gogizzôn sw. v. II (?), nur Gl. 4,203,50
(Trier, Hs. 61, 1. Drittel des 11. Jh., mfrk.
mit ndd. Elementen; s. Bergmann-Stricker,
Katalog Nr. 877) zum Lemma infatuor. We-
der die Bildung noch die Bed. des ahd. Wor-
tes ist sicher. Verba auf -azzen (-izzen) ge-
hörten normalerweise zur ersten sw. Konj.
(→ -azzen), aber spätahd. gingen einige in
die zweite über (vgl. Wilmanns [1906—30]
1967: 2, § 82; Franck [1909] 1971: § 198;
z. B. gagizon, leidizon). Da in dieser Hs. die
-ôn-Endung der 1. Person öfters auf st. Ver-
ben oder Verben der 1. Klasse übertragen
wird (z. B. bisceron 200,56, scildon 200,59,
mileon 205,56 usw.), ist die Klasse dieses
Verbs nicht mit Sicherheit zu bestimmen.
Die Etymologie ist auch etwas unsicher.
Wenn das -o- von gog- kurz ist, gehört das
Wort zur Wz. von mhd. gogel ‚ausgelassen,
lustig, üppig‘, gogelen ‚sich ausgelassen ge-
bärden, flattern‘, gogen ‚flattern‘, gogelvuo-
re ‚Treiben von Possen oder Torheiten‘ (vgl.
Lexer 1, 1043 f. und → gougarôn). Wenn
das -o- lang ist, kann es mit mndd. gōkel- in
gōkelmann ‚Gaukler, Possenspieler, Narr‘
usw. verwandt sein und (mit mfrk. und
mndd. Monophthongierung) zur Wz. von
ahd. gougal (s. d.) gehören. Zur spät-
ahd./mhd. Bed.entwicklung der verschiede-
nen germ. *au̯-Sippen → gougal, gou-
garôn. Jedenfalls hat die zugrundeliegende
Wz. die Bedeutung ‚närrisch, töricht‘.
Da das ahd. Verb das lat. passive Verb infa-
tuor glossiert, wäre eine passive oder intran-
sitive Bedeutung zu erwarten; dennoch wird
es in den meisten Wbb. als ‚betören‘ defi-
niert (vgl. Ahd. Wb. 4, 374; Splett, Ahd. Wb.
1, 318; Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 486; Schütz-
eichel, Glossenwortschatz 4, 12; Starck-
Wells 235). Zwar werden auch sonst lat. pas-
sive Verben durch aktive Verben glossiert
(vgl. Diefenbach, Gl. lat.-germ. 296 s. v. in-
fatuari: sowohl ‚dorecht werden‘ als auch
‚dorecht machen‘; selbst in dieser Hs. gibt es
solche Belege, z. B. die Gl. thuingon zu lat.
angustor 196,30). Bei diesem Verb ist aber
die Bedeutung ‚betören‘ sehr fraglich; die
-azzen-Verben beschreiben gewöhnlich eine
wiederholte oder intensive, dauernde Hand-
lung. Die Bedeutung ist also wohl ‚sich wie
ein Betörter benehmen‘ (vgl. spätahd./mhd.
tumbezzen ‚töricht handeln‘ zu tumb, tum-
bên, s.dd.).