X, 3, 1474 f. (Strenze⁴).

Die wenigen Versuche, ahd. astrenza aus dt.
Wortgut zu erklären, etwa durch Anschluß an
ein nur einmal belegtes mdartl. bayer. Strenzen
m. Art Korb (Schmeller, Bayer. Wb.² II, 817)
im Hinblick auf die korbartige Blütendolde (so
E. H. F. Meyer, Preußens Pflanzengattungen
[Königsberg, 1839], 203) u. ä., lassen sich weder
lautlich noch wortgeographisch vertreten. Et-
was mehr Wahrscheinlichkeit wegen der auf-
fallend sternförmigen Hülle der weißschim-
mernden Blütendolde hat die Verknüpfung
mit einem griech.-lat. (gelehrt zurechtgemach-
ten?) *astrantia, von dem adj. part. *astrans (zu
*astrare): eine Form astreans schimmernd wie
ein Stern
ist einmal, allerdings an korrupter
Stelle, bei Martianus Capella überliefert (ed. A.
Dick, VIII § 810 S. 428; vgl. Andrews, Lat. Dict.
183 f.); dazu kommt, daß andere Bezeichnun-
gen derselben Pflanze, wie nhd. Sterndolde, ndl.
groot sterrekruid, russ. zvězdovka, dt. mdartl.
Stärnen (Bern), der große Stern (Kärnten) von
dem gleichen äußeren Merkmal ihren Ausgang
nahmen. Gleichwohl bleibt die Etym. des ahd.
Wortes nach wie vor unsicher wie auch die an-
gedeuteten Möglichkeiten seines Verhältnisses
zu den Varianten astriz(z)a, astri(t)z, (mhd. ost-
riz) und den lat. Entsprechungen astricum, astri-
tia, -ium, ostri-, ostrutium etc. Vgl. Marzell, Wb.
d. dt. Pflanzennamen I, 505 ff. 1348; III, 643 ff.

In den Mdaa. wird, wie zu erwarten, das im Volks-
mund erst recht unverstandene Wort nach Belieben
verballhornt; so kommt es zu Ab-, An-, Har-, Hag-
Strenze, s. Schweiz. Id. I, 577 f.; XI, 2310; ähnlich Jutz,
Vorarlb. Wb. I, 137; vgl. auch Fischer, Schwäb. Wb.
IV, 1591; VI, 1534. 2507 (Meisterwurz: Magistranz f.
deutlich kontaminiert aus Magister und Astrantia);
Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa. in Österr. I, 416 (Ast-
ranzler: ein Schnaps).

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