gunda*AWB f. jō-St., nur H (Vers 56 [StD
7, 60]) gudea: ‚Kampf‘. Es handelt sich bei
gudea um eine as. Umsetzung von ahd.
*gundea (vgl. auch guđhamun [→ gundha-
mo*]). Die Form gudea ist als Gen.Sg. f. zu
bestimmen (Lühr 1982: 689; neuerdings
wieder, jedoch verfehlt, von Schaffner 2001:
459 als Akk.Sg. aufgefaßt), da eine Apposi-
tion zu es vorliegt (nu dih es so wel lustit,
gudea gimeinun ‚da dich danach so sehr ge-
lüstet, nach dem gemeinsamen Kampf‘). Die
gelegentliche Auslassung eines n im Mfrk.
(vgl. hierzu Braune-Reiffenstein 2004: § 126
Anm. 2) kann zur Erklärung für gudea nicht
herangezogen werden (vgl. Lühr 1982: 407
Anm. 1). Im ahd. onomastischen Material ist
der jō-St. reichlich bezeugt. Die ältesten Be-
lege finden sich in den frühahd. (oder vor-
ahd.) Runeninschriften, und zwar als alaguþ
= Alagunþ (Büchslein von Schretzheim, ca.
565—590/600), alirguþ = Alirgunþ (S-Fibel
von Weingarten, ca. 560—600) und bliþguþ =
Bliþgunþ (Stab von Neudingen/Baar, ca.
532—525 [dendrochronologische Datierung]);
die Textualität und Deutung von amelkud =
Amelkund (Halbkügelchen von Stetten, ca.
680—690) ist jedoch ungesichert (vgl. Nedo-
ma 2004: 182 ff.). Diesen Namen stellen sich
die vielen weiblichen ahd. PN auf -gund zur
Seite (Braune-Reiffenstein 2004: § 210
Anm. 5).
Ahd. Wb. 4, 475; Splett, Ahd. Wb. 1, 332; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 498; Schützeichel⁶ 142; Graff 4, 219. —
Lühr 1982: 407; Nedoma 2004: 171 ff. 240 ff.
Der jō-St. in ahd. gunda* hat lediglich im
onomastischen Material der anderen germ.
Sprachen eine Entsprechung (vgl. Reichert
1987—90: 2, 527 ff.); beweiskräftig für den
Ansatz als jō-St. sind die PN westfrk. Arne-
gundis (gen.sg.; 6. Jh.), hispano-got. Ala-
gundia (10. Jh.; möglich jedoch auch sekun-
däre Umbildung nach den lat. Namen auf
-ia), aisl. -gunnr (vgl. akk.sg. Hildigunni).
Ebenfalls hierher zu stellen sind wohl ostgot.
(dat.sg.) -gundae (in Theodagundae; 6. Jh.),
vandal. -guns (in Hildeguns [mit -s für /þ/];
6. Jh.), ae. -gyth (in Sigegyth; 7./8. Jh.) < ur-
germ. *u̯unþii̯ō-.
Daneben ist in den germ. Sprachen ein i-St.
belegt in: aisl. (poetisch) guðr (-nn-), gunnr
‚Kampf‘ (mit -nn- analogisch nach den obli-
quen Kasus; vgl. Noreen [1923] 1970: § 277,
4b; zur Flexion vgl. Noreen [1923] 1970:
§ 384), runenschwed. -guþr, aschwed. Gun-,
-gun in PN (der Ansatz als i-St. ist trotz des
fehlenden Palatalumlauts sicher, da dieser
bei den i-St. durch paradigmatischen Aus-
gleich teilweise beseitigt wurde [vgl. Noreen
(1923) 1970: § 392]); ostgerm. nur in PN als
Gunthi- neben Gundi-: Gunthigis, Gunthi-
mer, Gunthiricus, Gundibadus, Radagundis.
In der Stammbildung unklar bleiben demge-
genüber: ahd. gund- ‚Kampf, Krieg‘ (→
gundfano, gundhamo*; auch als Bestandteil
in zahlreichen f. PN als -gund); as. guth- (in
[akk.pl.] gutfanan, guntfanon [zum -n- s.
Lühr 1982: 407 Anm. 4] ‚Kriegsfahne‘); ae.
gūđ ‚Kampf, Schlacht‘ (die Form wird von
A. Bammesberger, MSS 39 [1980], 7. 10 als
f. ō-St. angesetzt, dagegen von Schaffner
2001: 459 als f. i-St.; vgl. auch ae. gūđ- in
gūđfana ‚Kampffahne‘, das mit Ausbleiben
des möglichen i-Umlauts im Erstglied eines
Kompositums [vgl. dazu Brunner 1965: § 95
Anm. 4] als i-St. interpretierbar ist), me.
gūd- (in gūdstrencđe ‚kriegerische Kraft‘);
langob. in PN Gund-, -gunda. Doch deutet
ai. hatí- (s. u.) auf einen i-St.
Da sich neben dem jō-St. auch noch ein f. i-
St. findet, liegt die Annahme nahe, daß der i-
St. ursprünglich ist und erst sekundär, wohl
unter Einfluß des Synonyms urgerm.
*χelđii̯ō- ‚Kampf‘ (→ hilta), in die jō-Klas-
se eingeordnet wurde.
Unklar bleibt, ob in den Schreibungen mit
-d- in den frühgerm. PN-Belegen eine Form
mit grammatischem Wechsel vorliegt
(Schaffner 2001: 458 f.) oder ob das -d- nicht
vielmehr das Resultat von vulg.lat.-roman.
Sonorisierung von -t- ist (Nedoma 2004:
175).
Daneben erscheint noch vereinzelt ein m. a-
St. in PN: westfrk. Baudegund, vandal. Gun-
thamundus. Dieser ist wohl sekundär zum f.
i-St. hinzugebildet (vgl. zu solchen Movie-
rungen auch run. PN heldaz [Brakteat I von
Tjurkö; 6. Jh.] zu urgerm. *χelđii̯ō- ‚Kampf‘
[→ hilta]).
Für das Urgerm. ist somit wohl von einem
primären i-St. nom.sg. *unþi- : gen.sg.
*undī- (bzw. *undai̯-; zum Nebeneinander
beider Endungen im Urgerm. vgl. Krahe-
Meid 1969: 2, § 15; Schaffner 2001: 442)
auszugehen.
Fick 3 (Germ.)⁴ 124; Holthausen, As. Wb. 29; Wad-
stein, Kl. as. Spr.denkm. 86. 113. 189; Holthausen,
Ae. et. Wb. 140 f.; Bosworth-Toller, AS Dict. 493; ME
Dict. s. v.; Vries, Anord. et. Wb.² 195; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 415; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog
1, 659. 665; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 99;
Bruckner, Spr. d. Langob. 262 f. — Galleé [1903]
1977: 121; Noreen [1904] 1978: § 340, 2b; Schönfeld
[1911] 1965: 115 ff. 208. 301; Reichert 1987—90: 2,
527 ff.; R. Lühr, MSS 38 (1979), 125 f.; dies. 1982:
407 f.; Reichert 1987—90: 2, 527 ff.; Francovich One-
sti 2000: 198 f.; Lühr 2000: 42; Schaffner 2001:
458 ff.
Urgerm. nom.sg. *unþi-, gen.sg. *undī-
setzt mit Verallgemeinerung der Schwund-
stufe einen uridg. proterodynamischen ti-St.
nom.sg. *gu̯hén-ti-, gen.sg. *gu̯h-téi̯- fort,
wobei der unterschiedliche Sitz des uridg.
Akzents den grammatischen Wechsel be-
dingt (zur wechselnden Akzentposition bei
den proterodynamischen ti-St. vgl. etwa das
Nebeneinander von got. ga-minþi ‚Gedächt-
nis‘ und ga-munds ‚Gedächtnis‘ < urgerm.
*menþi- : *mundi- < uridg. *mén-ti- : *m-
téi̯- [vgl. die Vollstufe in lit. mintìs ‚Gedan-
ke‘ neben schwundstufigem ai. máti-/matí- f.
‚Denken, Gedanke‘]). Eine direkte Entspre-
chung zum ti-Abstraktum liegt nur in ai.
hatí- f. ‚das Schlagen, Töten‘ (mit sekundä-
rer Angleichung des Anlauts an hánti ‚er
schlägt‘) und av. -jaiti- (in paiti.jaiti f. ‚Zu-
rückschlagen, Abwehr‘) vor (< *gu̯h-tí-).
Dazu stellen sich auch die i̯ā-St. ai. haty- f.
‚Tötung‘ und lit. ginčià ‚Streit‘ < *gu̯h-ti̯éh₂,
während der i̯ō-St. ahd. gunda* geneuert ist
(s. o.).
Die dem Abstraktum zugrunde liegende
Verbalwurzel ist uridg. *gu̯hen- ‚schlagen‘,
die als athematisches Wurzelpräsens in heth.
kuenzi ‚schlägt, tötet‘ (3.pl. kunanzi), lyk.
qãñti ‚sie zerstören‘, ved. hánti ‚(er-)schlägt,
tötet‘ (3.pl. ghnánti), jav. jaiṇti ‚(er-)schlägt,
tötet‘ (3.pl. -γnǝṇti), lit. genù ‚ich treibe‘
(3.pl. giñti) < uridg. 3.sg. *gu̯hént-ti, 3.pl.
*gu̯hn-énti erscheint; ein sekundäres e-
stufiges i̯e/o-Präsens begegnet in gr. θείνω
‚schlage‘, alb. gjanj ‚jage, verfolge‘ (das
Verb wird jedoch teils auch zu ahd. jagôn
‚jagen‘ [s. d.] gestellt; vgl. Huld 1984: 70 f.),
lit. geniù ‚haue Äste ab‘; ein schwundstufi-
ges i̯e/o-Präsens findet sich in aksl. žęti ‚ern-
ten, schneiden‘ (< *gu̯h-i̯e/o-); zu verglei-
chen sind auch: lat. dē-fendō ‚wehre ab‘, of-
fendō ‚stoße an‘ mit einer *-d(h)-Erweiterung
(die womöglich vom Imperativ *fende <
*gu̯hdí stammt); air. gonaid ‚verwundet, tö-
tet‘ (entweder < Iterativ vorurkelt. *gu̯hon-
éi̯e/o- oder < i̯e/o-Erweiterung eines themati-
sierten urkelt. *qane-); aksl. gonjǫ ‚treibe,
jage‘ (< Iterativ *gu̯hon-éi̯e/o-); ved. jíghnate
‚(er-)schlägt‘ (< redupl. Präs. *gu̯hí-gu̯hn-
e/o-); toch. B käsk- ‚gewaltsam zerstreuen‘
(< *gu̯h-sé/ó-).
Die frühere Bestimmung von jav. jaiṇti in Yt. 10, 133
als Instr.Sg. und damit der Ansatz eines vollstufigen
ti-Abstraktums für jav. jantay- ‚Schlagen, Erschlagen‘
(so Bartholomae, Airan. Wb.² 604) ist hinfällig, da die
Form als ‚er erschlägt‘ zu deuten ist (vgl. P. Thieme,
BSOAS 23 [1960], 268).
Das von Pokorny 465 hierzu gestellte gr. διφάσιος
‚doppelt‘ ist besser mit gr. φημί ‚sage‘ zu verbinden
(vgl. Frisk, Gr. et. Wb. 1, 399 f.).
Walde-Pokorny 1, 679 ff.; Pokorny 491 ff.; LIV²
218 f.; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. 3, 575 ff.; ders.,
Et. Wb. d. Altindoar. 2, 800 f.; Bartholomae, Airan.
Wb.² 603. 604. 829; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 657 f.;
Chantraine, Dict. ét. gr. 425 f.; Walde-Hofmann, Lat.
et. Wb. 1, 332 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 224 f.;
Demiraj, Alb. Et. 191 f.; Orel, Alb. et. dict. 137 f.;
Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 85 f.; Sadnik-Aitzet-
müller, Handwb. zu den aksl. Texten 169; Fraenkel,
Lit. et. Wb. 152 f.; Dict. of Irish G-134 f.; Tischler,
Heth. et. Gl. 1, 604 ff.; Kronasser, Etym. d. heth. Spr.
387 f.; Windekens, Le tokharien 210; Adams, Dict. of
Toch. B 177 f. — Schumacher 2004: 362 ff.