bodamAWB m. a-St., Gl., Notker: ‚Boden,
Grund, Schiffsboden, -kiel, -deck, fundus, so-
lum, carina, forus‘ 〈Var.: pod-, bodh-, both-;
-um, -em u. a. (zum Sproßvokal vgl. Braune,
Ahd. Gr.¹⁴ § 65 u. Anm. 1)〉. — Mhd. bodem,
boden, nhd. Boden (zu -n < -m vgl. Paul,
Mhd. Gr.²³ § 125).
Ahd. Wb. I, 1243 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 85; Schütz-
eichel⁴ 79; Starck-Wells 68. 794; Graff III, 86 f.; Scha-
de 78; Lexer I, 321; Benecke I, 220; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 101. 252; Dt. Wb. II, 208 ff.; Trübners Dt.
Wb. I, 380 ff.; Kluge²¹ 88; Kluge²² 95; Pfeifer, Et.
Wb. 194 f.
Wörter mit ähnlicher Form und Bed. kommen in
fast allen germ. Sprachen vor (nur im Got. feh-
len Belege), aber problematisch bleiben die ver-
schiedenen Dentale: ahd. bodam setzt germ.
*-þ- voraus, ebenso as. *bodom, *bothom, das
nur im Dat. Sg. bodme (Hs. C bothme, Heliand
2510) vorkommt, denn germ. *-þ- erscheint oft
als -d- neben dem gewöhnlichen -th-, -đ-; um-
gekehrt ist -th- für germ. -đ-, wgerm. -d-
höchst selten (vgl. Holthausen, As. El.buch
§ 202); mndd. bōdem(e), boddem(e), bodden,
wie auch mndl. bodem, -en, boom, nndl. bodem
können auf *-þ- oder *-đ- zurückgehen
(Lasch, Mndd. Gr. § 224; Franck, Mndl. Gr.
§ 79). Afries. boden scheint dagegen germ. *-đ-
vorauszusetzen (Siebs, Gesch. d. fries. Spr.
§ 120). Alt- und Mittelengl. bieten ein Gemisch
von drei verschiedenen Dentalen (s. u.): ae.
botm, me. botme, bot(t)em (ne. bottom); ae. bo-
dan (nur einmal in einem frühen [8. Jh.?] Voka-
bular: Wright-Wülcker, AS and OE Vocabula-
ries I, 1, Z. 10), me. bodme, boden und me. bo-
them, das ein ae. *boðm voraussetzt; vgl. auch
mit Umlaut ae. byðme, neben bytme, bytne
‚Kiel, Talhaupt‘ (wohl nicht dazu mit Dental-
ausfall mhd. bün[e] ‚Brettergerüst‘, nhd. Bühne
[so Kluge²¹ 110; Kluge²² 113]; s. Lühr, Expres-
sivität 343 f.). Germ. *-t- haben aisl. nisl.
nnorw. botn, nschwed. botten, ält.dän. botn,
ndän. bund (< *budn).
Fick III (Germ.)⁴ 275; Holthausen, As. Wb. 9; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 58; Berr, Et. Gl. to Hel. 59; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 304 f.; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. I, 369 f.; Verdam, Mndl. handwb.
105; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 75; Suppl. 22; Vries,
Ndls. et. wb. 69; Holthausen, Afries. Wb.² 10; Richt-
hofen, Afries. Wb. 656; Holthausen, Ae. et. Wb. 31.
42; Bosworth-Toller, As. Dict. 118; Suppl. 102; ME
Dict. A—B, 1076 f.; OED² II, 433; Oxf. Dict. of Engl.
Et. 109; Vries, Anord. et. Wb.² 51; Jóhannesson, Isl.
et. Wb. 632 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
23; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 116 f.; Torp, Ny-
norsk et. ordb. 35; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 58.
Alle sicheren außergerm. Vergleiche sprechen
für idg. *-dh- (germ. *-đ-): aind. budhná- m.
‚Grund, Boden‘; gr. πυθμήν ‚Boden, Fuß eines
Gefäßes‘ (beides nach Graßmanns Gesetz aus
*bhudh- dissimiliert); mit Metathese oder
Nasalinfix av. bna- (< *bhundh[n]o-?)
‚Grund, Boden‘; wohl daraus entlehnt arm.
bown ‚dss.‘ (arm. an-downd-kՙ ‚Abgrund‘ ist
viell. aus *-bhundh- assimiliert; vgl. A. Meillet,
MSLP 12 [1903], 430; J. Vendryes, MSLP 18
[1914], 309); lat. fundus ‚Boden eines Gefäßes,
Grund‘ (< *bhundhos); air. bond, bonn ‚Sohle,
Grundlage‘ (nach Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc.
B-69. 117, nicht hierher kymr. bon ‚base, fond,
postérieur‘, ir. bun ‚souche, base, partie posté-
rieure‘). Unklar ist gr. πύνδαξ ‚Boden eines Ge-
fäßes, Knauf eines Schwerts‘ (zu -νδ- für -νθ-
und π- für φ- vgl. Frisk, Gr. et. Wb. II, 624 f.).
Walde-Pokorny II, 190; Pokorny 174; Mann, IE
Comp. Dict. 118; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. II,
438; ders., Et. Wb. d. Altindoar. II, 228 f.; Bartholo-
mae, Airan. Wb. 968 f.; Horn, Grdr. d. npers. Et.
§ 229; Hübschmann, Pers. Stud. 31; Boisacq, Dict. ét.
gr.⁴ 825 f.; Frisk, Gr. et. Wb. II, 620 f. 624 f.; Chan-
traine, Dict. ét. gr. 952. 954; Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. I, 564 f. 867; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 385;
Hübschmann, Arm. Gr. 123 f. 430 f.; S. Bugge,
Zfvgl.Spr. 32 (1893), 5; Fick II (Kelt.)⁴ 180; Vendry-
es, Lex. ét. de l’irl. anc. B-69; Dict. of Irish B-142 f.;
Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. I, 188.
Aus einer idg. Grundform *bhudh-m(e)n(o)-
(zur Suffixvariation -m- : -n-, wohl aus einem
ursprüngl. *-m[e]n[o]-, → âtum, wo Lit.), die
von diesen Wörtern vorausgesetzt wird, entsteht
lautgesetzlich germ. *uđ-m(n)a-, das aber nur
in ae. bodan, afries. boden vorzukommen
scheint; die germ. Formen auf *-t-, wie aisl.
botn, weisen wohl auf urgerm. *uđna-, das mit
n-Gemination zu *utta- geworden ist. Von
*utta- aus wurde *-t- in *uđna-, das daneben
weiter bestanden haben muß, eingeführt (Lühr,
Expressivität 340); gegen diese Auffassung steht
die unbeweisbare Annahme, daß die germ. For-
men auf *-t- einer schon idg. Dissimilation (vor
Nasal?) von *bhudh- zu *bhud- zuzuschreiben
sind (so u. a. Noreen, Urgerm. Lautlehre § 51, 2).
Das *-þ- der Mehrzahl der germ. Formen gilt
als unerklärt. Noch eine idg. Grundform *bhut-
m(e)n(o)- anzusetzen, die sonst nirgends be-
zeugt ist, wäre jedenfalls nur eine Notlösung.
Die Variation innerhalb des Germ. — und sogar
innerhalb des Ae. allein — hat man dem Einfluß
des folgenden Nasals zuzuschreiben versucht,
aber unter ganz entgegengesetzten phonetischen
Bedingungen: einerseits soll vor -m- eine anglo-
fries. Spirans *-þ- zum Verschlußlaut -t- (s. u.),
andererseits ein wgerm. Verschlußlaut *-d- zur
Spirans -þ- geworden sein (F. Kluge, Zfvgl.Spr.
26 [1883], 98 f.). Möglich wäre allerdings, daß
germ. *-đ- vor (unsilbischem?) *m im Wgerm.
seine spirantische Qualität behielt, anstatt zum
Verschlußlaut *-d- zu werden, und dann in den
wgerm. Sprachen mit dem lenierten und stimm-
haft gewordenen *-þ- zusammenfiel. So ließen
sich die flekt. Formen von ahd. bodam (z. B.
nom. pl. bodama, ursprl. *ođma, vgl. Braune,
Ahd. Gr.¹⁴ § 65) auf wgerm. *ođm- zurückfüh-
ren. Das *-đ- wurde dann auf die endungslosen
Formen wie den Nom. Sg. übertragen. Ähnliche
Ausgleiche im Paradigma könnten auch die Va-
riation im Aengl. erklären. Eine phonetische Er-
klärung für diesen assimilatorischen Vorgang
steht noch aus, aber ein Parallelfall scheint in
ahd. widamo ‚Wittum, Mitgift‘: aind. vadh- f.
‚Braut‘ (: ae. weotuma ‚Wittum, Mitgift‘) vorzu-
liegen.
Anders Lühr, a. a. O. 341: vielleicht könnte man an
eine Angleichung des Dentals von *uþma- an den
von *uþla- ‚Haus‘ denken, da das Wort Boden auch
im Sinne von ‚Grundbesitz‘ verwendet wurde.
Lautlich problematisch ist die Erklärung Noreens
(Urg. Lautlehre § 56), ahd. bodam gehe auf urg. *oþ-
ma- < idg. *bhutmo- < *bhuttmo- < *bhudh-tmo-
zurück, mit der idg. Ableitung *-tmo- (vgl. Wilmanns,
Dt. Gr. II § 233). Abgesehen davon, daß sich das Vor-
handensein dieser im Germ. ziemlich seltenen Ablei-
tung für bodam nicht beweisen läßt, würde man bei ei-
ner Vorform *bhuttmo- ein *us(s)ma- erwarten.
Ae. botm wird von den Anglisten gewöhnlich auf ein
früheres *boþm zurückgeführt, indem für das Anglo-
fries. ein Lautwandel von *-þm- zu *-tm- angenom-
men wird (Sievers-Brunner, Ae. Gr.³ § 201 Anm. 7;
Campbell, OE Gr. § 419 f.; Luick, Hist. Gr. d. engl.
Spr. § 638). Diese Erklärung ist durchaus möglich,
aber nicht nötig, denn die aisl. Formen auf -t-, die
nicht auf *-þ- zurückgehen können, bezeugen ein
germ. *utm(n)a-.
Abzulehnen Petersson, Idg. Heteroklisie 17 f. (un-
wahrsch. heteroklit. Paradigma).
Versuche, die idg. Grundform *bhud(h)m(e)n(o)-
weiter zu analysieren, wie auch die idg.
Wz. *dheu̯b-, *dheu̯p- ‚tief‘ (→ tiof) als eine
Umstellungsform von *bhud(h)- zu erklären,
bleiben rein spekulativ; vgl. Walde-Hofmann,
a. a. O., wo Lit. Zur idg. Bed.-Entwicklung vgl.
W. Porzig, WuS 15 (1933), 112 ff.; P. Kretsch-
mer, Glotta 22 (1934), 115 ff. (ganz hypothe-
tisch).
Zum Namen Bodensee (nach der kaiserl. Pfalz,
Bodman, a. 839 Bodoma, am Nordwestende des
Sees) vgl. Hoops Reallex.² III, 125 ff.; Förste-
mann, Adt. Namenbuch2-3 II, 1, 505 f.; Bach,
Dt. Namenkunde II § 311. 713.