enôntAWB adv., nur in Gl. von 820/830 an: ‚jen-
seits, über etwas hinaus, hierher, citra‘, präp.
mit Dat. nur Notker, mit Gen. nur Gl.
3, 271, 51 (12. Jh. ennent): ‚jenseits, cis‘ 〈Var.:
nn-Formen erscheinen erst vom 11. Jh. an,
wohl unter dem Einfluß von ennân; s. d.; -unt,
-ent; Schreibungen für ô sind nur bei Notker
belegt〉. — Mhd. en(n)ent (auch jenent) adv.
‚drüben, jenseits‘, präp. mit Gen. ‚jenseits‘,
nhd. dial. schweiz. enent, enert (mit r wohl als
bloßem Einschub) präp. mit Dat. (früher mit
Gen.) ‚jenseits‘, enenthalb adv., präp. mit Dat.
‚jenseits‘, schwäb. enent, elsäss. enenher adv.
‚drüben, auf der anderen Seite‘, bad. enen adv.
‚drüben, jenseits‘, enent präp. mit Gen. ‚jen-
seits‘, vorarlberg. (veraltet) enent adv. ‚auf der
anderen Seite‘, präp. mit Dat. ‚jenseits‘, kärnt.
ent, ent⋅n, (mit präfigiertem dar) d⋅rent,
d⋅rent⋅n adv. ‚dort, jenseits‘, tirol. ent, ent’n,
enthàlb, enterhalb, d’renten adv. ‚jenseits‘, her-
ent’n, herentewerts adv. ‚hierseits‘.
Ahd. Wb. III, 296 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 181; Starck-
Wells 126; Graff I, 600; Schade 135; Lexer I, 562; Be-
necke I, 772; Dt. Wb. III, 488; Wilmanns, Dt. Gr. II
§ 456. — Schweiz. Id. I, 266 ff.; II, 1167. 1561; Martin-
Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. I, 367; Ochs, Bad. Wb. I,
685; Fischer, Schwäb. Wb. II, 713; Jutz, Vorarlberg.
Wb. I, 717; Schmeller, Bayer. Wb.² I, 92 f.; Lexer,
Kärnt. Wb. 85; Schöpf, Tirol. Id. 106; R. Lühr, Mü.
Stud. z. Sprachwiss. 38 (1979), 145 Anm. 10; G. Klin-
genschmitt, in Althochdeutsch 174.
Gl. 1, 75, 5 hinont enont ‚cis citra‘ beruhen nicht auf
falscher Auffassung der lat. Lemmata als Gegensatz-
paar (anders Ahd. Wb. a. a. O.), sondern geben cis und
citra in den Bedeutungen ‚diesseits — jenseits‘ wieder
(vgl. Mittellat. Wb. II, 650; Splett, Samanunga-Stu-
dien 55).
In ahd. enônt, einer Ableitung von der neben je-
nêr stehenden Variante enêr (→ ennân), liegt
der gleiche Ausgang wie in hin(n)ônt ‚diesseits,
auf dieser Seite‘ vor (s. d.). Als Ausgangspunkt
für den Adverbialausgang -ônt hat wohl ahd.
mitthon(t), mittunt, mithon(t), mitthontes, mit-
tundes ‚soeben, gerade‘ zu gelten, ein Adv., das
got. miþþan ‚inzwischen‘, aisl. meðan ‚inzwi-
schen, während‘ (aus miþ und þan) entspricht.
Im Ahd. ist im zweiten Bestandteil *þan ‚dann‘
das -a- vor Nasal zu o oder u verdumpft und
auslautendes -t entweder Rest der Relativparti-
kel the, wie sie in der ae. Verbindung mid ðon
ðe ‚wenn, da, während‘ auftritt, oder Rest des
Gen. Sg. n. des Relativpron. thes (→ mithunt,
mithontes), wobei -t anstelle von -d (< th) sich
als Angleichung an adverbiales -t in ahd. sa-
mi(n)t, same(n)t ‚zusammen‘ (got. samaþ ‚zu-
sammen‘) erklären könnte (zu anderen Erklä-
rungsmöglichkeiten s. G. Schmidt, Germ. Adv.
216 f.). Damit das Temporaladv. mithont aber
als Vorbild für Lokaladverbien gedient haben
kann, muß die Bedeutung ‚inzwischen‘ (vgl. got.
miþþan, aisl. meðan) im Sinne von ‚in der
Mitte‘ verstanden und auf mitti ‚Mitte‘ bezogen
worden sein. Nach einem solchen mithont ‚in
der Mitte‘ konnten dann die Oppositionspaare
*enont ‚jenseits‘ und *hinont ‚diesseits‘ gebildet
werden. Dabei müßte wie auch sonst gelegent-
lich in Adverbien expressive Dehnung zu enônt,
hinônt eingetreten sein; vgl. bei Notker belegtes
einêst ‚einmal, ein einziges Mal‘, ennân ‚von
dort, fort‘, danân ‚von da, fort‘ (s. d. d.).