huobaAWB f. ō(n)-St., seit Anfang des
9. Jh.s in Gl., häufig im SH, urkundlich
schon früher (donamus tibi 7 hobas [mit lati-
nisierter Endung] ‚wir geben dir 7 Hufen‘ in
einer 704 in Würzburg ausgestellten Urkun-
de des frk. Thüringerherzogs Heden), in lat.
Texten vom 8. Jh. an (in der Regel in latini-
sierter Form): ‚Stück Land, Zinsgut, zins-
pflichtiger Bauernhof, Siedlung; areola, co-
lonia, mansus‘ 〈Var.: huopa, houua; -ua-,
-ue-, --, -ǒ-, -u-〉. — Mhd. huobe st.sw. f.
‚Stück Land von einem bestimmten Maß‘,
nhd. veraltet Hufe ‚Landmaß‘. Das Wort ist
in md.-ndd. Lautung hochsprachlich gewor-
den, obd. entspricht Hube. Das f. Subst. ist
vor allem mdartl. verbreitet: schweiz. hueb
‚einzelner Bauernhof, Gemarkung, Gebiet
einer Gemeinde, Genossenschaft, oft zu ge-
meinsamer Nutzung des Waldes‘, urspr.
‚Lehensgut von bestimmter Größe‘, bair.
hueb ‚Feld einer bestimmten Größe (ohne
Wohn- und Wirtschaftsgebäude)‘, schwäb.
hube f. ‚kleineres Bauerngut‘, pfälz. ‚Bauern-
land ohne Hofstelle‘, früher ‚bäuerliches
Anwesen mit den dazugehörigen Ländereien,
Dorfgemarkung‘, steir. ‚Bauerngut mit Län-
dereien bestimmter Größe, Wohn- und Wirt-
schaftsgebäuden, Viehbestand und Bespan-
nung‘, früher als Landmaß, südhess. (veral-
tet) hube ‚Landstück, das quer zum Bachlauf
von einem Hügelkamm zum anderen reicht‘,
rhein. hufe ‚Flurabteilung mit Feldern, die in
einer Richtung parallel nebeneinander lie-
gen‘, osächs., brandenb. hufe f. ‚7—10/15
Hektar‘ (altes Flächenmaß), auch ‚Wald-
stück‘, melb. hōwe altes Flächenmaß (um
Magdeburg: 30 Morgen [ca. 7 Hektar]),
preuß. hūbe, schles. hufe ‚Größenbezeich-
nung eines Feldgrundstücks‘, mecklenb.
hauw f. (pl. hauben) ‚Stück Land, dessen Er-
träge für den Unterhalt einer Familie genü-
gen, Grundbesitzanteil des einzelnen Dorf-
angehörigen, Bauernhof bestimmter Größe‘,
urspr. Ackermaß, schleswig-holst. hoof f. zur
Bezeichnung eines ländlichen Besitztums
unterschiedlicher Größe, urspr. Stück Land
von ca. 30 Morgen, tirol. huǝb, huǝwe f.
‚großes Bauerngut‘. Außerdem ist Hufe in
unzähligen FlurN (z. B. schwäb. Hubacker,
Unterhueb, pfälz. in der Hube, südhess.
Kuhhuwe, am Hubacker, bereits im 8. Jh. be-
legt: Frumoldeshuba) und als Bestandteil
von FamN (wie Hubbauer, Huf[e]land) er-
halten.
Für die Herausbildung der Hufenwirtschaft war die
Entstehung eines zweigeteilten Grundherrschaftssy-
stems mit der Aufteilung von Grund und Boden in
herrschaftliches Salland (terra salica ‚im Auftrag des
Grundherrn bewirtschaftetes Land‘) und von abhängi-
gen Bauernstellen bewirtschaftetem Leiheland ent-
scheidend. Urspr. bezeichnete ahd. huoba wohl nur
das einem Hintersassen durch Los zugeteilte Pflug-
land (hoba terrae arabilis), also nur das zur Hofstatt
gehörige Ackerland. Mit der Verschmelzung von
Hofstatt und dazugehörigem Kulturland wurde
schließlich das Wort für eine abgaben- und dienst-
pflichtige, für den Lebensunterhalt zureichend ausge-
stattete Bauernstelle von bestimmter Größe verwen-
det. Zur mittelalterlichen huobe gehören demnach au-
ßer der Hofstatt mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden
das Ackerland, ein bestimmter Wiesenanteil und die
Nutzungsrechte an der Allmende wie Wald, Weide
und Gewässer (vgl. RGA² 15, 186—188). Da eine huo-
be über eine bestimmte Durchschnittsgröße verfügte,
wurde sie schließlich auch als Flächenmaß verwendet,
in dieser Bedeutung ist das Wort bis heute dialektal
fortgesetzt; s. o.
Ahd. Wb. 4, 1373 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 412; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 570; Schützeichel⁶ 170; Starck-Wells
292; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 446 f.; Graff 4,
753; Lexer 1, 1389; 3, Nachtr. 252; Götz, Lat.-ahd.-nhd.
Wb. 52 (areola). 392 (mansus); Dt. Wb. 10, 1867 f.;
Kluge²¹ 318 f.; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 560. —
Bach 1952 ff.: 2, 1, § 397; Baur 1960: 187 f.; H. Tie-
fenbach, in Beck 1979—80: 2, 314—316. — Schweiz. Id. 2,
957 ff.; Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. 1, 300 (das
Wort ist nicht mehr in Gebrauch); Ochs, Bad. Wb. 2,
780; Fischer, Schwäb. Wb. 3, 1842 f.; Jutz, Vorarlberg.
Wb. 1, 1452; Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1039; Lexer,
Kärnt. Wb. 144; Schöpf, Tirol. Id. 279; Schatz, Wb. d.
tirol. Mdaa. 303; Unger-Khull, Steir. Wortschatz 357;
Müller, Rhein. Wb. 3, 894; Christmann, Pfälz. Wb. 3,
1204; Kehrein, Volksspr. u. Wb. von Nassau 203; Mau-
rer-Mulch, Südhess. Wb. 3, 755 f.; Frings-Große, Wb. d.
obersächs. Mdaa. 2, 408; Mitzka, Schles. Wb. 1, 568;
Bretschneider-Teuchert, Brandenb.-berlin. Wb. 2,
731 f.; Kettmann, Mittelelb. Wb. 2, 246; Jungandreas,
Ndsächs. Wb. 6, 611; Schambach, Wb. d. ndd. Mda. 1,
568; Mensing, Schleswig-holst. Wb. 2, 881 f.; Wossidlo-
Teuchert, Meckl. Wb. 3, 539 ff.; Frischbier, Preuß. Wb.
1, 300. — Zur wirtschafts- und verfassungsgeschichtli-
chen Bedeutung von ahd. huoba vgl. Amira-Eckardt
1967: 90 f.; DRW 5, 1581 ff.; W. Schlesinger, FS Schrö-
der 1974: 15 ff.; ders., in Beck 1979—80: 1, 41 ff.; RGA²
15, 189 ff.
Ahd. huoba hat nur im Westgerm. Entspre-
chungen: as. hōva st. f. ‚Stück Land von be-
stimmter Größe‘, mndd. hōve f. ‚Hufe,
Bauernstelle, Hofstelle von bestimmter Größe
(zwischen 30—40 Morgen)‘; andfrk. hoba (als
Niederlandismus in lat. Urkunden), mndl.
hoeve, nndl. hoeve, hoef ‚Stück Land von be-
stimmter Größe‘: < westgerm. *hōbō- ‚Acker-
land, das zur Hofstatt gehört‘.
Hat ahd. huoba usw. eine verbale Grundlage,
käme aufgrund der Ablautstufe nur ein st.
Verb der VI. Klasse in Frage. Westgerm.
*hōbō- < urgerm. *χōō- müßte dann eine
Ableitung zu urgerm. *χai̯e/a- ‚heben, hal-
ten‘ (→ heffen) sein, wobei die Dehnstufe als
Schwundstufenersatz aus dem Prät. stammt
(vgl. Lühr 1982: 600 und Anm. 6; → gruoba).
Eine verbale Anknüpfung wurde u. a. schon
von Zupitza 1896: 103 und R. Meringer, IF 18
(1905/06), 225, zuletzt J. Huisman, BNF 18
[1983], 443, erwogen. Bei einer Ableitungs-
basis *χai̯e/a- (< vorurgerm. *kh₂p-i̯é-, fort-
gesetzt in lat. capio ‚ergreife, nehme ein‘, gr.
κάπτω ‚schnappe, schlucke‘) sei *χōō- ‚das,
was gehalten, in Besitz genommen wird‘.
Der Einwand von W. P. Schmid (in Beck
1979—80: 1, 71), daß dehnstufige Ableitun-
gen von der Verbalwz. *χai̯e/a- nur abstrak-
te Bedeutung haben (vgl. got. ga-hobains f.
‚Enthaltsamkeit‘, ae. be-hōf ‚Behuf, Nutzen‘),
ist nicht stichhaltig, da es durchaus Ableitun-
gen von st. Verben der VI. Klasse mit konkre-
ter Bedeutung gibt; vgl. ahd. gruoba ‚Grube‘ :
graban ‚graben‘ (s. d.).
Aufgrund der Ausgangsbedeutung ‚zur Hofstatt gehöri-
ges Land‘ könnte man in ahd. huoba eine
Vddhibildung zu ahd. hof ‚Hof‘ (s. d.) < urgerm. *χufa-
vermuten, doch bereiten die Ablautverhältnisse Schwie-
rigkeiten: Die Vddhistufe zu urgerm. *u ist *eu̯; vgl.
*đuχter ‚Tochter‘ : *đeu̯χtra- ‚zur Tochter gehörig‘,
fortgesetzt in mhd. tiehter ‚Enkelin‘; vgl. Darms 1978:
406 f.
Seebold, Germ. st. Verben 244 f. (zu ahd. heffen); Holt-
hausen, As. Wb. 36; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 194;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 367; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 2, 311 f.; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. 3, 487 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 255 f.; Vries,
Ndls. et. wb. 261; Et. wb. Ndl. F-Ka 441 f.; Doornkaat
Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 2, 91 (s. v. hôf).
Eine andere etymologische Deutung stammt
von P. Kretschmer (Glotta 3 [1912], 303) und
Specht (1947: 27): ahd. huoba usw. wird mit
semantisch nahestehendem gr. κῆπος, dor.
κᾶπος m. ‚Garten, eingehegtes bepflanztes
Land‘ (seit der Ilias; vgl. auch ὁμό-καπος
‚Hofgenosse‘), ‚unbearbeitetes Grundstück‘
(kypr.), die bis auf den Stammauslaut über-
einstimmen, verbunden; vgl. auch zugehöri-
ges alb. kóp(ë)sht m. ‚Garten, eingehegtes
bepflanztes Land‘ (< uralb. *kop-) mit Suffix
-(ë)sht (< *-[o]sto- oder *-[o]sth₂o-). Als vor-
urgr. und voruralb. Vorform ergäbe sich dann
uridg. *káh₂po- (mit Ansatz eines velaren *k
wegen des Alb.), wozu vorurgerm. *kah₂páh₂-
(mit urspr. Suffixbetonung wegen des Eintre-
tens von Verners Gesetz) ein zum Femininum
umgedeutetes Kollektiv wäre; vgl. z. B. ahd.
skara f. ō-St. ‚Heeresabteilung, Anzahl Krie-
ger‘ < urgerm. *skarō-. Doch ist für den
Rechtsterminus ahd. huoba usw. < urgerm.
*χōō-, der altgerm. Besitzverhältnisse zum
Ausdruck bringt, eher eine verbale Ableitung
von ‚haben, besitzen‘ anzunehmen.
Aus semantischen Gründen weniger wahr-
scheinlich ist auch eine Verbindung mit lit.
kõpti ‚scharren, harken, kratzen, reinigen,
säubern‘, lett. kàpt (-pju, -pu) ‚scharren,
wegnehmen‘, das zu o-stufigem lit. kãpas m.
‚Grab(hügel)‘ und dehnstufigem lit. kopà f.
‚Düne‘ gehört (so W. P. Schmid, a. a. O.
72 f.).
Walde-Pokorny 1, 345 f.; Pokorny 529; LIV² 344 f.;
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 842; Chantraine, Dict. ét. gr. 525 f.;
Demiraj, Alb. Et. 222; Orel, Alb. et. dict. 190; N. Jokl,
Sprache 9 (1963), 118; Matzinger 2006 : 70. 138. 255;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 217. 282. — W. P. Schmid, in Beck
1979—80: 1, 71 ff. (s. dazu die Rezensionen von J.
Udolph, BNF 16 [1981], 465 und J. Huisman, BNF 18
[1983], 442 f.); Bammesberger 1990: 111; KS Szeme-
rényi 1991: 2, 876.