gikewenAWB sw.v. I, nur T 141,7 (inf.) gi-
keuuen: ‚jmdn. (be-)nennen; vocare‘ (für den
ebenfalls möglichen Ansatz als st.v. gibt es
keinen weiteren Hinweis).
Ahd. Wb. 5, 148; Splett, Ahd. Wb. 1, 453; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 404; Schützeichel⁷ 175; Seebold,
ChWdW9 464; Graff 4, 434. — H. Rosen, Lg 10
(1934), 47. 63; Zipper 1960: 103; Köhler 1962: 143;
Raven 1963—67: 1, 308; Riecke 1996: 680.
In den anderen germ. Sprachen entspricht
lediglich: ae. cī(e)g(e)an ‚(aus-/an-)rufen,
nennen, mahnen, besuchen‘ (zur lautlichen
Entwicklung vgl. Brunner 1965: 49. 142.
144): < urgerm. *kau̯i̯e/a-.
Dazu stellt sich das anders gebildete Verb
nisl. kjá ‚schreien [von Vögeln]‘ < urgerm.
*keu̯ōi̯e/a-.
Unsicher ist, ob es sich bei finn. kaivata
‚sich sehnen, vermissen, entbehren, sich be-
klagen‘, ingr., karel., wot. kaivata ‚sich be-
klagen, klagen‘, estn. kaebama ‚sich bekla-
gen, klagen, anzeigen, verlangen‘, liv. kaì̯bǝ̂
‚(an-, ver-)klagen‘ um ein Lehnwort aus dem
Germ. handelt, da die Wörter semantisch
weit von der germ. Bedeutung abstehen (vgl.
Ritter 1993: 117).
Die Zugehörigkeit von nnorw. kaua ‚das Vieh mit
Rufen locken‘ und nnorw. dial., nschwed. dial. kauka
‚rufen‘ (Erweiterung mit *-k-?) ist unsicher, da es sich
hierbei auch um jüngere onomatopoetische Bildungen
handeln kann (Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 503;
Torp, Nynorsk et. ordb. 261).
Fick 3 (Germ.)⁴ 45; Holthausen, Ae. et. Wb. 47; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 154; Suppl. 123; Suppl. 2, 15;
Magnússon, Ísl. Orðsb. 465; Kylstra, Lehnwörter 2,
16. — Bammesberger 1965: 105.
Urgerm. *kau̯i̯e/a- stammt von der Verbal-
wz. uridg. *geu̯H- ‚rufen‘ ab. Diese ist auch
in ai. jóguve ‚ruft immer wieder an‘ (dazu
auch part.präs.med. -jóguvāna) < uridg. In-
tensiv *géu̯-gou̯H/guH- (vgl. Schaefer 1994:
114 f.) fortgesetzt. Der Ansatz mit Laryn-
gal ist durch ahd. kûma ‚Wehklage‘ (s. d.)
gesichert, die Bestimmung des Laryngals als
*-h₂- ist dann gegeben, wenn gr. γοάω
‚wehklage‘ auf eine Iterativbildung uridg.
*gou̯H-éi̯e/o- zurückgeht; es könnte sich
jedoch auch um eine denominale Bildung
von γόος m. ‚Wehklage‘ (< uridg. *góu̯H-o-)
handeln.
Ebenso wie bei dem gr. Verb ist auch die
genaue Bildeweise von urgerm. *kau̯i̯e/a-
unklar. Bei einer gr. γοάω entsprechenden
Vorform uridg. *gou̯H-éi̯e/o- wäre urgerm.
*kau̯u̯- mit Laryngalgemination zu erwarten,
bei der Annahme von *-h₂-éi̯e/o- wahr-
scheinlich eine Einordnung in die sw. Klas-
se II oder III. Daher ist wohl für urgerm.
*kau̯i̯e/a- am ehesten von einem denomi-
nalen Verb auszugehen, dessen Grundlage
(urgerm. *kau̯a-, etwa ‚Klageruf‘) in den
germ. Sprachen verloren gegangen ist (zu ei-
ner Ableitung hiervon s. kâ[a], kaha ‚Doh-
le‘).
Zu dieser Verbalwz. gehören auch aksl. go-
vorъ, russ. góvor, tschech., slowak. hovor,
serbo-kroat. gȍvōr ‚Lärm, Geräusch‘ (dazu
ferner das abgeleitete Verb aksl. govoriti,
russ. govorít’, tschech. hovořit, slowak. ho-
vorit’, apoln. goworzyć, serbo-kroat. govòriti
‚lärmen, Tumult machen‘) < *gou̯-oro-; lit.
gauti ‚heulen [von Wölfen]‘, lett. gavilēt
‚jauchzen, frohlocken‘ < urbalt. *gau̯-il-ēi̯e-
(dazu auch die Erweiterungen lit. gaũsti
‚dumpf tönen, summen, rauschen, läuten‘,
lett. gaũst ‚jammern, klagen‘ < urbalt. *gau̯-
d-i̯e-).
Weitere Verknüpfungen sind unsicher. Lat.
gavia f. ‚Möwe‘ kann entweder auf uridg.
*gou̯H-i̯-eh₂- (eine Ableitung von uridg.
*gou̯H-i- ‚Rufer‘) zurückgehen, oder es ist
ein onomatopoetisches Wort (die Quantität
des -a- ist unklar).
Walde-Pokorny 1, 634 f.; Pokorny 403; LIV² 189;
Mayrhofer, KEWA 1, 331. 445; ders., EWAia 1, 478;
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 247. 317 f.; Chantraine, Dict. ét.
gr. 231; Beekes, Et. dict. of Gr. 1, 280f. 283; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 584 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 268; de Vaan, Et. dict. of Lat. 256; Thes. ling.
lat. 6, 1720; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 80 f.; Berne-
ker, Slav. et. Wb. 1, 339; Trubačëv, Ėt. slov. slav. jaz.
7, 75 ff.; Derksen, Et. dict. of Slav. 181 f.; Et. slov. jaz.
staroslov. 194 f.; Bezlaj, Et. slov. slov. jez. 1, 166;
Snoj, Slov. et. slov.² 185; Vasmer, Russ. et. Wb. 1,
282 f.; ders., Ėt. slov. russ. jaz. 1, 424; Fraenkel, Lit.
et. Wb. 140 f.; Smoczyński, Słow. et. jęz. lit. 163;
Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 1, 613 f.; Karulis,
Latv. et. vārd. 1, 296 f. — Shevelov 1964: 34. 272.
S. kûmen.