borse, porse
Volume II, Column 248
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borse, porse mhd. sw. m., nur in Gl. des
13./14. Jh.s: Porst, Porsch, mirtus. Der Na-
me wird sowohl für den Gagel(strauch) (My-
rica gale L.) wie auch, bes. im Osten, für den
Sumpf-Porst (Ledum palustre L.) gebraucht,
denn beide Pflanzen riechen stark aromatisch,
und beide wurden früher zum Bierbrauen be-
nutzt (vgl. Marzell, Wb. d. dt. Pflanzennamen
II, 1216 ff.; III, 253 ff.; Hoops, Waldbäume u.
Kulturpflanzen 650; Fischer, Mittelalt. Pflan-
zenkunde 196). Nhd. Porsch hat [ʃ] < s im
Auslaut nach r ( ars Arsch, bars Barsch
und vgl. Wilmanns, Dt. Gr. I § 104, 1), wäh-
rend sich in Porst ein Sproßkonsonant entwik-
kelt hat, wie in nhd. Axt < mhd. ackes, Obst
< obez, Papst < bâbes usw.; vgl. Paul, Mhd.
Gr.²³ § 149, 3.

Ahd. Wb. I, 1266; Splett, Ahd. Wb. I, 1212; Starck-
Wells 70; Graff III, 215; Schade 1327; Lexer I, 328;
Benecke I, 222; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 363; Dt.
Wb. II, 245 (Bors); VII, 2003 (Porsch); IX, 2451
(Schweinporsch); X, 4, 1101 (Sumpfporsch); Kluge²¹
559; Kluge²² 555.

Der Pflanzenname porse ist ziemlich weit ver-
breitet im Germ., ohne daß man immer feststel-
len kann, ob es sich um ein einheimisches Wort
oder ein Lehnwort aus dem Mndd. handelt; ja,
sogar das mhd. Wort könnte ein mndd. Lehn-
wort sein: mndd. pors, post; mndl. pors(e), nndl.
pors; aisl. nisl. nnorw. nschwed. ndän. pors (finn.
pursu, P. Suhonen, Suomalaiset kasvinnimet
[Annales Bot. Soc. Vanamo 7, 1936] 197 f., aus
dem Skand. entlehnt?).

Holthausen, As. Wb. 9. 11; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. III, 362. 364; Verdam, Mndl. handwb. 472;
Vries, Ndls. et. wb. 541; ders., Anord. et. Wb.² 427;
XLVI (Berichtigungen u. Zusätze); Jóhannesson, Isl.
et. Wb. 1121; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
220; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 843. 1528; Torp,
Nynorsk et. ordb. 496; Hellquist, Svensk et. ordb.³
777. Vgl. E. Björkman, Zfdt. Wortf. 2 (1902), 232.

Wegen der ndd. und ndl. Formen ist eine germ.
Grundform *pu/ors- mit anl. p anzusetzen, de-
ren Etym. aber dunkel ist.

Nach H. Kuhn, ZMF 28 (1961), 6 gehört das
Wort zu gr. πυρρός, πυρσός feuerrot, πυρσός
Fackel, weil die Pflanze im Frühjahr durch
[ihre] kräftig rote Blüte auffällt
(zustimmend
Kluge²¹ 559). Da aber die Blüten von Myrica
gale nach Marzell III, 253 unscheinbar und
die von Ledum palustre weiß sind, ist diese Er-
klärung nicht überzeugend. Abzulehnen ist je-
denfalls Kuhns weiterer Vergleich mit ae. fyrs,
ne. furze Ginster, da dieses Wort, von einem
anlautenden f abgesehen, wohl eher zu gr. πῡ-
ρός Weizen(korn), lit. pras Einzelkorn vom
Winterweizen
, pūraĩ pl. Winterweizen, russ.
pyréj, tschech. pr Quecke gehört (vgl. Frisk,
Gr. et. Wb. II, 631; Fraenkel, Lit. et. Wb. 671;
Vasmer, Russ. et. Wb. II, 473 f.).

Nicht besser bei Falk-Torp, a. a. O. 843: zu einer
idg. Anlautsdoublette *bers- zu *bhers- (Po-
korny 109: *bhar[e]s-: bhor[e]s-) Emporstehen-
des, Spitze, Borste
( bar², bars, burst, bursta).
Auch kaum Entlehnung aus dem Slav. wie der
wohl unverwandte ostdt. Pflanzenname Bartsch
(selten Porst) Bärenklau, Heracleum sphondyli-
um L.
; vgl. poln. barszcz, russ. bort: Falk-
Torp, ebd. 1528; vgl. auch Marzell II, 1217.

Viell. mit lit. bìrzdis, brìzdis Heidekraut ver-
wandt, nach Fraenkel, a. a. O. 44; nur stimmt
sein Ansatz einer Vorform *pursta für das germ.
Wort nicht, denn das -t in nhd. Porst ist nicht
ursprünglich (s. o.). Neben dem lit. Wort mit
anl. b- stehen auch andere lit. Wörter für Hei-
dekraut
mit anlautendem v-: vìrs, vìriai
usw.; nach Fraenkel handelt es sich wahrsch. um
eine nichtidg. Wortfamilie, zu der auch gr. ἐρ-
είκη Heidekraut gehören könnte (wenn aus
*ϝερείκᾱ; vgl. Frisk, a. a. O. I, 551). Höchst un-
sicher.

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