drumAWBAWB n. a-St., nur Abrogans (z. B. Gl.
1, 21, 22 K dat. sg. dhrume, Ra drume; 48, 15
dat. pl. Pa drumon, K trumum ‚gracilis‘ zwi-
schen Pa usw. lucikem ‚exilis‘, Pa usw. smalem
‚subtilis‘ mit drum im Sinne von ‚schmales,
dünnes Stück‘ — die lat. Adjektive auf -ilis hat
der Glossator als Dat.-Pl.-Formen verstan-
den): ‚Ende, Endstück, Stamm, stirps, meta‘. —
Mhd. drum, vereinzelt trum st. n. ‚Endstück,
Ende, Grenze‘, bereits mhd. auch pl. drummer
neben pl. drum (bis ins 17. Jh.). In der Schrift-
sprache treten seit dem 15. Jh. und vorherr-
schend im 16. Jh. Formen mit t- (im 16. Jh.
auch -mm-) auf; doch ist anlautendes, vor al-
lem md. geltendes d- bis ins Nhd. hinein üb-
lich. Nhd. obd., rhein. Trumm n. (m.) ‚großer,
schwerer Brocken‘ (drum als dt. Wort auch in
der ungar. Gaunersprache), pl. Trümmer (seit
dem 15. Jh. vorherrschend und seit Mitte des
18. Jh.s auch als sg. m. f. n. bis Ende des
19. Jh.s), speziell für Ruinen, Überreste großer
Bauten, dann überhaupt für Überreste großer,
bedeutender Gegenstände, auch fachsprach-
lich, z. B. im Bergbau ‚Ausläufer einer Ge-
steinsader, kleiner Erzgang‘.
Splett, Ahd. Wb. I, 155; Starck-Wells 109. 801. 841
(jedoch drum adj.; s. u.); Graff V, 260; Schade 113;
Lexer I, 458 f. 471 f.; II, 1544; Benecke I, 391; Dt.
Wb. II, 1332; XI, 1, 2, 1336 ff. 1346; Schmeller, Bay-
er. Wb.² I, 662; Kluge²¹ 794; Kluge²² 743; Pfeifer,
Et. Wb. 1853; Dahlberg, Wortschatz Südhannovers
39; C. J. Hutterer, in Schmitt (L.E.)-Festgabe 658;
H. Penzl, Lang. 32 (1956), 355 (zum d / t-Anlaut);
H.-F. Rosenfeld, Ausgewählte Schriften II (Göppin-
gen, 1974), 469. 508. — Für Spletts, Abrogans-Studien
102 Ansatz eines sw. Adj. drum ‚klein, schmal‘ ergibt
sich aufgrund der Stelle Gl. 1, 48, 15 kein Anhaltspunkt
(s. o.).
Frz. trumeau ‚Ochsenkeule‘, das in der älteren For-
schung wegen bair. kegel-trümmer ‚Balken, die von ei-
nem Fenster zum anderen gehen‘ (Schmeller, Bayer.
Wb.² I, 140) mit dt. Trumm verbunden wird (z. B.
Diez, Et. Wb. d. rom. Spr.⁵ 694), bleibt fern und ist zu
lat. strūma, strūmella ‚skrofulöse Anschwellung und
Vereiterung der Lymphdrüsen, besonders am Halse;
angeschwollene Drüsen, dicker Hals‘ zu stellen (s.
H. Meier, Neue lat.-roman. Etym. [Bonn, 1980],
108 ff.).
Ahd. drum entsprechen: mndd. drōm, drȫm,
drum (pl. dröme) n. ‚Trumm, Endstück, Faden-
ende, Wurstband, Schnur‘ (drömel, drümmel
‚Trümmer‘), nndd. drom, drōm ‚Endstück‘;
mndl. drom, dreum, drōme (drömel) m. ‚Faden-
ende eines Gewebes‘, nndl. dreum, drom ‚End-
faden der Kette, Garnabfall‘; ae. -ðrum in tun-
ge-ðrum ‚Gewebeband unter der Zunge‘, me.
þrum, þrom ‚licium‘, ne. thrum ‚Endfaden der
Kette, Garnabfall‘; nschwed. dial. trum, trom,
‚Stock, Baumstamm, abgehauener Holzklotz‘:
< urgerm. *þrumi/ a- (ndän. drum aus dem
Mndd.). Hinzu kommen: aisl. þruma f. ‚Land,
Boden‘, nisl. þruma ‚steile Berghalde‘ < *þru-
mōn-; aisl. þrymill m. ‚Knoten im Fleisch, Un-
ebenheit‘; mndd. drömel ‚kleiner Acker‘; mndl.
dromel ‚Ende der Fäden eines Gewebes‘ <
*þrumila-. Ablautende Bildungen begegnen in:
mndd. dram (pl. dräme) m. ‚Endstück, Fadenen-
de‘, nndd. drām ‚Endstück‘; aisl. þrǫmr m.
‚Rand, Kante, Ende‘, nnorw. trøm, tram m.
‚Freitreppe‘, aber in ON trom ‚Rand‘, nnorw.
dial. tram ‚Kante, Ufer‘, nschwed dial. trömm
‚abgehauener Holzblock, Sommerschlitten‘ <
*þramu-; mndd. (mit sekundärem t- s. drâma)
treme ‚Querstange, Sprosse‘ (> ndän. tremme
‚Sprosse‘) < *þramjō; ahd. dremil ‚Riegel‘;
mndd. dremel ‚Faden eines Gewebes‘ (< *þra-
mila-; → dremil); ahd. drâma ‚Balken‘, mhd.
drâm, pl. dræme st.m., drâme, pl. drâmen sw. m.
‚Balken‘ usw. (→ drâma) < *þrēmi/ an/ ōn-.
Fick III (Germ.)⁴ 181; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 484. 488; Schiller-Lübben, Mndd. Wb.
I, 565 f. 581. 605 f.; Verdam, Mndl. handwb. 153; Ver-
wijs-Verdam, Mndl. wb. II, 430 f.; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 133; Vries, Ndls. et. wb. 134; Holthausen,
Ae. et. Wb. 370; Bosworth-Toller, AS Dict. 1020.
1073; Stratmann-Bradley, ME Dict.³ 638; OED²
XVIII, 24; Oxf. Dict. of Engl. Et. 920 f.; Vries, Anord.
et. Wb.² 621. 624 f. (unwahrscheinlich: Wort für
‚Flechtzaun‘); Jóhannesson, Isl. et. Wb. 442 f.; Fritz-
ner, Ordb. o. d. g. norske sprog III, 1024. 1045 f. 1048;
Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 320 f.; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 158. 1278. 1281 f.; Ordb. o.
d. danske sprog XXIV, 443 ff. 594; Torp, Nynorsk et.
ordb. 808; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1012. 1227.
Fern bleibt frühnhd. trumm m. ‚Menge, Haufen,
Knäuel‘; nndl. drom m. ‚(vordringende) Schar, Men-
ge, Haufen‘; ae. ðrym(m) m. ‚Volkshaufen, Menge,
Macht‘, me. þrum, þrüm ‚Schar, Macht, Ruhm‘; aisl.
þrymr m. ‚Kampfgewühl, Kampf‘, wozu sich auch as.
mid heruthrummeon ‚mit verderblicher Gewalt‘ stellt.
Das Wort ist mit aisl. þrymr m. ‚Lärm, Krachen‘, einer
m-Ableitung von der Wz. *tu̯er-/ tur-/ tu̯- ‚drehen,
wirbeln‘ (*þrumi-/ þrumja-; vgl. lat. turma f. ‚Schar,
Schwarm‘), identisch.
Fick, a. a. O. 197; Holthausen, As. Wb. 33; Sehrt, Wb.
z. Hel.² 255; Berr, Et. Gl. to Hel. 415; Bosworth-Tol-
ler, a. a. O. 1074; Suppl. 730; Suppl. II, 61; Stratmann-
Bradley, ME Dict.³ 638; Vries, Anord. et. Wb.² 624;
Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 320; Walde-Po-
korny I, 749 f.; Pokorny 1100 f.
Urgerm. *þrumi/ a/ ōn-, *þramu-, *þramjō
und *þrēmi/ an- stellen sich zu: aind. tárma
(-an-) n. ‚Spitze des Opferpfostens‘, unbelegt,
doch alte Bildung wegen sutárman- ‚gut zum
Ziel führend, gut übersetzend‘; gr. τέρμα n. ‚Ziel
(der Rennbahn), Endpunkt, höchster Punkt,
oberste Gewalt‘, τέρμιος ‚am Ende befindlich,
letzt‘, τέρμων, -ονος m. ‚Ende, Grenze, Kante‘;
lat. termen, -inis n., termō, -ōnis m. ‚Grenz-
stein, Markstein, Grenze‘ < uridg. *terǝ-m-
[**terH₂-m-] bzw. *terǝ-mōn- [**terH₂-
mōn-], mit thematischer Erweiterung: lat. termi-
nus ‚Grenzstein, Grenze, Ende, Schluß‘, umbr.
termnom-e ‚ad terminum‘, termnas ‚terminātus‘,
osk. teremenniú ‚termina‘, venet. termon- (ge-
schrieben te.r.mo.n, s. M. Lejeune, Manuel de la
langue vénète 257) ‚terminus‘ (zugehörig auch
heth. tarma- ‚Pflock, Nagel‘ < ‚Grenzpflock‘?;
jedoch mit mehrdeutigem Stammvokal); alles
Ableitungen mit m-Suffix von der Wz. *terǝ-
[**terH₂-] ‚hinübergelangen, hindurchdringen,
überqueren‘, wie sie z. B. in aind. tárati ‚kommt
durch etwas hindurch, durchdringt etwas, ge-
langt hinüber, überwindet‘, heth. tarḫ-/ tarḫu-
‚überwinden, imstande sein‘ (aheth. 1.sg. tar-aḫ-
mi) vorliegt.
Gr. τράμις f. ‚der enge Raum zwischen den Beinen
vom After bis zur Scham, Perineum‘ und τόρμος m.
‚Zapfenloch, Radnabe, Zapfen‘ beruhen dagegen wohl
auf der Wz. *terǝ- [**terH₁-] ‚durchbohren‘; → darm.
Die Varianten urgerm. *þrumi/ a/ ōn-, *þra-
mu-, *þramjō und *þrēmi/ an-, eigtl. ‚Durch-
dringung‘ > ‚Endpunkt‘ (> ‚Grenze‘, ‚Grenz-
pfahl‘, ‚Stamm‘), erklären sich wohl auf der Ba-
sis eines Nebeneinanders: vorurgerm. *tr̥̄mi-
[**trH₂mi-], *terǝm- [**terH₂m-] (gr. τέρμα
usw.), *torǝmo- [**torH₂mo-]; zur e- und o-
Stufe vgl. das Nebeneinander von gr. φλέγμα n.,
φλογμός m. ‚Flamme‘ (Krahe-Meid, Germ.
Sprachwiss. III § 107).
Folgende Umbildungen erscheinen möglich: Mit einer
nach dem Vorbild von urgerm. *þrumi- durchgeführ-
ten r-Metathese und nach dem Muster des m- und
mo-Stammes ergaben sich a- oder n-Stämme (*þru-
ma/ ōn-); der ablautende u-St. *þramu- ist aus dem
n-stämmigen Dat. Pl. *þramu(n)miz oder Akk.Pl.
*þramunz hervorgegangen (aus *þramu- mit Umbil-
dung zum i-St. dann der jō-St. *þramjō). Weiterhin
konnte im Germ. neben einem n-St. *þramōn- eine ē-
stufige Bildung *þrēman- bestehen (Lühr, Expressivi-
tät 211. 319), die nach dem Muster von *þrumi- zum
i-St. *þrēmi- umgebildet wurde.
Walde-Pokorny I, 732 ff.; Pokorny 1074 f.; Mayrho-
fer, K. et. Wb. d. Aind. I, 487; ders., Et. Wb. d. Altin-
doar. I, 629 ff.; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 957 f. 976. 979.
984; Frisk, Gr. et. Wb. II, 880. 913. 917; Curtius,
Grundzüge d. gr. Et.⁵ 222; Chantraine, Dict. ét. gr.
1107. 1109 f. 1126. 1128; Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. II, 671 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 686;
M. Lejeune, Latomus 12 (Brüssel, 1953), 394; Kronas-
ser, Et. d. heth. Spr. § 102, 4; Meiser, Lautgesch. d.
umbr. Spr. § 54. 75; R. Meringer, IF 21 (1907), 299;
Persson, Beitr. z. idg. Wortf. 639. 776 f.