dwesbenAWB sw. v. I, nur Otfrid allein mit th-:
‚vernichten‘. Auch in den Präfixbildungen ist
immer b geschrieben. In Anbetracht von
Schreibungen wie Tatian bisgofe, erlosganu,
Otfrid uuunsgenti ‚wünschend‘, hursgit ‚spornt
an‘, Gl. gesbaldenen, sbrētenda, ensbannenero,
in denen b bzw. g für p bzw. k hinter s steht,
ist wohl für dwesben von einer Vorform *þwe-
sp(i)jan- auszugehen.
Splett, Ahd. Wb. I, 160; Schützeichel⁴ 96; Graff V,
280; Schade 121; Raven, Schw. Verben d. Ahd. I, 34;
Otfrid (Kelle) III, 633; Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 133
Anm. 2; J. Voyles, Zfvgl.Spr. 90 (1976), 274 f.
Verglichen werden mhd. rheinfrk. bedespen,
verdespen sw. v. ‚verbergen‘, wozu dial. els.,
bad., rhein., südhess. dusper ‚düster, dämmerig‘
(südhess. auch düsper), oberhess. duspern, dus-
peln ‚dunkel sein, dämmern; taumeln, schläfrig
sein‘, kurhess. düspeln ‚leise und langsam um-
hergehen, herumschleichen‘ gestellt werden.
Lexer I, 140. 421; III, 94; F. Kluge, Zfdt. Wortf. 9
(1907), 316; Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. I,
724; Ochs, Bad. Wb. I, 618; Müller, Rhein. Wb. I,
1593; Maurer-Mulch, Südhess. Wb. I, 1918; Crecelius,
Oberhess. Wb. I, 316; Vilmar, Id. von Kurhessen 81.
Außergerm. wird seit H. Petersson, IF 20
(1906—07), 367 das seit Accius belegte lat. Subst.
tesqua, -ōrum (mit und ohne loca) n. ‚Einöden,
düstere Gegenden‘ zum Vergleich herangezogen
(ablehnend Walde-Pokorny I, 714), wobei für
dwesben eine Vorform *tu̯osku̯- mit Übergang
von *ku̯ zu frühurgerm. *f und dann aufgrund
des Vernerschen Gesetzes zu urgerm. * und
eine Bedeutungsentwicklung von ‚leer sein‘ >
‚veröden‘ > ‚vernichten‘ angenommen wird. So-
fern ahd. dwesben tatsächlich zugehörig ist,
liegt aber wohl eine Wz. urgerm. *þwesp- (s. o.)
zugrunde. Lat. tesqua, ahd. dwesben und auch
mhd. -despen, nhd. dial. dusper könnten dabei
auf folgende Weise vereint werden: Ausgehend
von einem Nebeneinander der Wurzelvarianten
uridg. *tu̯esku̯-/*tesku̯- ‚düster, dunkel sein‘,
das eine alte Doppelvertretung von anlauten-
dem *tu̯- und *t- widerspiegeln kann (→ dwe-
rah), wäre im Germ. wie in anderen Fällen mit
der Lautfolge Labial — Labiovelar in *tu̯esku̯-
der Labiovelar zum Labial (*þwesp-) geworden
(→ fimf, wolf) und hinter *s als unverschobenes
*p erhalten (urgerm. *þwesp- > dwesben). Mit
Bezug auf die u̯-lose Variante, die auch im
Germ. fortgesetzt sein müßte, könnte sich dann
einmal urgerm. *þesp- (mhd. -despen < *þe-
spō[ja]n- ‚dunkel machen‘) und ein andermal als
Ableitung von der schwundstufigen Form der u̯-
haltigen Variante *þwesp- das Adj. *þuspra-
(dusper) ergeben haben. Möglicherweise stellt
sich die lat. tesqua zugrunde liegende Vorform
*tu̯esku̯ā mit dissimilatorischem Schwund des
postkonsonantischen *u̯ weiterhin zu aind.
tucchyá- ‚leer, nichtig, unbedeutend‘ (< *tus-
si̯o-), av. tusǝn ‚sie verlieren die Fassung‘, tao-
šaiieiti ‚läßt fallen‘, aksl. tъštь ‚leer, nichtig, ei-
tel‘, lit. tùščias ‚leer, arm, mit leeren Händen; ei-
tel‘ (< *tus-ti̯o-); → dost¹.
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 675 (lat. tesqua
kaum zu *ters- ‚trocken sein‘, wie Walde-Pokorny I,
714 erwägen); Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 688.
Lautlich unhaltbar F. A. Wood, Class. Phil. 7 (1912),
315: lat. pestis, -is f. ‚Seuche, Pest; Unheil, Untergang‘
< *tu̯es-ti-s und Verbindung mit ahd. dwesben (Wal-
de-Hofmann, a. a. O. II, 296; F. Hartmann, Glotta 6
[1915], 341).
Mit der Bedeutung von ahd. dwesben vereinbar,
aber in der Lautform abweichend ist ae. dwǣs-
can ‚auslöschen, zerstören‘, me. adweshen, a-
dwæscen ‚überklecksen, unterdrücken, zerstö-
ren‘ < *đwaisk(i)jan-, weshalb ein Anschluß an
dieses Verb ferner liegt. Gleiches gilt für die An-
lautsdoubletten ae. ðwīnan ‚abnehmen, schwin-
den‘, dwīnan ‚schwinden, abnehmen, hinsie-
chen‘ (Walde-Pokorny I, 702 f. 835).
Holthausen, Ae. et. Wb. 80. 373; Bosworth-Toller, AS
Dict. 220; Suppl. 161; Suppl. II, 20; Stratmann-Brad-
ley, ME Dict.³ 183; ME Dict. A-B, 111.