grintilAWB m. a-St., seit dem 8. Jh. in zahl-
reichen Gl., MF, im I, WH und bei N: ‚Rie-
gel, Stange, Sperre, Querbalken, Barrikade,
Tragstange, Deichsel, Pflugbaum; obiex, op-
positio, munitio, paxillus, pidulus, pessulus,
repagulum, sera, temo, vectis‘ 〈Var.: gren-
dil, c-, k-; -t-; -el; akk.pl. gerindela Nps
106,16 mit epenthetischem Vokal; crientel
(mit ie für i; Braune-Reiffenstein 2004: § 31
Anm. 5)〉. Der Dat.Pl. grintilin (Mayer 1974:
49, 14) und Akk.Pl. grindili (Gl. 2,536,18;
13. Jh.) sind entweder sekundär nach der i-
Dekl. gebildet oder eher durch Angleichung
des Endungsvokals an den Vokal von Wz.
und Suffix entstanden. — Mhd. grindel, grin-
tel st. m. ‚Riegel, Balken (für verschiedene
Zwecke)‘, im Nhd. ist das Wort nur dialek-
tal, dafür aber in nahezu allen Mundarten
fortgesetzt. Weit verbreitet ist Grindel,
Grendel (ohess. Grinde) m. als Terminus
techn. in der Bedeutung ‚Pflugbaum‘:
schweiz., els., schwäb., bair., luxem., rhein.,
pfälz. nur im Komp. Pfluggrindel, hess.
(auch n.), thür., osächs. (auch n.), schles.,
siebenbürg.-sächs. (auch n.), westfäl., bran-
denb.-berlin. (auch n.), ndsächs., in der Be-
deutung ‚Pflugsterz‘. Die Ausgangsbedeu-
tung ‚Balken zum Versperren, Riegel‘ (s. u.)
— in den ältesten Belegen (z. B. Abr 1,265,21
[Kb, Ra]; Gl. 1,541,62. 586,37) glossiert
grintil lat. sera ‚Querbalken zum Verriegeln‘
und vectis ‚Tor-, Türriegel‘ — ist noch im
Schweiz. (hier auch als FlurN, oft für geo-
graphische Gegebenheiten, die etwas trennen
oder abschließen), Schwäb., Rhein., West-
fäl., Schleswig-Holst., Meckl. und Ndsächs.
erhalten. Die Bedeutung ‚hölzernes Gitter-
tor‘ kommt im Els., Luxem. u. Ndsächs. vor.
In einzelnen Mdaa. finden sich auch Spezi-
albedeutungen: Im Rhein. wird mit Grindel
ein Werkzeug der Steinhauer bezeichnet, im
Ndsächs. ein Werkzeug zum Schärfen einer
Sense, (im Luxem. ‚herrische Frau‘). Wie
die dt. Mdaa. zeigen, entwickelte sich die
Bedeutung ‚Balken zum Versperren, Riegel‘
einerseits zu der Spezialbedeutung ‚Pflug-
baum‘ (= Verbindung zwischen dem hinte-
ren Pflugteil und dem Vorderpflug), anderer-
seits konnte mit Grindel eine Konstruktion
aus einzelnen Balken, eine Gittertür, be-
zeichnet werden.
Zur Entlehnung des Wortes ins Slaw. s. u.
Ahd. Wb. 4, 432 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 326; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 493; Schützeichel⁶ 140; Starck-Wells
240. 820; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 52 ff.;
Seebold, ChWdW8 149; Graff 4, 332 f.; Lexer 1,
1086; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 418 (munitio). 438
(obex). 451 (oppositio). 471 (paxillus). 488 (pessu-
lus). 491 (pidulus). 567 (repagulum). 578 (robur). 605
(sera). 655 (temo). 696 (vectis); Dt. Wb. 9, 372 f. —
Kluge 1926: § 90. — H. Beck, in Beck 1979—80: 87 f.;
R. Schmidt-Wiegand, in Schmidt-Wiegand 1981: 36;
Thies 1994: 142. 384. 394. — Schweiz. Id. 2, 757 ff.;
Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. 1, 277; Ochs, Bad.
Wb. 2, 469; Fischer, Schwäb. Wb. 3, 840; Jutz, Vor-
arlberg. Wb. 1, 1241; Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1004;
Lexer, Kärnt. Wb. 124; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 1,
256; Unger-Khull, Steir. Wortschatz 308; Follmann,
Wb. d. dt.-lothr. Mdaa. 216; Luxemb. Wb. 1, 7, 78;
Müller, Rhein. Wb. 2, 1410 f.; Christmann, Pfälz. Wb.
1, 864; Kehrein, Volksspr. u. Wb. von Nassau 174;
Maurer-Mulch, Südhess. Wb. 2, 1467; Crecelius,
Oberhess. Wb. 437; Vilmar, Id. von Kurhessen 136;
Spangenberg, Thür. Wb. 2, 6, 720 f.; Frings-Große,
Wb. d. obersächs. Mdaa. 2, 157; Mitzka, Schles. Wb.
1, 451; Siebenbürg.-sächs. Wb. 3, 310; Woeste, Wb.
d. westf. Mda. 85; Stellmacher, Ndsächs. Wb. 5,
708 f.; Schambach, Wb. d. ndd. Mda. 68; Mensing,
Schleswig-holst. Wb. 2, 482; Wossidlo-Teuchert,
Meckl. Wb. 3, 284 f.; Bretschneider, Brandenb.-berlin.
Wb. 2, 411 f.; Ziesemer, Preuß. Wb. 2, 518.
Unmittelbare Verwandte finden sich nur im
Westgerm. As. grindil st. m. ‚Riegel, Pflug-
baum‘, mndd. grindel, grendel m. ‚Querholz,
Hebebaum, Torriegel‘, daneben auch als
FlurN; mndl. grendel m., nndl. grendel ‚Rie-
gel, Hebebaum‘; ae. grindel m. ‚Riegel, Hür-
de, Gitter‘ setzen wie das ahd. Wort eine
Vorform westgerm. *grendila- mit dem Ge-
räte bezeichnenden Suffix *-ila- voraus. Eine
verbale Ableitungsbasis wie z. B. bei ahd.
slegil, ae. slegel ‚Schlegel‘ zu ahd. slahan
‚schlagen‘, ahd. leffil ‚Löffel‘ zu laffan ‚lek-
ken‘ ist nicht belegt.
Die verwandten nordgerm. Wörter sind ohne
*-ila-Suffix gebildet: aisl. grind f. ‚Rahmen,
Gestell, Gitterwerk, Einzäunung‘ (Pl. auch
nach den i-St.), anorw., nnorw. grind ‚Gitter-
tor, Heck‘, nnorw. auch ‚Rahmen, über den
etwas gespannt wird, Hürde, Pferch‘, dän.
dial., schwed. grind ‚Heck‘. Die aufgeführ-
ten Formen weisen auf einen Kons.-St. nord-
germ. *rend-. Dieser ist aber wohl nicht
ursprünglich, sondern geht auf einen vokali-
schen St. urgerm. *rendō- mit sekundärer e-
Hochstufe zurück (s. u.). Stämme auf Vokal
wurden im Anord. (u. Ae.) des öfteren in die
noch lebendige kons. Flexion überführt (vgl.
aisl. rǫng ‚Spante‘, ae. wrong ‚Schiffsbauch‘
< urgerm. *u̯rangō-; Krahe-Meid 1969: 3,
§ 67). Die Ausgangsform nordgerm. *ren-
dō- dürfte eine urspr. Kollektivbildung auf
urgerm. *-ō- fortsetzen, wie auch die Bedeu-
tung ‚Gitterwerk‘ nahelegt (vgl. ahd. scara,
ae. scaru, aisl. skǫr < urgerm. *skarō-
‚Schar‘).
Ne. dial. (Orkney und Shetland) grind ‚Git-
tertor‘ ist aus schwed. grind entlehnt.
Fick 3 (Germ.)⁴ 140; Holthausen, As. Wb. 28. 29;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 189; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. 2, 1, 161; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. 2, 147; Gallée [1903] 1977: 119; Verwijs-Ver-
dam, Mndl. wb. 2, 218 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal²
213; Vries, Ndls. et. wb. 219; Et. wb. Ndl. F-Ka 328;
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 1, 679 f.;
Dijkstra, Friesch Wb. 1, 476; Holthausen, Ae. et. Wb.
138; Bosworth-Toller, AS Dict. 490; Suppl. 487;
OED² s. v.; Vries, Anord. et. Wb.² 189; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 401 f.; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog
1, 647; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 96; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 348; Ordb. o. d. danske
sprog 7, 97 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 182; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 300; Svenska akad. ordb. s. v. — No-
reen [1923] 1970: § 416, 2. 4.
Wie für urgerm. *rendō- < vorurgerm.
*ghréndh-ah₂- ist auch für die slaw. Entspre-
chungen russ.-ksl. gręda ‚Balken‘, russ.
grjadá ‚Sandbank, Beet, Reihe‘, ukrain.
hŕáda ‚Beet‘, bulg. gredá ‚Balken‘, serbo-
kroat. gréda ‚Balken, Sandbank‘, slowen.
gréda ‚Balken, Gartenbeet‘, tschech. hřada
‚Balken, Stange, Beet‘, slowak. hrada, poln.
grzęda ‚Stange, Hühnerstange, Beet‘, osorb.
hrjada ‚Balken, Beet‘, ndsorb. grěda ‚Hüh-
nersteige, Gartenbeet‘, polab. gŕǫda ‚dss.‘
eine geneuerte e-Stufe vorurslaw. *ghréndh-
ah₂- vorauszusetzen. Den urspr. mesostati-
schen Ablauttyp Null- oder o-Stufe der Wur-
zel und betontes Suffix repräsentieren lit.
grindà, griñdas f. ‚Dielenbrett‘, grindìs
‚Brückenbohle‘, lett. grìda ‚Diele, Fußbo-
den‘ < vorurbalt. *ghrdh-áh₂- und lit.
grandà ‚Brückenbohle‘, granda f. ‚Stock-
werk‘, apreuß. grandico ‚Bohle‘ sowie lat.
grunda f. ‚Dach; στέγα‘, sug-grunda f.
‚Dachstuhl‘ (mit vulgärsprachlicher Ver-
dumpfung des o vor nd; vgl. Sommer 1977:
81) < vorurbalt., vorurlat. *ghrondh-áh₂- (an-
ders Rasmussen 1989: 170 f. 163, der aisl.
grind und lit. grindà, lett. grìda; aksl. gręda
auf ein altes Wurzelnomen *ghrendh-/
*ghrdh- zurückführt, aber o-stufiges lit.
grandà und lat. grunda usw. davon trennt).
Als vorurlat., vorurgerm. und vorurbalto-
slaw. Grundbedeutung ist ‚Balken(werk)‘
anzunehmen, woraus sich dann die Bedeu-
tungen ‚Erhöhung‘ in Form einer ‚Sandbank‘
oder eines ‚Beetes‘ entwickelten.
Die von A. Ernout, BSL 30 (1930), 106 angenommene
etruskische Herkunft des lat. Wortes ist ohne Grund-
lage.
Das dt. Wort wurde in der spätahd. Bedeu-
tung ‚Pflugbaum, Grindel‘ ins Slaw. entlehnt
als russ. grjadíl’, gredíl’, gradíl’ f. ‚Pflug-
baum, -deichsel, Grindel‘, ukrain. hŕadíl’,
bulg. gredĕ́l, slowen. grédǝlj ‚Pflugbalken,
Grindel, Radwelle‘, atschech. (seit dem
14. Jh.) hřiedel m., tschech. hřídel m. ‚Wel-
le, Walze, Wagebalken, Pflugbalken‘, slo-
wak. hriadel’ m. ‚Wellbaum, Welle, Walze,
Zylinder‘, serbo-kroat. grédeļ m. ‚temo ara-
tri‘, poln. grządziel, grądziel m. ‚Gabel-
deichsel am Hakenpflug‘: < gemeinslaw.
*grędelь. Die lautliche und semasiologische
Übereinstimmung des Terminus techn. in
beiden Sprachgruppen spricht für eine Ent-
lehnung und nicht für Urverwandtschaft.
Wegen ae. grindel ist eine Entlehnungsrich-
tung vom Germ. ins Slaw. wahrscheinlich,
da sichere slaw. Lehnwörter im Ae. auf die-
ser Zeitstufe fehlen. Die Entlehnung ins
Slaw. muß vor dem Schwund der Nasalvoka-
le (10. Jh.) erfolgt sein.
Walde-Pokorny 1, 657; Pokorny 459; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. 1, 623 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 283 f. 830; Thes. ling. lat. 6, 2, 2338; Niermeyer,
Med. Lat. lex.² 1, 623; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 98;
Berneker, Slav. et. Wb. 1, 348 f.; Trubačev, Et. slov.
slav. jaz. 7, 122 f.; Vasmer, Russ. et. Wb. 1, 315; Sław-
ski 1952 ff.: 1, 365 f.; Fraenkel, Lit. et. Wb. 170 f.;
Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 1, 656 f. 671. —
Persson 1912: 97. 292 f. 848; Bielfeldt 1933: 171; Ki-
parsky 1934: 236 f.; Bräuer 1961—69: 1, 37.