amaro¹
Volume I, Column 192
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amaro¹AWB m. n-St., nur in Gl., 11./12.13. Jh.:
Ammer, Goldammer, amarellus (Emberiza citri-
nella L.). Formen: amare, amero, amere, einmal
hamere mit prothet. h- [s. u.]; sämtliche im
Nom. Sg.. Mhd. heißt der Vogel lautgerecht
amer st. m.; seit dem 13. Jh. schon tritt gele-
gentlich ein Komp. wie gold(en)emer, goltha-
mere, goltamir (wegen des hochgelben Gefie-
ders am Kopf und Unterteil vielleicht auch
zur Homonymenunterscheidung) dafür ein.
Nhd. (Gold)Ammer f. mit -mm- zur orthogr.
Bezeichnung des vor -mer kurz gebliebenen
Stammvokals (Wilmanns, Dt. Gr. I § 243).

Ahd. Wb. I, 312; Starck-Wells 23; Graff I, 253;
Schade 14; Lexer I, 50; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 28;
Adelung, Gr.-krit. Wb. d. hd. Mda. I, 219; Dt. Wb. I,
279; Weigand, Dt. Wb.⁵ 50; Kluge²¹ 19. Vgl. auch
Suolahti, Dt. Vogelnamen 101 ff.

Entsprechungen finden sich nur im Niederdt.,
so as. amer m. (Wadstein, Kl. as. Spr.denkm.
111, 21), mndd. goltamer (Suolahti), und im
Engl.: ae. amore, auch amor, omer und emer (<
*amir-?) f. n-St. sowie clodhamer; ne. ammer,
volksetym. mit prothet. h- auch hammer und
goldhammer, jetzt meist yellow hammer. Im Nie-
derl. und Skand. sind andere Bezeichnungen
dafür eingetreten.

Holthausen, As. Wb. 2; Holthausen, Ae. et. Wb. 4;
Bosworth-Toller, AS Dict. 744; OED X, (Y) 37.

Da man diesen Vogelnamen meist damit er-
klärt, daß er eine Kurzform für *amar-fogal sei,
d. h. den sich von amar (Sommer)Dinkel näh-
renden Vogel bezeichne, so ist für den Wort-
kern auf ahd. amar zu verweisen. An Parallelen
dazu fehlt es nicht: so ahd. îsarno, ae. īsern ne-
ben ahd. îsa(r)nvogel, îsinvogil (s. d.) oder dt.
Mistel, engl. missel neben Misteldrossel bzw.
mistlethrush. Noch viel näher liegt es, daß die
Namen vieler Vögel von ihrer Nahrung herge-
leitet sind, wie im Falle von nhd. Gerstammer,
um bei der Ammer zu bleiben, oder von nhd.
Distelfink, für den es in den Mdaa. obendrein
noch eingliedrige Kurznamen gibt wie schweiz.
Disteli (Schweiz. Id. I, 868) oder elsäß. Dischel,
Disse(r)le (Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa.
II, 720. 723. 923) u. a. Dem Bedenken von Suo-
lahti (a.a.O. 101 f.), daß die beiden Bildungs-
weisen formal völlig zusammenfielen, ist entge-
genzuhalten, daß immerhin ursprünglich die
abgeleitete Kurzform sich durch ihre n-Erwei-
terung von dem m. a-St. amar unterschied, ein
bei der Bildung von Kurz- oder Kosenamen aus
zweigliedrigen Vollformen durchaus geläufiger
Vorgang, vgl. ahd. Chuono mit Chônrâdus (die-
selbe Person, 10. Jh.) oder gar den ausdrückli-
chen Hinweis des Chronisten: Uodalricum ...
vocaverunt Uozonem (Mon. Germ. Hist. SS XX,
629), Bach, Dt. Namenkunde I, § 89. 96. Wie be-
kannt, hängt dies mit einer idg. Regelerschei-
nung zusammen, derzufolge Denominativbil-
dungen mit n-Suffix meist ein bestimmtes Indi-
viduum oder den spezifischen Fall charakteri-
sieren, s. Wilmanns, Dt. Gr. II § 156; Kluge,
Nom. Stammbildung³ § 16 f.; B. Liebich, PBB 23
(1898), 223 f.; D. von Kralik, Gött. Gel. Anz.
1914, 135 f.

Da das Ursprungswort, ahd. amar, sowie die von ihm
bezeichnete Getreideart vielfach im Abgang begriffen
sind, so verwundert es nicht, daß in den dt. Mdaa.
von heute zahlreiche Varianten mit Gold- (sowie dem
merkwürdigen Gaul-: Suolahti, a.a.O. 103) und
daran anschließenden Volksetymologien aufgekom-
men sind, wie etwa Gol(d)ammer, Galammel (Martin-
Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. I, 218), auch Gālamer, Gal-
mer (Hertel, Thür. Spr.-schatz 108) oder Golmer (Cre-
celius, Oberhess. Wb. 430), aber auch mit Gelb- als
erstem Wortglied (vgl. ne. yellow hammer), wie in
bad. Gelbämmer (Ochs, Bad. Wb. I, 41: das einfache
Wort fehlt
).

S. auch amar.

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