brâtanAWB red. v., fast nur in Gl., zweimal bei
Otfrid (5, 13, 32 und 14, 21): ‚braten, dünsten,
schmoren, assare; backen, rösten, dörren, fri-
gere‘ 〈Var.: pr-, auch -d-〉. — Mhd. brâten, nhd.
braten.
Ahd. Wb. I, 1324 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 96; Schütz-
eichel⁴ 80; Starck-Wells 74. 795; Graff III, 284; Scha-
de 82; Lexer I, 342; Benecke I, 233; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 55 (assāre). 247 (frigere). 589 (torrēre); Dt.
Wb. II, 310 f.; Kluge²¹ 96; Kluge²² 102; Pfeifer, Et.
Wb. 208.
Das ahd. Wort hat lautgesetzliche und sinnver-
wandte Entsprechungen (vielfach sw. v.) in allen
germ. Sprachen: as. gebrādan = ‚assum‘, gibrā-
tan = ‚abustus‘ (beides part. prät., s. Wadstein,
Kl. as. Spr.denkm. 101, 10 f. bzw. 7, 25), mndd.
brāden ‚braten, backen, sieden‘ sw. v. mit st.
Part.Prät.; mndl. braden, braen, nndl. braden
sw. v.; afries. brēda, nfries. brāden; ae. brǣdan
sw. v., me. brēden (auch -æ-), ne. brēde (seit
1500 veraltet); aisl. nisl. bræða (-dd-) ‚schmel-
zen‘, auch ‚teeren‘ (spät bezeugt), nnorw., ndän.
bræda, nschwed. dial. bräda (aschwed. brādhin
‚geschmolzen‘).
Krimgot. ist breen = ‚assare‘ überliefert, das von
R. Loewe, Die Reste der Germanen am Schwarzen Mee-
re (Halle, 1896), 148 f. 173, zu hd. brāten, ndl. bra-
den, also mit Schwund des intervok. -d- zu einem er-
schlossenen bibelgot. *brēdan gestellt wurde. Aber wie
schon Th. von Grienberger, ZfdPh. 30 (1898), 133,
dem mit Recht entgegenhielt, müßte einem bibelgot.
-ē- krimgot. -ī- entsprechen, weshalb er zum Ansatz
eines got. *braian [brε:an] (wie saian) — daraus krim-
got. breen [bre:en] — seine Zuflucht nahm; als Stütze
zitiert er mhd. bræjen ‚riechen, duften‘ (→ brâdam)
und ablautend ahd. (fir)bruoen (s. d.). Dieser Deutung
haben sich, als der lautlich plausibleren, nicht nur
Schwarz, Goten, Nordgermanen, Ags. 165, sondern
neuerdings auch Stearns, Crimean Gothic 132, ange-
schlossen.
Fick III (Germ.)⁴ 263 f.; Seebold, Germ. st. Verben
128 f.; Holthausen, As. Wb. 9; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 338; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. I, 412; Verdam, Mndl. handwb. 114; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 88 f.; Vries, Ndls. et. wb. 83; Holt-
hausen, Afries. Wb.² 12; Richthofen, Afries. Wb. 666;
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 215 f.;
Holthausen, Ae. et. Wb. 32; Bosworth-Toller, AS
Dict. 119; Suppl. 103; Suppl. II, 12; ME Dict. A—B,
1123; OED² II, 524; Vries, Anord. et. Wb.² 62; Jó-
hannesson, Isl. et. Wb. 613 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 28; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 110.
96; Torp, Nynorsk et. ordb. 38; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 105; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 104 f.; Leh-
mann, Gothic Et. Dict. B-95; Stearns, Crimean Gothic
132.
Während sich aus dieser Übersicht ein Grund-
wort *rǣđan- ergibt, das im Germ. fast allge-
mein gilt, überrascht das Fehlen eines formal
und begrifflich entsprechenden Gegenstücks in
allen anderen idg. Sprachen, eine Tatsache, die
wohl letzten Endes in der so verschiedenen Art
vorgeschichtlicher Speise-, insbesondere Fleisch-
zubereitung begründet ist. Man beachte etwa,
wie selbst innerhalb des Germ. im Laufe der Zeit
zwischen dem im Nordgerm. durchdringenden
Ausdruck *staikjan- (alt- und neuisl. steikja,
nschwed. steka, ndän. stege), d. h. ‚am Spieß
mürbe machen oder zubereiten‘, und dem west-
germ. bevorzugten Terminus *rǣđan-, d. h.
‚zwischen erhitzten Steinen oder in bedecktem
Gefäß dünsten‘, unterschieden wurde (vgl.
Heyne, Hausaltertümer II, 289 f.); auch an den
spezialisierten Wortreichtum im modernen
Englisch sei erinnert: bake, broil, fry, grill,
roast.
So kann es sich nur noch darum handeln, den in
germ. *rǣđan- vorliegenden Stamm in lautlich
und begrifflich nahestehenden Wortbildungen
außerhalb des Germ. nachzuweisen. Von jeher
(s. L. Meyer, Zfvgl.Spr. 8 [1859], 72 f.) hat man
aind. bhṣṭa- ‚geröstet, gebraten‘, bhjjáti ‚rö-
stet‘ herangezogen — viell. mit einer Vorform
*bhj-yá- (an einer idg. Grundform *bhg̑-g-
mit palatalem und velarem g bestehen zu Recht
Zweifel, s. Walde-Pokorny II, 165 unten) —;
und dazu wurden npers. barštan ‚röstend, bra-
tend‘ gestellt sowie mpers. brištan, npers. biriš-
tan ‚braten‘, biryān ‚braten, gebraten‘, s.
Chr. Bartholomae, Sitz.ber. d. Heid. Akad. d.
Wiss. 1924/25, VI, 33 f. 56. Insofern als sich
daraus der Ansatz einer idg. Wz. *bher-g̑- er-
gab, klärte sich auch die Etym. von lat. fertum,
alat. ferc-tum ‚Opferkuchen‘ (das ja sowohl g̑
wie g enthalten kann, Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. I, 486 f.); auch ein balt. Zeugnis, apreuß.
aubirgo = ‚garbreter‘ (‚Garkoch‘), mit velarem
-g- (vgl. jungav. parō.bǝrǝjiia- Adj. zu aoniia-
Bezeichnung einer Feuerungs- oder Heizvor-
richtung), ist viell. hierher zu stellen (anders To-
porov, Prusskij jazyk I, 143). Rechnet man dar-
über hinaus mit Wz.erweiterungen wie *bher-ei̯-
oder *bher-eu̯-, so finden sich solche in lat. frīgō
‚röste, dörre‘ bzw. gr. φργω ‚dss.‘ sowie lat. dē-
fruō, dēfrutum ‚koche ein, lasse gären‘ wieder. —
Aus dem Kelt. melden sich Bildungen wie mir.
berbaim ‚siede, koche‘, kymr. berwi, bret. birvi
u. a., → brod, brôt.
Dagegen fehlt es an idg. Bildungen mit Dental-
erweiterung, die man einer germ. Grundform
*rǣđ- an die Seite stellen könnte, außer lat.
fretale, -is ‚Bratpfanne‘, vielleicht auch, wenn-
gleich mit ganz anderem Sachgehalt, lat. fretum,
daneben fretus, -ūs ‚Wallung, Brandung (des
Meeres), Meerenge‘ (so etymologisierten schon
die Alten wie Servius in seinem Aeneis-Kom-
mentar: „ab undarum fervore nominatum“, I,
607; ähnlich Varro, De lingua latina [Berlin,
1826] 7, 22). Zu der Ablautvariante idg. *bhrō-,
mit und ohne Dental, → bruoten, firbruoen.
(Fern bleibt dagegen gr. βράττω ‚siede, brause
auf‘, s. Frisk, Gr. et. Wb. I, 263; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. I, 547).
Zugrunde liegt die idg. Wz. *bher(ǝ)-
[**bher(H₁)-] ‚(heiß) aufwallen, -brausen‘; →
brâdam.
Wohl abzulehnen Kluge²² 102: zu idg. *gu̯her- ‚bren-
nen‘; → brinnan.
Walde-Pokorny II, 158; Pokorny 133; Mayrhofer, K.
et. Wb. d. Aind. II, 520 f.; ders., Wb. d. Altindoar. II,
278; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 486 f. (fertum).
548 (frīgō); Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 253; Traut-
mann, Apreuß. Spr.denkm. 306 (Elb. Vok. Nr. 347);
Frisk, Gr. et. Wb. II, 1046 (φρύγω). 1054 (φύρω). 582
(πορφύρω); Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. I, 36. 115;
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 546 f. (fretum, fre-
tale); Thes. ling. lat. VI, 1, 1311 (fretale).